Bayer-StrategeCharles Aránguiz und der Kampf gegen den eigenen Körper
Leverkusen – Es waren wenig erfreuliche Tage für Charles Aránguiz bei der chilenischen Nationalmannschaft. Einem 0:4 gegen Brasilien folgten in der Nacht zu Mittwoch ein 0:2 gegen Uruguay und damit der endgültige K.o. in der südamerikanischen WM-Qualifikation. Wie schon 2018 wird auch die Endrunde 2022 ohne den stolzen Mittelfeldstrategen von Bayer 04 Leverkusen stattfinden.
Für den mittlerweile 32-Jährigen dürfte somit 2014 die einzige WM-Teilnahme bleiben – damals war Chile im Achtelfinale im Elfmeterschießen an Gastgeber Brasilien gescheitert. Aránguiz, im Vollbesitz seiner Kräfte als personifizierte Zuverlässigkeit für fast jedes Team der Welt eine Verstärkung, hatte seinen Elfmeter natürlich verwandelt.
Allerdings ist Aránguiz schon seit einiger Zeit nicht mehr bei 100 Prozent. Immer wieder wurde er in den vergangenen Jahren von Verletzungen zurückgeworfen. In dieser Saison bremsten Aránguiz hartnäckige Wadenprobleme aus. „Er hatte immer selber das Gefühl, dass ihm die Wade noch Probleme macht. Und dass es, wenn möglich, besser wäre, nur 30 Minuten zu spielen“, berichtete Leverkusens Trainer Gerardo Seoane. „Die Spiele, die er beschwerdefrei gespielt hat, waren eigentlich immer auf einem guten Niveau.“ Wie beim 1:1 in München Anfang März, als Aránguiz das Leverkusener Bollwerk zusammenhielt.
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Doch kann der Routinier diese Leistungen aktuell nicht dauerhaft abrufen – was Seoane nicht überrascht. „Um bei 100 Prozent zu sein, solltest du über längere Zeit verletzungsfrei sein, mindestens ein halbes Jahr. Um bei Spielen und im Training im Rhythmus zu bleiben“, sagte der Schweizer. „Wenn du heute auf einem Top-Niveau spielen möchtest, brauchst du einen sauberen Aufbau und regelmäßige Trainingseinheiten – sonst ist das Verletzungsrisiko zu hoch. Auch das Alter hat einen Einfluss. Die Regenerationszeit ist nicht mehr gleich.“
Aránguiz geht laut Seoane extrem professionell mit seinen körperlichen Baustellen um. „Er hat noch immer eine wichtige Rolle im Team. Gerade beim Thema Professionalität hat er eine Vorbildfunktion“, so der Trainer. Als eine Art beschädigtes Auslaufmodell möchte der Chilene aber kaum abgestempelt werden, das passt nicht in sein Selbstbild des Vorzeigeprofis.
Bayer 04 Leverkusen empfängt Hertha BSC
Auch deshalb wird Aránguiz alles dafür tun, nach der Enttäuschung in Südamerika sein letztes verbliebenes Saisonziel mit Bayer 04 zu erreichen: die Champions-League-Qualifikation. Am Freitag wird der 32-Jährige wieder ins Mannschaftstraining einsteigen – rechtzeitig für einen Einsatz im Heimspiel am Samstag gegen Hertha BSC (15.30 Uhr/Sky). „Es gibt Tennisspieler, die gewinnen den entscheidenden Satz mit Krämpfen. Oder Formel-1-Fahrer, die die letzte Runde mit kaputten Reifen ins Ziel fahren“, sagte Seoane, eigentlich mit Blick auf Leverkusens durch Verletzungen ausgedünnten Kader. Für Aránguiz gilt dieser Vergleich jedoch ebenso. Zumal es seine letzten Monate in Leverkusen sein könnten, zuletzt hatte er trotz einer Vertragslaufzeit bis 2023 einen Abschied im Sommer angedeutet. „Es ist legitim, dass sich ein Spieler Gedanken um seine Zukunft macht“, kommentierte Seoane.
Gerardo Seoane sieht „gesunden Konkurrenzkampf“
Immerhin ist das zentrale Mittelfeld eine der wenigen Positionen, auf denen Bayer 04 keine Personalnot hat – weder aktuell noch über die Saison hinaus. Neben Aránguiz gibt es in Exequiel Palacios, Robert Andrich und Kerem Demirbay drei gleichwertige Alternativen für den Doppel-Posten. Zudem wird Julian Baumgartlinger nach seiner langwierigen Knieverletzung bald in einer Comeback-Verfassung sein. „Es herrscht ein gesunder Konkurrenzkampf“, sagte Seoane.