Nach ihrem Rücktritt aus dem Nationalteam stand bei der 28-Jährigen auch die Fortsetzung der Vereinskarriere auf der Kippe.
HockeyAusnahmespielerin Nike Rühr ist zurück bei Rot-Weiss Köln

Das 196. Länderspiel im Olympia-Viertelfinale gegen Argentinien sollte Nike Rührs letztes gewesen sein. Die Vereinskarriere in Köln geht indes weiter.
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Nike Rühr (28) ist zurück. So lautet wohl die wichtigste Nachricht aus Sicht des Feldhockey-Bundesligisten KTHC Rot-Weiss Köln vor dem Rückrundenstart. Nachdem die Ausnahmekönnerin in der Hinserie pausiert und im Dezember 2024 nach 196 Länderspielen ihren Rücktritt aus der Nationalmannschaft verkündet hatte, gab sie am Samstag im Testspiel gegen Alster (0:4) ihr Comeback im RW-Trikot. Knapp zehn Monate nach dem DM-Halbfinale gegen den Mannheimer HC (3:4 n. P.) – und frisch erholt von den Flitterwochen mit RW-Torjäger Christopher Rühr in den USA.
Im ersten Moment ist eine Welt für mich zusammengebrochen. Wenn man sein ganzes Leben auf dieses eine Ziel hinarbeitet und dann mit leeren Händen heimkehrt, fällt man zwangsläufig in ein Loch“
„Der Akku ist zwar noch nicht wieder 100 Prozent aufgeladen“, räumt das Mittelfeld-Ass ein. „Aber die Mädels haben mir den Einstieg leicht gemacht und mir gezeigt, dass es die richtige Entscheidung war weiterzumachen.“
Lange Zeit stand nämlich auch die Fortsetzung ihrer Vereinskarriere auf der Kippe; zu groß war die Leere nach dem bitteren Olympia-Aus im Viertelfinale gegen Argentinien (1:3 n. P.). „Im ersten Moment ist eine Welt für mich zusammengebrochen“, sagt sie. „Wenn man sein ganzes Leben auf dieses eine Ziel hinarbeitet und dann (wie schon 2021 in Tokio, Anm. d. Red.) mit leeren Händen heimkehrt, fällt man zwangsläufig in ein Loch.“
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Ein besseres Abschneiden in Paris hätte aber wohl auch nichts an ihrer Entscheidung geändert: „Ich habe einfach festgestellt, dass ich nicht mehr die Energie und Freude aufbringen kann, um dem Anspruch an mich als Nationalspielerin gerecht zu werden.“
Pia Maertens und Julia Sonntag fehlen Rot-Weiss Köln weiterhin
Stattdessen schlug Rühr einen neuen Weg ein, indem sie einen Vollzeitjob als Nachhaltigkeitsberaterin annahm: „Meine Arbeit geht jetzt vor. Aber als ich bei meinen Planungen für 2025 wie selbstverständlich alle Termine um den Bundesliga-Spielplan herum gelegt habe, wurde mir bewusst: Ganz ohne Hockey geht es nicht.“
Sehr zur Freude von Markus Lonnes. Der RW-Trainer zeigte sich „glücklich und erleichtert, dass Nike wieder bei uns ist. Sie ist und bleibt eine Weltklassespielerin.“ Gleichzeitig richtet er einen Appell an den Rest der Mannschaft: „Natürlich verändert sich mit Nikes Rückkehr die Statik unseres Spiels. Das heißt aber nicht, dass man in der Crunchtime die ganze Verantwortung auf sie abwälzen kann. Wir dürfen als Team nicht plötzlich weniger machen; das Kollektiv ist und bleibt unser Prunkstück.“
Zumal Pia Maertens (26) und Torhüterin Julia Sonntag (33) vorerst weiter ausfallen. Während sich Letztere nach ihrem kurz vor Olympia erlittenen Kreuzbandriss schon wieder im lockeren Mannschaftstraining befindet, ist bei Maertens kein Ende der Leidenszeit in Sicht. Die Torjägerin riss sich im Dezember 2023 zum zweiten Mal innerhalb kürzester Zeit das Kreuzband – und hielt seitdem keinen Hockeyschläger mehr in der Hand. Besonders Rühr leidet mit: „Pi und ich sind eng befreundet. Egal wann: Hauptsache, sie kehrt eines Tages wieder ganz gesund auf den Platz zurück.“
Wir wollen den Blauen Wimpel. Früher oder später werden wir den letzten Schritt gehen
Auch ohne das besagte Duo sind die Kölner Ambitionen unverändert groß. „Es bleibt dabei: Wir wollen den Blauen Wimpel“, betont Lonnes. Beim letzten Coup 2014 waren lediglich er und Sonntag schon dabei. In der zurückliegenden Hallen-Saison glaubte der Coach mehr denn ja an das Ende der titellosen Zeit, doch das Viertelfinal-Aus beim Berliner HC (4:6 n. P.) traf ihn „völlig unerwartet. Aber früher oder später werden wir den letzten Schritt gehen.“ Rühr pflichtet ihrem Trainer bei: „Wir müssen uns nicht kleiner machen, als wir sind.“
Zum Rückrundenauftakt gegen das Schlusslicht Zehlendorf (Sa., 12 Uhr) und den Neunten Berliner HC (So., 14.15 Uhr) ist der Tabellenvierte zwangsläufig favorisiert. Lonnes erinnert sich trotzdem nur ungern an die beiden Partien der Hinrunde (3:0, 4:5 n. P.), die in spielerischer Hinsicht „den Tiefpunkt der bisherigen Saison markierten. Keine Frage: Für uns zählen am Wochenende nur sechs Punkte.“
Dabei muss er wohl auf die angeschlagenen Emma Boermans und Johanna Czech verzichten. Letztere gewann bei der jüngsten Hallen-WM in Kroatien Silber mit der österreichischen Nationalmannschaft, während die deutsche Auswahl um RW-Akteurin Maja Weber eine Medaille verpasste (4.). Auf Vereinsebene träumt man nun gemeinsam vom großen Wurf. Auch dank Rückkehrerin Rühr.
1. Herren-Bundesliga: Sa., 14.15 Uhr: RW Köln – Uhlenhorst Mülheim. So., 12 Uhr: RW Köln – Berliner HC.