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Deutschland gegen SpanienDie neue Dynamik der Basketball-EM vor dem Halbfinale

Lesezeit 4 Minuten
Dennis Schröder (1)

Dennis Schröder steht mit Deutschland unter den besten vier.

BerlinLuka Doncic saß am Donnerstagnachmittag entspannt mit seinen Teamkollegen vor dem „Sheraton Grand Hotel Esplanade“ am Lützowufer in Berlin und spielte Karten, während die Vorbereitungen für die Abreise der slowenischen Nationalmannschaft von der Basketball-Europameisterschaft liefen. Nach dem 87:90 am Mittwochabend gegen Polen musste der Titelverteidiger überraschend seine Sachen packen, fleißige Helfer stapelten die Koffer und Taschen der Stars auf Gepäckwagen.

Nachdem im Achtelfinale Serbien unerwartet an Italien gescheitert war, brachte das Turnier im Viertelfinale seine erste veritable Sensation hervor, die selbstverständlich auch dem deutschen Team nicht verborgen geblieben ist. „Eine interessante Dynamik im Hotel“ nahm Franz Wagner zur Kenntnis, wohingegen Johannes Voigtmann an den alltäglichen Vorzügen des inzwischen gelichteten Feldes Gefallen fand: „Beim Essen ist etwas weniger los.“

Während in Doncic, dem Griechen Giannis Antetokounmpo und dem Serben Nikola Jokic früh die drei prominentesten Namen nicht mehr dabei sind, setzt die DBB-Auswahl am Freitag (20.30 Uhr, live und kostenlos bei MagentaSport sowie im Free-TV bei RTL) ihre Jagd nach einer Medaille mit dem Halbfinale gegen Weltmeister Spanien fort. „Wir hätten auch alle darauf gewettet, dass es mindestens zwei der Superstars ins Halbfinale schaffen“, so Voigtmann. „Aber jetzt sind sie raus und es wird alles neu sortiert.“

Joe Voigtmann

Johannes Voigtmann will am Freitag erneut jubeln.

Die DBB-Auswahl darf im Frühherbst 2022 für sich in Anspruch nehmen, zu den besten vier Nationen des Kontinents zu gehören, was der 21-jährige Wagner per se als „krass“ empfindet und mit berechtigtem Stolz hinzufügt: „Cool für uns, dass wir noch dabei sind.“

Doch das soll noch nicht alles gewesen sein. Den Traum von einem Podiumsplatz tragen die Profis von Bundestrainer Gordon Herbert schon seit Beginn des Sommers mit sich herum, die herausragende Leistung beim 107:96 im Viertelfinale gegen Griechenland hat dem Selbstvertrauen einen weiteren Schub verliehen.

Franz Wagner

Franz Wagner im Viertelfinale gegen Griechenland.

Nach dem freien Tag am Mittwoch, der nach Einschätzung von Voigtmann „Gold wert gewesen ist“, lenkte das Team am Donnerstag die Konzentration auf den nächsten Gegner. In der Max-Schmeling-Halle absolvierte die Mannschaft am Vormittag eine Einheit. Beim lockeren Wurftraining zum Abschluss drehte Dennis Schröder am Lautstärkeregler der leistungsstarken Anlage, die im Format eines mittelgroßen Reisekoffers am Spielfeldrand drapiert war. Der Braunschweiger hatte an seinem 29. Geburtstag freie Hand bei der Wahl der Playlist, zumal ihm seine Teamkollegen bis zum Nachmittag ein Ständchen schuldig waren, wie Wagner kleinlaut gestand – „aber ich bin mir sicher, dass wir noch was machen.“

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Auch Coach Herbert hat es bei einer schlichten Gratulation für seinen Kapitän belassen. „Ich habe ihm gesagt, dass ich meinen Geburtstag nicht mehr gefeiert habe, seit ich 47 bin – also das letzte Mal vor vier Jahren“, erklärte der 63-jährige Kanadier mit einem Lächeln. Ein weiterer Beleg dafür, dass Herbert täglich lockerer wird.

Duelle mit Spanien sind traditionell mit wenigen Erfolgen für das deutsche Team verbunden, zu den unvergesslichen gehört jener aus dem EM-Halbfinale 2005 in Belgrad, als Dirk Nowitzki über Jorge Garbajosa hinweg den entscheidenden Wurf zum 74:73-Sieg verwandelte. Als Garbajosa am Donnerstag das Training der Spanier besuchte, hat ihn darauf vorsichtshalber niemand angesprochen. Der inzwischen 44-Jährige gehört zu jener großen Generation um Pau und Marc Gasol, Jose Calderon und Juan Carlos Navarro, die internationale Medaillen in Serie sammelte.

Spanien hat seine Siegermentalität übertragen

Nach einem größeren personellen Umbruch fehlen die schillernden Namen im Kader von Coach Sergio Scariolo diesmal, die Brüder Willy und Juancho Hernangomez sowie Rudy Fernandez sind die bekanntesten. Insbesondere der 37-jährige Fernandez hat die Siegermentalität der alten Generation auf die jüngeren Kollegen übertragen, das zumindest meint Voigtmann beobachtet zu haben. „Egal, wer bei den Spaniern spielt, sie sind immer stark“, betont der 29-Jährige. „Sie sind bislang sehr solide durchs Turnier gekommen. “

Wie das Halbfinale auch ausgehen mag – auf die Dynamik im Hotel wird es keine Auswirkungen haben. Beide Mannschaften bleiben definitiv bis Sonntag. Und sei es für das Spiel um Platz drei.