Leverkusen – Den wichtigsten Teil seines Jobs als Kapitän von Bayer 04 Leverkusen hat Lukas Hradecky am Samstag nach dem Schlusspfiff des Punktspiels gegen Wolfsburg erledigt, der im Lärm der anderen Pfiffe unterging. Die Fans von Bayer 04 Leverkusen hatten ihre Unzufriedenheit mit der sportlichen Leistung und dem Ergebnis von 0:2 auf klassische Weise zum Ausdruck gebracht. Und als sie mit ihrer schrillen Bekundung einfach nicht aufhören wollten, wusste Hradecky, was zu tun uns.
Er versammelte die Schar niedergeschlagener Kollegen um sich und führte sie vor die Tribüne mit den Anhängern, um die schmerzhafte Kritik aus nächster Nähe in Empfang zu nehmen.Das ist ein Vorgang, den Fußball-Fans in etwa als „Verantwortung übernehmen“ interpretieren. Nach einigen Minuten, in denen miteinander gesprochen wurde, honorierten sie die Haltung der Spieler mit dem Ende des Pfeifkonzerts und entschlossener Anfeuerung.
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Diese publikumswirksame Versöhnung war die größte Leistung der Bayer-Profis an diesem sportlich trüben Nachmittag. Im Wettkampf waren sie an ihre Grenzen gestoßen, allerdings auf eine andere Art als in den Partien zuvor, die vor allem Chancenvernichtungsfestivals waren. Wolfsburg erzwang in Spiel eins unter Florian Kohfeldt eine offene körperliche Auseinandersetzung, in der die Werkself wirkte wie eine Gruppe Jugendlicher, der samstagabends auf den Kölner Ringen von zehn Türstehern der Zugang zu allen wichtigen Räumen verwehrt wird.
Eine Halbzeit lang hielt Bayer 04 in einer gewollt defensiven Ordnung mit drei Innenverteidigern das Geschehen offen, ehe die Partie nach zwei Fehlern auf der rechten Abwehrseite durch Tore von Lukas Nmecha (48.) und Maximilian Arnold (51.) entschieden wurde. Ohne ihren noch mindestens zwei Spiele ausfallenden Zentralstürmer Patrik Schick fehlten Bayer 04 die Mittel, Wolfsburgs kraftstrotzende und dabei schnelle Defensivabteilung in Verlegenheit zu bringen.
Das Tabellenwunder dieses zehnten Spieltags ist, dass Leverkusen auf Platz vier stehen blieb. Genau auf der Position, die das Saisonziel ist und von der Sportdirektor Simon Rolfes trotz der Enttäuschung der letzten vier Wochen nicht abrücken will. „Unser Kader ist stark, wir werden nicht von unseren Zielen abrücken“, sagte Rolfes im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger.“ Die Jugend wichtiger Spieler wie Florian Wirtz (18), Piero Hincapie (19), Jeremy Frimpong (20) und anderer mag er weder als Erklärung noch als Entschuldigung für Niederlagen gelten lassen. Rolfes sagte: „Wir haben in allen Spielen Fehler gemacht, aus den denen wir lernen müssen. Auch gegen Wolfsburg. Es war ziemlich klar, dass das erste Tor dieses Spiel entscheiden würde. Und wir haben den ersten Fehler gemacht. Deshalb haben wir verloren. Daraus müssen wir lernen.“
Trainer Gerardo Seoane blieb an seinem 43. Geburtstag eisern bei seiner analytischen Linie, die sich jedem Populismus verweigert. „Was die Mannschaft jetzt braucht, ist vor allem ein freier Tag“, sagt der Schweizer, der am Donnerstag in der Europa League im Heimspiel gegen Betis Sevilla (21 Uhr, Bay-Arena) seinen nächsten Test zu bestehen hat, ehe die Reise zu Hertha BSC Berlin ansteht (Sonntag, 15.30 Uhr). Robert Andrich kann die Pause besonders gut gebrauchen. Weniger als zwölf Stunden nach der Geburt seiner Tochter Malia saß der 27-Jährige zunächst auf der Bank, wurde dann eingewechselt und holte sich die Generalkritik der Fans am Spielfeldrand ab. „Feige zu sein ist nicht gut, es war wichtig, da hinzugehen“, sagte der Mittelfeldspieler und fuhr dann schnell wieder zu seiner Frau Alicia, um die Nacht im Krankenhaus mit der Familie zu verbringen.
Das war noch wichtiger.