Olympia 2020Tokio hätte ein globales Ischgl werden können
- Mit seinen jüngsten Wortmeldungen hat IOC-Chef Bach bewiesen, dass er den Kontakt zu den Sportlern verloren hat.
- Die olympische Idee widerspricht dem aktuellen Prinzip des „Bleibt zu Hause“.
- Die Absage war eine Entscheidung im Sinne der Sportler. Ein Kommentar.
Köln – Offiziell hat am Ende Shinzo Abe selbst das IOC darum gebeten, die Olympischen Spiele zu verlegen. Es war eine dramatische Entscheidung des japanischen Premiers, muss er sich doch nun der Realität stellen, dass die schwächelnde japanische Konjunktur vorerst ohne olympische Effekte wird auskommen müssen.
Überhaupt bedeutet Olympia für Japan weit mehr als Sportgucken im Sommer. Abe hatte gehofft, sich und seine Landsleute als ein Volk präsentieren zu können, das nach Tsunami und Nuklearkatastrophe nun wieder in der Lage ist, die Jugend der Welt zu Gast zu haben. Das sollten Signale nach innen wie nach außen sein.
Das größte Lebensereignis
Womöglich wollten Abe und IOC-Präsident Thomas Bach sogar der Welt beweisen, dass die Menschheit das Virus besiegen kann und im Sommer die große Triumph-Feier ausrichten, was ein schöner Gedanke wäre. Doch einerseits weiß niemand, wie die Lage im Sommer sein wird.
Und andererseits mussten sowohl Abe als auch Bach letztlich verstehen, dass es bei Olympischen Spielen um mehr geht als das Taktieren mächtiger Männer. Olympia ist vor allem das größte Lebensereignis Tausender Sportler. Und der faire sportliche Wettbewerb war wegen der völlig unterschiedlichen Trainings- und Dopingbestimmungen dieser Tage nicht mehr darstellbar.
Keine Spiele ohne Sportler
Bach hat mit seinen jüngsten Wortmeldungen gezeigt, dass die Spiele in seiner Wahrnehmung längst von den Sportlern entkoppelt sind. Dass er sich vier Wochen Zeit für eine Entscheidung nehmen wollte, während den Olympiastartern die Trainingspläne um die Ohren flogen, hat das bewiesen.
Als dann aber Sportnationen wie Deutschland, Australien und die USA ankündigten, Tokio zu boykottieren, musste sogar Bach verstehen, dass die Spiele ohne Sportler nicht funktionieren. Schön, dass er das jetzt wieder weiß.
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In diesen Tagen gilt das globale Motto: „Bleibt zu Hause“. Der olympische Gedanke, die Jugend der Welt zusammenzubringen, ist damit nicht zu vereinbaren. Vielmehr hätte Tokio das Potenzial gehabt, als ein globales Ischgl in die Geschichte der Menschheit einzugehen.
Es war im Dschungel der Interessen eine schwierige Entscheidungsfindung, und womöglich hatte niemand der Beteiligten die Chance, gut auszusehen dabei. In ihrer Abwägung haben sich die Herren der Ringe nun aber gegen die politisch-wirtschaftlichen Interessen entschieden. Wohl unter Zwang, sonst hätten sie sich wohl noch auf Wochen an ihren Traum von Tokio 2020 geklammert. Doch die Vernunft hat gesiegt. Und das ist die gute Nachricht des Tages.