Die Kölner Hockey-Nationalspielerin wird vom Verletzungspech verfolgt, will sich ihren großen Traum dennoch erfüllen.
Pia Maertens nach zweitem Kreuzbandriss„Ich habe Olympia 2024 noch nicht aufgegeben“
Pia Maertens (24) erlitt im jüngsten Länderspiel in (und gegen) Südafrika einen Kreuzbandriss. Zehn Monate nachdem sich das Hockey-Ass des KTHC RW Köln im finalen Gruppen-Match der Hallen-Bundesliga-Saison 2021/22 dieselbe Verletzung im selben Knie zugezogen hatte. Aufgeben ist für sie aber keine Option. Aus gutem Grund.
Frau Maertens, zwischen Ihrem ersten und zweiten Kreuzbandriss lagen weniger als ein Jahr und nur etwas mehr als eine Halbzeit. Wie haben Sie Ihr folgenschweres Comeback beim Länderspiel in Südafrika erlebt?
Es hatte alles so gut angefangen: Ich fühlte mich so fit wie vor der Verletzung und habe sogar ein Tor geschossen. Doch kurz nach der Halbzeit bin ich bei einem Richtungswechsel im Rasen hängengeblieben. Ich bin vom Platz gejoggt und dachte erst an nichts Böses – bis ich ins Gesicht unseres Teamarztes geblickt habe.
Wann folgte die bittere Gewissheit?
Einen Tag später. Die Stunden bis zur MRT-Untersuchung waren die schlimmsten. Die Diagnose war ein Schock und trotzdem war ich in diesem Moment dankbar.
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Wofür?
Für die Unterstützung. Meine Vereinskollegin Nike Lorenz und Cécile Pieper (früher ebenfalls RW-Spielerin, Anm. d. Red.) waren an meiner Seite; gefühlt haben sie genauso viel geweint wie ich. Ich war geschockt, aber viel wichtiger: nicht allein.
Haben Sie im ersten Moment des Frusts ans Aufhören gedacht?
Nein, keine Sekunde. Die gut 30 Minuten auf dem Platz haben mir gezeigt, dass es sich immer lohnt zurückzukommen. Ohne Hockey geht es nicht bei mir. Auch wenn die zweite Operation (am 14. Dezember, Anm. d. Red.) in jeder Hinsicht schmerzhafter war als die erste: Ich habe Paris 2024 noch nicht aufgegeben.
Dort starten am 27. Juli die Olympischen Spiele. Ist dieses Event Ihr größter Ansporn?
Ja, die Aussicht auf meine zweite Teilnahme treibt mich an. Eine WM ist schon krass, aber Olympia toppt alles. Es gibt nichts Größeres im Hockeysport. Es ist und bleibt mein Traum, eines Tages eine olympische Medaille in den Händen zu halten.
Vorausgesetzt, Deutschland schafft im Januar ohne Sie die Olympia-Qualifikation: Wie sieht Ihr Fahrplan bis Paris aus?
Wenn es gut läuft, kann ich in drei Monaten wieder joggen. Natürlich muss alles passen, damit ich rechtzeitig fit und überhaupt nominiert werde. Aber Nationaltrainer Valentin Altenburg hat mir versichert, dass er mich nicht abgeschrieben hat.
Zur Person: Pia Maertens (24) wechselte 2019 von ihrem Duisburger Heimatverein Club Raffelberg zu RW Köln. Dort wurde sie noch im selben Jahr zur Nationalspielerin. Mittlerweile kann die angehende Grundschullehrerin auf zwei EMs (2019, 2021 – jeweils Silber), eine WM (2022, 4. Platz) und eine Olympia-Teilnahme (2021, 6. Platz) zurückblicken. Zudem wurde sie 2022 Hallen-Europameisterin im eigenen Land. Mutter Susanne Wollschläger stand bei drei Olympischen Spielen im Tor und trainiert heute den Kölner Bundesliga-Rivalen Raffelberg. Dort spielt auch Pia Maertens‘ Schwester Anneke. (tim)
Bleibt für Sie überhaupt Zeit, um Rot-Weiss im Bundesliga-Endspurt zu unterstützen?
Am liebsten würde ich kein Training verpassen, denn das Team ist mir ans Herz gewachsen. Ich fühle mich längst als Kölnerin und will die Mädels so gut und oft wie möglich supporten, gerade bei den Heimspielen.
Was trauen Sie Ihrer Mannschaft zu?
Mindestens das Viertelfinale, sowohl in der Halle als auch auf dem Feld. Dort hätten wir gute Chancen auf den Einzug ins Final Four, wo bekanntlich alles möglich ist.
Die Ziele bleiben also auch nach dem Abgang von Kapitänin Rebecca Grote im Sommer offensichtlich ambitioniert.
Betzi war natürlich eine Spielerin, die eine Mannschaft quasi allein führen konnte. Es ist anders ohne sie, aber auch eine Chance für andere Spielerinnen mehr Verantwortung zu übernehmen.
Trainer Markus Lonnes hat mit Ihnen, Nike Lorenz und Paula Brux gleich drei Kapitäninnen bestimmt. Wieso?
Es ist ein klarer Appell, dass wir gerade nach Betzis Abgang mehr als eine Führungsspielerin brauchen. Selbst drei sind auf dem Feld zu wenig. Aber es gibt Mädels, die in diese Rolle hineinwachsen können. Jule Fischer etwa, die nach ihrer U-21-WM-Teilnahme noch mehr Selbstvertrauen getankt hat.
Wann ist Rot-Weiss wieder reif für einen Titel?
Hoffentlich bald. Meinen letzten Klubtitel habe ich mit der Raffelberger A-Jugend geholt, gemeinsam mit meiner Schwester Anneke und Stiefschwester Judith.
Nicht nur Ihnen wurde die Liebe zum Hockeysport offenbar in die Wiege gelegt.
Der Weg war vorgezeichnet: Meine Mama hat als Hockey-Torhüterin olympisches Silber geholt und mein Papa war Zweitliga-Spieler. Sie haben sich über ihren Sport kennengelernt. Meine ganze Familie ist Hockey-verrückt und leidet auch deshalb so mit mir mit. Daraus schöpfe ich Kraft. Kraft, die ich auf dem Weg nach Paris benötige.