Bayer 04 feiert eine unvergessliche Europapokalnacht. Einen entscheidenden Anteil daran haben die Anhänger der Werkself.
Bay-Arena plötzlich HexenkesselBayer-Profis loben Leverkusener Fans
Direkt ins Bett zu gehen, war für Xabi Alonso in der Nacht von Donnerstag auf Freitag nicht möglich. „Nein“, sagte der Trainer von Bayer 04 Leverkusen, „ich musste erstmal ein bisschen runterkommen.“ Damit dürfte er nicht alleine gewesen sein. 30 210 Zuschauer in der ausverkauften Bay-Arena hatten schließlich zuvor einen an Emotionen kaum zu überbietenden Fußballabend im Achtelfinale in der Europa League erlebt.
Dramatische Nachspielzeit
Für die rund 1100 Anhänger von Karabach Agdam war es ein wahrgewordener Albtraum. Für die Werkself-Fans war es der nächste Höhepunkt in einer Saison, die mit Superlativen keineswegs geizt. Zu Beginn der Nachspielzeit hatte Leverkusen gegen den Außenseiter aus Aserbaidschan mit 1:2 zurückgelegen, was nach dem 2:2 im Hinspiel gleichbedeutend mit dem Europapokal-Aus und der ersten Saisonniederlage in der 37. Partie gewesen wäre. Doch wenige Minuten später prangte ein 3:2 auf der Videoleinwand und die Bay-Arena erlebte eine Eruption, die man noch vor ein paar Jahren gar nicht für möglich gehalten hätte.
Patrik Schicks Doppelpack in 90.+3 und 90.+8 löste das Viertelfinalticket für Bayer. Spieler, Trainer, Offizielle und Fans waren danach sichtlich von den Emotionen übermannt. „Diese Siege sind kein Glück, wir glauben an uns“, sagte Granit Xhaka. „Wir wollen in den Spiegel schauen und sagen, wir haben alles gegeben. Dass wir noch gewinnen, zeigt diese Mentalität und Moral der Mannschaft. Das ist unfassbar.“ Robert Andrich ergänzte: „Ich weiß gar nicht, wie ich das einordnen soll. Das Ergebnis spricht für unseren Willen und für die Mannschaft. Die Stimmung war super. Riesenkompliment an die Fans. Ein sehr geiler Moment.“
Leverkusens Fans werden gelobt - Finale gegen Liverpool möglich
Die Fans wurden unisono von allen Spielern und auch von Alonso explizit gelobt. Als Leverkusen mit einem Mann mehr auf dem Platz nach 67 Minuten mit 0:2 in Rückstand geriet, wurde es nicht etwa leise, nein, angepeitscht von der Nordkurve wurde es sogar immer lauter im gesamten Stadion. „Es ist meine erste Saison hier, aber die Unterstützung die wir von den Fans erhalten, auswärts oder zu Hause, ist unfassbar“, betonte Xhaka. „Ich habe das nicht oft gesehen, dass man nach einem Rückstand von 0:2 nochmals so laut singt und es so einen Push gibt. Kompliment an die Fans. Ich glaube, sie sehen auch, dass wir alles dafür geben, dass wir erfolgreich sind. Nur gemeinsam kann man etwas erreichen.“
Durch das Weiterkommen gegen Karabach sind weiter drei Titel zu erreichen. Am Freitag folgte die Auslosung für das Viertel- und Halbfinale in der Europa League. Zunächst trifft die Werkself auf West Ham United, das im Achtelfinale gerade den SC Freiburg – Leverkusens Gegner in der Bundesliga am Sonntag – ausgeschaltet hat. In einem möglichen Semifinale würde dann der Sieger aus dem italienischen Duell AC Mailand gegen AS Rom warten. Die beste Nachricht für die Werkself ist somit, dass man dem großen Titelfavoriten FC Liverpool mit Jürgen Klopp bis zum Finale aus dem Weg gehen kann. „Ich wünsche Liverpool das Beste“, sagte Alonso. „Wir werden sehen, es ist ein langer Weg zum Finale nach Dublin. Der Sieg gestern war sehr wichtig. Wir sind froh, dass wir eine erneute Chance bekommen. Wir schauen von Spiel für Spiel. Der April wird brutal sein. Wir haben eine gute Energie und eine gute Mentalität. Wir versuchen alles.“
Am Sonntag in Freiburg gefordert
Nach der unvergesslichen Europapokalnacht wartet nun am Sonntag (15.30 Uhr(Dazn) das Gastspiel beim SC Freiburg, der am Donnerstag in London mit 0:5 untergegangen war. Xabi Alonso warnt aber vor den Breisgauern und ihrem Coach Christian Streich. „Der Einfluss von Herrn Streich ist sehr klar“, sagte der Spanier, „man kann es sehen, wie emotional er an der Seitenlinie ist. Er will immer das Beste für seine Mannschaft. Er lässt sehr dominant spielen, aber passt sein Spiel auch an, dann wartet sein Team auf die richtige Gelegenheit.“
Für Leverkusen geht es vor der Länderspielpause darum, den Zehn-Punkte-Vorsprung vor dem FC Bayern (samstags in Darmstadt) zu halten, oder sogar noch auszubauen. Fraglich ist am Sonntag der Einsatz von Jonas Hofmann, der gegen Karabach mit muskulären Problemen an der Hüfte ausgewechselt werden musst. Alonso: „Er ist nicht zu schlimm verletzt. Die gute Nachricht: Es ist kein Muskelriss. Für Sonntag müssen wir gucken.“
Freiburg: Atubolu – Sildillia, Ginter, Gulde, Günter – Röhl, Höfler – Doan, Grifo – Sallai, Höler. Leverkusen: Hradecky – Stanisic, Tah, Tapsoba – Frimpong, Xhaka, Palacios, Grimaldo – Tella, Wirtz – Schick.