Im Interview spricht der Fortuna-Coach über die bisherige Saison, seine eigene Entwicklung und mögliche Neuzugänge im Winter.
Matthias Mink„Was Aufstiege anbelangt, bin ich der erfolgreichste Trainer von Fortuna Köln“
Herr Mink, die Hinrunde verlief für Fortuna hervorragend, die aktuelle Vorbereitung weniger. Mit welcher Erwartungshaltung gehen Sie nun in die Rückrunde?
Matthias Mink: Wir müssen darauf aufpassen, dass die Erwartungshaltung nicht ein Ticken zu hoch ist. Aber klar, wir haben die Ambition, uns weiter zu verbessern. Wir sollten trotz der starken Hinrunde die Kirche im Dorf lassen und in kleinen Schritten denken. Das hat uns gutgetan. Wir wollen gut hereinkommen. Das ist ein ganz wichtiger Aspekt, um mit einer gewissen Begeisterung und Euphorie die kommenden Wochen bestreiten zu können.
Also lautet die Devise „Spiel für Spiel“?
Genau. Wir müssen wieder ins Laufen kommen. Im Zuge gewisser Erfolge muss man, besonders wenn eine Pause war, diese Leistungen aus der Hinrunde auch wieder bestätigen. Wir brauchen Kontinuität. Das wird die Herausforderung.
Seit ihrem Amtsantritt im März 2024 haben sich viele der Fortuna-Profis verbessert. Warum ist das so?
Letztlich ist so etwas immer ein Produkt von vielen verschiedenen Bausteinen. Natürlich ist der Trainer ein wichtiger Faktor, aber nicht der alles entscheidende. Entscheidend ist die Teamarbeit und das Gefüge, ebenso, wie das Team untereinander harmoniert. Die Konstanz an Mannschaftserfolgen kommt nur über eine Einheit und nicht über die individuelle Qualität.
Saisonstart als wichtiger Faktor
Fortuna hat viele neue Gesichter im Sommer erhalten. Wie haben Sie die vielen verschiedenen Persönlichkeiten zu einer Einheit geformt?
Der Saisonstart war dafür ein wichtiger Faktor. Mit den fünf Siegen zu Beginn haben wir ein extremes Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein entwickelt. Im Zuge der Vorbereitung haben wir zudem körperlich sehr hart gearbeitet. Die Mischung von Jung und Alt war eine ganz passende, die Älteren konnten etwas von ihrer Erfahrung weitergeben und die Jungen haben Gas gegeben.
Sie sind schon seit geraumer Zeit im Trainergeschäft tätig. Wie hat sich der Fußball aus Ihrer Sicht entwickelt? Und wie haben Sie sich entwickelt?
Das Spiel ist im Zuge der letzten zwei Jahrzehnte viel komplexer, variabler und schneller geworden, die athletischen Grundlagen sind mittlerweile komplett andere. Trotzdem bleibt es am Ende ein Elf gegen Elf. Ich selbst bin nicht mehr so emotional wie früher, sondern deutlich ruhiger. Ich gehe mit einer größeren Gelassenheit ins Tagesgeschäft hinein, mit dem Wissen, dass eine solche Ruhe den Spielern guttut. Dadurch können wir uns auf Themen wie Beurteilung der Spiele und die Spieler positiv zu coachen, deutlich mehr konzentrieren. Ich will ein Spiel nicht nur von der Außenlinie kommentieren, sondern gezielt mit Hinweisen den Spielern helfen.
Früher warfen Ihnen verschiedene Akteure vor, nur defensiv spielen zu lassen. Wie hat sich diesbezüglich Ihre Spielphilosophie entwickelt?
Die steht immer im Zusammenhang mit dem vorhandenen Kader und auch in Abhängigkeit von der sportlichen Situation, welche Art von Fußball gespielt werden kann. In meiner frühen Phase bei der Fortuna warfen mir einige vor, ich könnte nicht offensiv spielen lassen, nach dem Motto: In der Profikarriere Innenverteidiger, als Trainer dann ebenso. Bei einigen Stationen half mir das aber, besonders im Abstiegskampf. Zur Amtsübernahme im vergangenen Jahr sagte ich den Jungs sofort, wer gut verteidigt, der greift auch gut an. Das ist die Basis. Die Jungs genießen die Freiheiten in der Offensive, aber ich möchte trotzdem eine gute Organisation und Struktur auf dem Feld sehen.
Wie empfinden Sie den aktuellen Zuschauerzuspruch in der Südstadt?
Der ist sehr positiv. In der vergangenen Saison merkten wir schon, dass die Südstadt in Mode kommt, dass die Leute Bock haben, ins Südstadion zu gehen. Ich sprach mit vielen aus der breiten Öffentlichkeit, die alle sagten, es mache Spaß zur Fortuna zu kommen, auch wegen der Atmosphäre. Es ist der eher ursprüngliche Fußball, hier riecht es noch nach „Bratwurst.“
Ist Fortuna demnach ein Gegenentwurf zum „modernen Fußball“?
Man könnte das schon so sagen. Dennoch gehört der wirtschaftliche Aspekt immer dazu, ebenso wie die Verbindung zu unseren Partnern und Sponsoren. Aber eben nicht in dieser Dimension wie es auf High-End Niveau wie in der Bundesliga stattfindet.
Neuzugänge für Fortuna Köln möglich
In Ihrer Trainerkarriere erlebten Sie viele schöne Momente, etwa die DFB-Pokalspiele mit Hessen Kassel gegen Hannover 96 oder mit dem TSV Steinbach gegen den FC Augsburg.
Ja, es gibt vieles, an das ich mich gerne erinnere. Wir hatten in meinem ersten Jahr bei Fortuna ein Spiel gegen den VfL Leverkusen in Höhenberg, was nachher in einem Aufstieg mündete. Das war der letzte Spieltag der Verbandsliga 2007/2008. Fast 7000 Zuschauer (!) waren da. Wir hatten ein Wahnsinn-Spiel in Essen, wo wir als Dritter aufgestiegen sind. Dahingehend bin ich tatsächlich Fortunas erfolgreichster Trainer, nur mit einer Besonderheit: Beide Aufstiege fanden am grünen Tisch statt. (lacht)
Bislang ist Fortuna von vielen Verletzungen verschont geblieben. Ist dennoch im aktuellen Transferfenster noch einmal Verstärkung geplant?
Wenn wir aktiv werden, dann wird es ein polyvalenter Spieler, der auf mehreren Positionen spielen und uns direkt weiterhelfen kann, aber eben auch das Rollenverständnis hat, dass er sich hinten anstellen muss. Zudem wäre es eine Verpflichtung, die langfristig in das Team eingebunden werden soll und auch über die Saison hinaus in der Südstadt bleiben soll.
Eine hohe Spieler-Fluktuation ist bei vielen Regionalligisten die Normalität. Wie wird es denn bei Fortuna im kommenden Sommer aussehen?
Das ist immer eine gewisse Problematik, aber eben auch eine Kunst. Man muss die wirtschaftlichen Themen beachten. Fortuna ist kein Verein, der mit seinen finanziellen Möglichkeiten weit vorne steht. Das ist bei anderen Vereinen, die auf einem Mäzenatentum begründet sind, etwas anderes. Dort ist frühzeitig bekannt, wie viel Geld zur Verfügung steht. Mit den vielen Partnern, die hier am Start sind, können diese eben auch wegbrechen. Daher hat man keine langfristige Planbarkeit. Das wird im Sommer eine Riesenherausforderung. Wir wollen aber schon schauen, dass wir frühzeitig mit einigen Spielern verlängern. Und natürlich ist das Folgende ein Fakt: Wenn eine Mannschaft so gut spielt, weckt sie Begehrlichkeiten.