AboAbonnieren

„Das Highlight meiner Karriere“Hans Sarpei über sein größtes Spiel, „Let’s Dance“ und Fortuna Köln

Lesezeit 7 Minuten
Hans Sarpei trainiert bei Fortuna Köln die U19, 18.04.2023, Bild: Herbert Bucco

Ex-Bundesliga-Profi Hans Sarpei engagiert sich bei Fortuna Köln für den Nachwuchs.

Der frühere Bundesliga-Profi wurde nach seiner Karriere zum Social-Media-Phänomen.

Herr Sarpei, Sie trainieren einmal pro Woche Talente des SC Fortuna Köln. Was genau lernen die Spieler von Ihnen?

Ich versuche, ihnen technisch und spielerisch im Einzeltraining etwas mitzugeben. Aber auch mental. Wir besprechen viele Spielsituationen, ich kann ja viel aus eigenen Erfahrungen berichten. Ziel ist es, dass den Jungs der Schritt aus dem Junioren- in den Erwachsenen-Bereich nicht so schwer fällt.

Sie haben Ihre Profi-Karriere beim SC Fortuna begonnen. Was verbinden Sie mit dem Verein?

Alles zum Thema Let's Dance

Ich bin hier Profi geworden, diese ersten Schritte werden mir immer in Erinnerung bleiben. Ich habe auch später verfolgt, was passiert ist. Ihn zu Beginn des Jahrtausends so abstürzen zu sehen, war nicht schön. Sie haben sich dann Stück für Stück wieder berappelt und wollen jetzt noch weiter hoch. Aber das ist nicht einfach, gerade hier bei der Infrastruktur muss noch einiges getan werden. Aber es schlummert enorm viel Potenzial im Verein. Das muss man aufgreifen und nutzen.

Hat sich seit Ihrer aktiven Zeit bei der Fortuna von 1999 bis 2000 etwas in den Kabinen verändert?

Größtenteils ist sie gleich geblieben.

Wie ist es zur aktuellen Zusammenarbeit mit dem Klub gekommen?

Matthias Mink kenne ich noch aus unserer gemeinsamen Zeit bei der Fortuna, über ihn und Fortunas Fokus auf die Nachwuchsarbeit ist dieses Individualtraining entstanden. Wenn mehr Jungs bei einer Einheit sind, leiten wir das Training zusammen. Die Fortuna kann sich so für die Talente attraktiver machen, weil sie ein zusätzliches Angebot schafft.

Hans Sarpei wuchs in Köln-Chorweiler auf

Sie sind in Köln-Chorweiler aufgewachsen. Welche Rolle hat der Fußball in Ihrer Jugend gespielt?

Eine große, der Fußball war nicht wegzudenken. Damals bist du nach der Schule nach Hause gekommen, hast was gegessen, vielleicht Hausaufgaben gemacht – und dann hast du schon gehört, wie draußen andere Kinder mit dem Ball gespielt haben. Dann musstest du raus und mitzocken. Später ging es dann noch zum richtigen Training.

War es damals schon Ihr größter Wunsch, Profifußballer zu werden?

Nein, der Gedanke hat gar keine so große Rolle gespielt. Damals gab es auch nur die 1. und 2. Bundesliga als Profi-Ligen. Alles darunter waren Amateure. Es war viel schwieriger als heute, in den Profi-Bereich zu kommen. Ich habe in der Oberliga gespielt, das war okay für mich. Mein Bruder Edward hat dann für den FC zwei Spiele gemacht. Ich war im Stadion und dachte: Okay, das mal selbst zu erleben, wäre schon schön. Kurz danach bin ich zur Fortuna gegangen und durfte irgendwann bei den Profis trainieren. Dann habe ich realisiert: Wenn ich schonmal hier bin, warum nicht auch spielen und versuchen, mit dem Fußball Geld zu verdienen? Da war ich Anfang 20. Heute wissen die Jungs ja schon mit 13, dass sie Profis werden wollen. Ich wollte mit 13 einfach nur mit Freunden kicken. Heute ist das schwieriger geworden, die Schule dauert teilweise den ganzen Tag. Unter anderem deshalb biete ich Individualtraining an.

Wenn ein 16- oder 17-Jähriger regelmäßig mit Fußballstar Hans Sarpei trainiert, sieht er sich dann schon mit einem Fuß im Profibereich?

Man muss als Verein und Trainer gucken, dass den Jungs keine Flausen in den Kopf gesetzt werden oder man sie teilweise wieder einfängt. Ich sage den Jungs ganz klar, dass es natürlich möglich ist, Regionalliga zu spielen. Aber dann muss man viel machen. Vielleicht mehr, als die meisten anderen. Und nicht nur ein Monat, zwei oder sechs – sondern noch länger. Du brauchst Geduld und musst permanent an dir arbeiten. Diese Geduld haben viele Spieler leider nicht und scheitern. Wenn eine Verletzung kommt oder du mal nicht für den Kader nominiert wirst. Letztlich geht es mir darum, die Jungs so vorzubereiten, dass sie auch mit diesen Rückschlägen umgehen können und nicht aufgeben.

Sie haben damals nicht aufgegeben und haben den Sprung zu den Profis geschafft. Hätten Sie sich erträumen können, dass Sie aus Chorweiler bis an die Spitze des Weltfußballs kommen?

Nein, das konnte man nicht erwarten. Ich habe so viel gesehen, so viele Erfahrungen gemacht – das hätte ich mir nie erträumen können.

DFB-Pokal-Sieg, Champions League, Weltmeisterschaft – Was war Ihr sportlicher Höhepunkt?

Das ist schwer. Viele würden wahrscheinlich sagen: Inter Mailand gegen Schalke, unser 5:2-Sieg im Giuseppe Meazza (Viertelfinal-Hinspiel in der Champions League 2010/11, d. Red.). Die Konstellation war besonders, auswärts beim amtierenden Champions-League-Sieger. Ich hatte vorher eine Weile nicht gespielt, stand dann von Anfang an auf dem Platz. Es war ein brutales Spiel, erst ein früher Rückstand, dann ein verdienter Sieg. Für die Außenwelt ist das wahrscheinlich die Nummer eins.

Ich habe so viel gesehen, so viele Erfahrungen gemacht – das hätte ich mir nie erträumen können.
Hans Sarpei

Und für Sie?

Das WM-Viertelfinale, die Niederlage mit Ghana gegen Uruguay. Als afrikanisches Team in Afrika. Wir haben zwar verloren, aber gut gespielt und hatten Chancen aufs Halbfinale. Wir hätten Tore machen müssen, das ist uns leider nicht gelungen. Im Elfmeterschießen sind wir dann leider ausgeschieden. Für mich war es das Highlight meiner Karriere.

Wie wurde aus Hans Sarpei, dem Fußballer Hans Sarpei, die Kultfigur?

Das hat sich über Social Media entwickelt, mit viel Humor und sich selbst und alles nicht so ernst nehmen. Die Leute haben das gefeiert, durch dieses Miteinander hat sich das entwickelt. Für mich war es der Start für die Karriere nach der Karriere, ich konnte für viel Aufmerksamkeit sorgen – auch wenn Social Media damals noch nicht so ein richtiges Business war wie heute.

Sie hatten mit „Das T steht für Coach“ eine eigene TV-Sendung.

Ein ähnliches Format wird auch wieder kommen, diesmal live und via Youtube und Twitch. Ich möchte für einen Tag raus zu Fußballteams gehen, egal ob Jugend oder Erwachsene, und den Spielern und Trainern etwas mitgeben und einfach Spaß haben.

Haben Sie Ambitionen, hauptamtlich eine Mannschaft zu trainieren?

Ich weiß nicht, ob ich mal eine komplette Mannschaft übernehmen werde. Aktuell veranstalte ich in den Schulferien Fußballcamps in Rodenkirchen, Kerpen und Leverkusen-Bürrig und gebe Individualtraining für Jugendliche und Erwachsene.

COLOGNE, GERMANY - JUNE 05:  Hans Sarpei and Kathrin Menzinger celebrate after winning the award during the final show of the television competition 'Let's Dance' on June 5, 2015 in Cologne, Germany.  (Photo by Andreas Rentz/Getty Images)

2015 gewann Hans Sarpei zusammen mit Tanzpartnerin Kathrin Menzinger die RTL-Show „Let's Dance“.

2015 haben Sie die RTL-Show „Let’s Dance“ gewonnen. Sind Sie dem Tanzen treu geblieben?

Nein, nicht wirklich. Ich versuche bestimmte Tanz-Elemente bei den Fußballcamps einzubauen. Bestimmte Fußball-Bewegungen muss man auch beim Tanzen beherrschen. Darum ist es gut, wenn die Jugendlichen ein paar Schritte beherrschen.

Hans Sarpeis Neffe Kingsley spielt bei Fortuna Köln

Sie sind der Fortuna nicht nur durch Ihre Vergangenheit verbunden, sondern auch familiär. Ihr Neffe Kingsley steht beim Verein unter Vertrag. Er war zuletzt schwer verletzt, was trauen Sie ihm in der nächsten Saison zu?

Er muss angreifen. Von den Fähigkeiten her bringt er viel mit. Schnelligkeit, Dynamik, Dribbling. Über solche Fähigkeiten verfügen sogar in der 1. und 2. Bundesliga nicht viele Spieler. Aber das musst du am Ende natürlich auf den Platz bringen. Du musst klar sein und viel arbeiten. Ich sehe ihn da schon – aber auch er ist noch ein junger Mensch. Die Anlagen alleine reichen nicht. Er muss auch neben dem Platz die richtigen Entscheidungen treffen. Da steht niemand ständig an seiner Seite und hilft ihm. Er muss seinen eigenen Weg gehen – auch wenn sein Nachname da Fluch und Segen ist, weil er ihm natürlich ständig begegnet.

Was trauen Sie der Fortuna zu?

Schon diese Saison ist mit Blick auf den schlechten Saisonstart sehr ordentlich. Sie haben sich gut gefangen. Für ganz oben hätte es aber auch mit einem Super-Start nicht gereicht, dafür ist Preußen Münster zu weit weg. Jetzt geht es darum, den Kern der Mannschaft zu halten. So Spieler wie Dustin Willms oder Lars Lokotsch muss man natürlich halten, wenn man aufsteigen will. Sollte das gelingen, dann kann Fortuna oben angreifen.

Hans Sarpei trainiert bei Fortuna Köln die U19, 18.04.2023, Bild: Herbert Bucco

Hans Sarpei trainiert bei Fortuna Köln einmal pro Woche den Nachwuchs.

Zur Person

Hans Sarpei (46), geboren in Tema (Ghana), wuchs in Köln-Chorweiler auf und spielte in seiner Jugend unter anderem für Ford Niehl und Preußen Köln. Im Senioren-Bereich kam er über Winfriedia Mülheim und Siegburg 1999 zu Fortuna Köln, wo er Profi wurde. Anschließend folgten Engagements beim MSV Duisburg, VfL Wolfsburg, Bayer 04 Leverkusen und Schalke 04. Mit den Gelsenkirchenern gewann der Defensivspieler 2011 den DFB-Pokal. Für Ghana absolvierte Sarpei 36 Länderspiele und nahm als Stammkraft an der WM 2010 in Südafrika teil. 2015 gewann der Fußballer die RTL-Tanzshow „Let’s Dance“. Heute leitet der 46-Jährige Fußballcamps u.a. für Kinder und Jugendliche und bietet Individualtraining an.