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„Es darf sich keiner ausruhen, niemand“Rolfes lobt neue Leistungskultur bei Bayer 04

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Bayer-04-Geschäftsführer Simon Rolfes

Bayer-04-Geschäftsführer Simon Rolfes

Im ersten Teil des großen Interviews spricht der Bayer-04-Geschäftsführer über seinen Werdegang und die Tabellenführung.

Herr Rolfes, Sie sind mehr als 20 Jahre im Fußballgeschäft unterwegs. Direkt eine große Frage zum Einstieg: Wie zufrieden sind Sie mit sich und Ihrem Weg?

Simon Rolfes Grundsätzlich ist Zufriedenheit in diesem Geschäft ein zweischneidiges Schwert. Du darfst zufrieden sein, wenn du etwas erreicht hast – aber niemals selbstzufrieden. Denn dann wird es nicht erfolgreich weitergehen. Meine Spielerkarriere, die ist abgeschlossen. Darauf schaue ich zurück, und da bin ich extrem zufrieden. Ich durfte meinen Traum leben. Ich war Nationalspieler, habe so viel erlebt, habe Champions League gespielt. Es gibt so viele Unwägbarkeiten mit Verletzungen, ich habe es selbst erlebt. Wir Fußballprofis müssen alle dankbar sein für unsere Karrieren. Die Herausforderung war dann, den Traum zu beenden – und zwar unwiderruflich. Das letzte Spiel ist das letzte Spiel. Es gibt keinen Weg zurück. Das hatte ich mit 33, wenn andere ihr Berufsleben gerade so richtig entwickeln. Ich bin stolz darauf, meinen Traum gelebt zu haben, aber es auch geschafft zu haben, einen neuen zu entwickeln und auch den zu leben.

Sie haben bereits als Spieler ihre Karriere danach in die Wege geleitet.

Es war nie eine Option für mich, einfach vor mich hinzuleben und keine Ambitionen mehr zu haben. Ich fand es schon immer spannend, wie Unternehmen funktionieren. Was macht ihren Erfolg oder Misserfolg aus? Das hat mich interessiert. Das in Kombination mit Fußball fand und finde ich sehr reizvoll.

Sie sind dann beim heutigen Torlinientechnik- und VAR-Unternehmen Vieww eingestiegen. Dann ging es zurück zu Bayer 04. Warum?

Ich wollte erst einmal raus aus dem klassischen Fußball, um mich persönlich weiterzuentwickeln. Es war offen, wohin exakt es führt. Ich habe ja auch noch andere Dinge getan, zum Beispiel eine Beratungsagentur gegründet, als TV-Experte gearbeitet, ein Studium absolviert. Nach zwei Jahren saß ich dann bei einem Spiel in der BayArena und habe gemerkt: Es fehlt mir, um einen Sieg zu kämpfen. Dieses Spezielle des Fußballs habe ich vermisst, das wollte ich wieder erleben. Als Leiter Jugend und Entwicklung bei Bayer 04 bin ich dann auf der Management-Ebene wieder eingestiegen. Da habe ich mich bei der U12 oder U15 wieder richtig über Siege gefreut und diese Spannung gefühlt.

Leverkusen begeistert ganz Deutschland

Dann ging es schnell zu den Profis als Sportdirektor. Das war im Dezember 2018 – etwa genau vor fünf Jahren. Mittlerweile sind Sie Geschäftsführer Sport. Wie blicken Sie auf diese Jahre zurück?

Wir haben in den vergangenen fünf Jahren eine sehr erfolgreiche Entwicklung als Klub genommen. Wir haben eine Mannschaft, die die Menschen in Leverkusen, aber auch in ganz Deutschland begeistert. Auf dem Weg dahin gab es natürlich auch Fehler, gab es auch schwierige Zeiten – das gehört dazu. Auch diese Zeiten haben zur Entwicklung beigetragen.

Sie haben große Manager bei den Klubs in ihrer aktiven Karriere erlebt. Wer hat Sie geprägt?

Rudi Völler, Klaus Allofs, Jörg Schmadtke – sie waren alle erfolgreich und haben mich natürlich auf ihre Weise beeinflusst. Zu Klaus und Jörg hatte ich eigentlich nur als Spieler eine Beziehung. Bei Rudi war das nochmal ein bisschen anders, zu ihm hatte ich dann später in meiner Rolle als Sportdirektor nochmal ein anderes Arbeitsverhältnis. Generell versuche ich, mir die besten Eigenschaften anderer Menschen abzuschauen. Das war schon als Spieler so. Als Sami Hyppiä zu uns nach Leverkusen kam, habe ich mich bei Passspiel-Einheiten immer direkt hinter ihm eingereiht, weil ich sehen wollte, wie auch ich so ein gutes Passspiel hinbekomme. So halte ich das auch in der Managementebene. Völler, Allofs, Schmadtke sind alle unterschiedlich, ich habe von allen etwas mitnehmen können.

Was ist für Sie die größte Veränderung im Fußball, seit Sie im Profigeschäft dabei sind?

Du musst ein Athlet sein, das war früher anders. Da hast du vielleicht für den Sommerurlaub und die Strandfigur mal ein paar Situps gemacht (lacht). Jetzt musst du ein Athlet sein – und zwar für 24 Stunden, zwölf Monate lang – mit Regeneration, Schlaf, Ernährung. Wer das nicht versteht, hat keinen dauerhaften Platz im Spitzenfußball. Auch die Anforderungen an die Spielintelligenz haben sich stark verändert. Vor allem die Spanier – die Nationalmannschaft, Pep Guardiola ­– haben den Fußball enorm weiterentwickelt. Sie haben mit Ball den Gegner dominiert, obwohl sie physisch unterlegen waren. Das war beeindruckend. Diese Elemente des Fußballs passen auch zu Bayer 04.

Bei Bayer 04 passt derzeit allem Anschein nach viel zusammen. Sie sind Spitzenreiter. Wie bewerten Sie diese Momentaufnahme?

Es liegen extrem harte Arbeit und auch schwere Zeiten hinter uns. Viele unserer Spieler haben  sich zu diesem Moment hin entwickelt. Jonathan Tah als Beispiel: Er ist wieder fester Bestandteil der Nationalmannschaft. Das freut mich richtig für ihn. Er hat sich das verdient. Und das gilt genauso für seine Mannschaftskameraden. Darauf bin ich wirklich stolz, daran haben viele mitgearbeitet.

Wie gut ist Bayer 04 denn nun wirklich?

So gut, wie wir es auf dem Platz zeigen. Der Erfolg, den wir momentan haben, hat ist viel mit Qualität zu tun – vor allem aber mit harter Arbeit. Denn Qualität alleine reicht nicht aus, den Erfolg musst du dir aber immer wieder neu holen. Es darf sich keiner ausruhen, niemand. Wenn einer nicht mehr das Engagement bringt, unaufmerksam wird, seinen Ehrgeiz verliert, dann wird er sehr schnell merken, dass wir einen guten Kader haben. Kein Stammplatz ist hier sicher, jeder brennt auf Spielminuten. Wenn wir diese Dynamik beibehalten, haben wir eine starke Mannschaft, die viel erreichen kann.

Dann ist endlich mal wieder ein Titel möglich in dieser Saison?

Das wird im April, Mai entschieden. Der Weg ist entscheidend, darauf fokussieren wir uns. Am Samstag steht Wolfsburg an. Wir haben das Vertrauen in den gesamten Kader, jeder muss sich aufdrängen. Topspieler bist du nicht nur, wenn gejubelt wird. Nein, du musst dich vorbereiten, trainieren, leben wie ein Topspieler und es dann auf dem Platz zeigen. Das ist die Leistungs- und Erfolgskultur, die wir haben möchten. Darauf legen wir viel wert.

Bayer 04 hat in den vergangenen Jahren immer mal wieder gute Phasen gehabt, ist dann aber eingebrochen. Im Umfeld herrscht die Meinung vor, dass es in dieser Saison anders wirkt. Haben Sie dieses Gefühl auch?

Ja, wegen zwei Komponenten: Der Qualität und des Charakters der Spieler und der Art und Weise, wie unser gesamter Staff hier arbeitet. Die Spieler sind bereit, hart zu arbeiten. Im vergangenen Jahr konnte ich das nicht von allen sagen. Deshalb sind nicht nur Zu-, sondern auch Abgänge wichtig. Da haben wir einen Sprung gemacht. Das spüren die Zuschauer und das Umfeld.