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Sport in Zeiten von CoronaMax Hoffs Olympia-Traum droht zu platzen

Lesezeit 5 Minuten
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Selfie von Max Hoff nach dem Training am Dienstag in Berlin

  1. Max Hoff träumt vom olympischen Gold.
  2. Der Kölner Kanute ist einer der Titelfavoriten für Tokio. Doch die Spiele stehen auf der Kippe.
  3. Er erklärt, wie die Coronakrise seine Karriere bedroht.

Köln – Noch einmal Gold gewinnen und die Karriere mit dem ultimativen Erfolg beenden – dieser Traum treibt Max Hoff an. Auch jetzt noch, nach der überstürzten Abreise der deutschen Kajakfahrer aus dem Trainingslager in Sevilla auf Grund der Coronavirus-Pandemie. Auch jetzt noch, wo der olympische Sport im Land ebenso stillsteht wie der Fußball und ein geregeltes Training angesichts geschlossener Hallen und Stützpunkte kaum möglich ist. „Bis die Spiele nicht abgesagt sind, darf man nicht aufgeben“, sagt der 37-jährige Kölner, der für Essen startet und gerade nur noch unter erschwerten Bedingungen mit seinem Boot aufs Wasser gehen kann.

IOC hält am Datum fest

Die Olympia-Macher betonen dieser Tage hartnäckig, am geplanten Termin für die Eröffnung der Spiele von Tokio festhalten zu wollen. Am 24. Juli soll das Spektakel starten. Thomas Bach, der deutsche Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), räumte zuletzt in den ARD-„Tagesthemen“ lediglich gönnerhaft ein, bei den Nominierungskriterien Entgegenkommen zeigen zu wollen. Aus dem einfachen Grund: Kaum eine Sportart wird in den kommenden Wochen Qualifikationswettbewerbe für Olympia wie geplant austragen können. Wie also sollen die Verbände entscheiden, wen sie nach Tokio schicken? Wenn der Termin denn tatsächlich bleibt.

Auszeit – Sport in Zeiten von Corona

Der Sport ruht. Und Athleten bangen wie viele andere Menschen im Land um ihre Existenz. Sie wissen nicht, ob die Olympischen Spiele im Juli und August in Tokio stattfinden werden. Ihre Trainingsstätten sind geschlossen. Die Zukunft ist ungewiss.

Drei Spitzensportler werden uns in den nächsten Wochen abwechselnd aus ihrem veränderten Leben berichten. Sie werden erzählen, wie sie sich fit halten, was sie bewegt und was aus ihrem Traum von Olympia wird.

Das sind: Die Turnerin Sarah Voss (20) vom Turnteam der Deutschen Sporthochschule Köln, Hockeyspieler Christopher Rühr (26) von Rot-Weiss Köln und Stabhochspringer Torben Blech (25) vom TSV Bayer 04 Leverkusen. Sie befanden sich bis zum Wochenende in der Vorbereitung auf die Sommerspiele in Japan und hatten gute Chancen auf eine Nominierung. Nun heißt es: Sozialkontakte vermeiden und abwarten, anstatt an der Form zu feilen. (sro)

Davon geht Max Hoff weiter aus. Er war bis Freitagabend mit den deutschen Kajak-Herren im Trainingslager in Sevilla, von dort sei das Team „Hals über Kopf“ vorzeitig abgereist – wie viele andere deutsche Spitzen-Athleten aus ihren jeweiligen Trainingscamps. Zu groß war die Angst vor geschlossenen Grenzen oder einer möglichen Quarantäne-Verpflichtung. Jetzt meidet Hoff Menschenmengen und beschränkt seine sozialen Kontakte auf wenige „Kernmenschen“, darunter seine Freundin in Berlin, die mit einer Ausnahmegenehmigung am Ruder-Stützpunkt in Tegel trainieren kann. Hoff hat dort keinen Zutritt. Und sein eigener Stützpunkt in Essen ist abgeriegelt.

„Wahrscheinlich werde ich jetzt Klimmzug-Weltmeister“

Zwei seiner Boote lagern nun im Gebüsch, eins in Essen und eins in Berlin. Hoffs Umkleide ist sein Auto. Geduscht wird zu Hause. Physiotherapie fällt aus. Und das Krafttraining wird im Wohnzimmer mit ein paar Hanteln und an einer Klimmzugstange absolviert. „Wahrscheinlich werde ich jetzt Klimmzug-Weltmeister“, sagt der Kanute, der schon so viele große Siege auf dem Wasser gefeiert hat. Sein größter: Olympiasieger im Vierer 2016 in Rio. Sein letzter: Weltmeister 2019 im Zweier zusammen mit dem Potsdamer Jacob Schopf. Hoff und Schopf, der Altmeister und der 17 Jahre jüngere Jungspund, sie sind das neue Dream-Team des Deutschen Kanu-Verbandes (DKV), der Grund, warum Hoff dran geblieben ist und sich nach dem Olympiasieg 2016 nicht seinen zwei anderen Berufen als Biologe und BWLer gewidmet hat. „Der ist grandios gut, der Kerl“, sagt Hoff über Schopf.

Und jetzt? Hoffen die Kanuten, dass der DOSB sich dazu entschließen kann, in Kienbaum bei Berlin ein abgeriegeltes Trainingszentrum für Olympiakandidaten einzurichten. Und dass das dann von den Behörden genehmigt wird. „Ich verstehe die Maßnahmen, sie sind wichtig“, sagt Hoff. „Aber man hat uns unsere Arbeitsgrundlage entzogen.“ Er könne jetzt nicht aufhören zu trainieren. Nicht, solange der Olympia-Termin bestehen bleibt. „Das würde das erzwungene Ende meiner Karriere bedeuten.“

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Max Hopp (links) und Jacob Schopf

Rund um Ostern wollten die Kanuten zwei nationale Qualifikationen in Duisburg austragen. Die erste wurde bereits abgesagt, die zweite wird wohl ebenso wenig stattfinden. Für Mitte und Ende Mai sind Weltcups in Tschechien und in Deutschland geplant, sie sollen der internationalen Qualifikation dienen. Dass sie stattfinden werden, kann sich Hoff aktuell kaum vorstellen. „Aber wir müssen uns trotzdem noch darauf vorbereiten“, sagt er. Es werde wohl neue Qualifikationsrichtlinien geben, die aber noch niemand kenne.

An Olympia hängt alles

„Wenn hier in Europa für ein oder zwei Monate der Trainingsbetrieb ausgesetzt wird, dann brauche ich im August nicht gegen den Rest der Welt anzutreten. Das ist dann Wettbewerbsverzerrung, da muss man sich überlegen, ob diese Olympischen Spiele noch im Sinne des Sports sind“, sagt Hoff. Die Situation sei für ihn schwer zu fassen. „Auch wenn wir die Notwendigkeit der Maßnahmen verstehen, haben wir ja keine Angst um unser Leben.“ Und finanziell sei es entscheidend, ob die Saison weiter geht und ob Olympia stattfindet oder nicht. Von der Teilnahme und vom Erfolg hängen die Einnahmen der Athleten fürs nächste Jahr ab.

„Wir hatten eine gute Grundlage, um unsere Körper schnell zu machen“, sagt Hoff. Er hat die Goldmedaille vor Augen. Sie schien zum Greifen nah. Auch wenn er das so nicht sagt. Jetzt ist alles ungewiss. Aber aufgeben? Hoff meint: „Du musst dran glauben. Am Ende werden sich die durchsetzen, die das jetzt noch am besten können.“