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Kommentar

Rechtsextremer Jubel von Demiral
Warum die Strafe für den Wolfsgruß alternativlos ist

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Lesezeit 3 Minuten
Doppeltorschütze im Achtelfinale: Merih Demiral feiert seinen zweiten Treffer gegen Österreich mit dem faschistischen Wolfsgruß – nun wurde der Verteidiger von der Uefa gesperrt.

Doppeltorschütze im Achtelfinale: Merih Demiral feiert seinen zweiten Treffer gegen Österreich mit dem faschistischen Wolfsgruß – nun wurde der Verteidiger von der Uefa gesperrt.

Die Sperre gegen Merih Demiral nach dem rechtsextremen Wolfsgruß ist richtig – das ändert auch das Gepolter türkischer Historiker nicht.

Zwei Spiele Sperre, so lautet das Uefa-Urteil für den türkischen Achtelfinal-Doppeltorschützen Merih Demiral. Bereits im Vorfeld hat die Ermittlung um den faschistischen „Wolfsgruß“, den der Verteidiger als Jubelgeste verwendet hatte, für reichlich Wirbel gesorgt. Bis zum Anpfiff des Viertelfinales am Samstag, zu dem sich nun sogar der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan angekündigt hat, dürfte die Debatte nun nur noch schriller werden.

Türkische Medien hatten sich in den letzten Tagen bereits insbesondere auf Deutschland eingeschossen. Von einer Kampagne war da die Rede, nachdem Bundesinnenministerin Nancy Faeser eine Strafe für Demiral gefordert hatte. Von „Ausländerfeindlichkeit“ und „Rassismus“ schrieben die türkischen Zeitungen und kramten Historiker hervor, die Deutschland an die eigene dunkle Geschichte meinten erinnern zu müssen.

Faschistischer „Wolfsgruß“: Vergleichbar mit dem Hitlergruß

Doch die Bedeutung des „Wolfsgruß“ ist unumstritten. Die Geste ist kein harmloses Symbol für die Türkei, wie Demiral und die Regierungskoalition in Ankara bestehend aus Erdogans rechtskonservativer AKP und der offen rechtsextremen MHP, dem politischen Arm der „Grauen Wölfe“, es darzustellen versuchten.

Der „Wolfsgruß“ sei vergleichbar mit dem Hitlergruß, sagte die frühere SPD-Abgeordnete Lale Akgün dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Auch türkische Sportjournalisten, so berichtet es der „Spiegel“, sehen im „Wolfsgruß“ ein klares Bekenntnis zu den faschistischen „Grauen Wölfen“, die auch in Deutschland viele Anhänger haben – und deren Verbot nun erneut in den Fokus rücken dürfte.

Keine Politik im Stadion?

Das wäre richtig, so wie es die Sperre für Demiral auch ist. Und nein: Die Fraktion „Keine Politik im Stadion“ braucht gar nicht erst zu frohlocken. Diese Forderung kommt traditionell nämlich vor allem aus den Reihen, deren politische Ansichten im Stadion schlichtweg nicht erwünscht sind. Politik im Stadion, die gab es immer und wird es immer geben. Es darf nur keine extremistische sein – und die Entscheidung darüber fällt auf dem Rasen so leicht wie daneben.

Fußball kann Menschen verbinden wie kaum eine andere Sportart. Ob Nationalität, Beruf, Glaube oder Lieblingsessen – all das ist in der Fankurve egal. Im Clubfußball gilt das noch mehr als bei Länderspielen, bei denen die Herkunft naturgemäß dann doch in den Fokus rückt. Dass die aber kein trennendes Element sein muss, wissen alle, die sich in den letzten Wochen in die Menschenmassen gestürzt und mit Schotten, Rumänen und natürlich auch den vielen türkischstämmigen Menschen in Deutschland rauschende EM-Partys gefeiert haben.

Sperre von Merih Demiral ist alternativlos

Gerade weil das auch in Zukunft so sein soll, gab es außer einer Sperre für Demiral keine andere Option. Wer am Jahrestag eines der größten rechtsextremen Massaker der türkischen Geschichte den „Wolfsgruß“ zeigt, ist entweder politisch davon überzeugt und möchte ein klares Zeichen an die von der rechtsextremen Gewalt in der Türkei betroffenen Minderheiten schicken – oder ist schlichtweg ignorant. Beides hat Strafe verdient.

Denn während vereinende Botschaften wie der von den Fußballverbänden aufgenommene Kampf gegen Rassismus natürlich auch als Politik im Stadion geäußert werden dürfen, kann weder auf noch neben dem Rasen Platz für rechtsextreme Gesten und ultranationalistische Politik sein.

Die Toleranten können die Intoleranz nicht tolerieren

Der Grund dafür ist simpel – und altbekannt. „Wir sollten eine Aufforderung zur Intoleranz und Verfolgung als ebenso verbrecherisch behandeln wie eine Aufforderung zum Mord, zum Raub oder zur Wiedereinführung des Sklavenhandels“, wusste Karl Popper bereits 1945. Die Toleranten können die Intoleranz nicht tolerieren.

Wenn türkische Historiker also unbedingt über die deutsche Geschichte reden wollen, sollten sie bei dieser zentralen Lehre daraus anfangen. Und für alle, die mit dem „Wolfsgruß“ so wenig anfangen können wie die Uefa, gilt von ganzem Herzen: Viel Erfolg im Viertelfinale gegen die Niederlande. Möge es die nächste große EM-Party werden – zusammen, genau wie König Fußball es will.