„Ein Traum ist wahr geworden“Spanische Mannschaft zurück in der Heimat – Madrid feiert EM-Helden

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Das spanische Team ist von der EM in Deutschland in die Heimat zurückgekehrt.

Das spanische Team ist von der EM in Deutschland in die Heimat zurückgekehrt.

Am Montag geht die Party unvermindert weiter und erreicht ihren Höhepunkt in der spanischen Hauptstadt.

Diesmal ging auch bei den Feierlichkeiten nichts mehr schief. Das Dach des Berliner Olympiastadions leuchtete am späten Sonntagabend während der Siegerehrung in Rot und Gelb. König Felipe VI. gratulierte auf dem Rasen sichtlich stolz den spanischen Fußballhelden. Und Lamine Yamal, der grandiose Teenager, tanzte mit dem Cowboyhut in den Landesfarben, küsste den silbernen Sieges-Pokal und filmte die einzigartigen Momente.

Diesmal störte kein Funktionär die rauschende Party. Denn vor einem Jahr hatte den WM-Triumph der spanischen Fußballerinnen in Australien der mittlerweile zurückgetretene spanische Verbandspräsident Luis Rubiales gesprengt, als dieser völlig übergriffig während der Siegerehrung die Spielerin Jennifer Hermoso auf den Mund geküsst hatte, was einen handfesten Skandal auslöste. Doch diesmal, an diesem lauwarmen Abend in der deutschen Hauptstadt, war einfach nur pure Freude angesagt. Die Freude über den vierten Europameistertitel der „Furia Roja“, den diese mit einem 2:1-Sieg im Finale gegen England perfekt gemacht hatte.

Spanische Nationalmannschaft in Madrid von Zehntausenden empfangen

Am Montag geht die spanische Party unvermindert weiter und erreicht ihren Höhepunkt, wenn die Nationalmannschaft nach ihrer Rückkehr aus Deutschland am Nachmittag in Madrid von Zehntausenden empfangen wird und mit einem Bus triumphierend durch die Hauptstadt fährt. Ziel ist die Plaza de Cibeles im Zentrum der Stadt. Danach folgten weitere Empfänge: Beim König im Zarzuela-Palast, beim Ministerpräsidenten Pedro Sanchez. Ein Land im Glücksrausch.

„Ein Traum ist wahr geworden“, sagte Yamal, das Supertalent, das erst am Samstag seinen 17. Geburtstag gefeiert hatte. „Hoffentlich geht es so weiter mit unserer Nationalmannschaft – auch bei der Weltmeisterschaft“, sagte der 22-jährige Nico Williams, nachdem er sich die Trophäe für den besten Spieler des Finales abgeholt hatte. Die furios aufspielenden Flügelspieler hatten das Turnier geprägt. Nach ein paar Anlaufschwierigkeiten schließlich auch das Finale, in dem Williams nach genialer Vorarbeit von Yamal die Iberer in Führung gebracht hatte (47.). Für den Jungstar des FC Barcelona, der künftig von Ex-Bundestrainer Hansi Flick trainiert wird, war es bereits der vierte Assist im Turnier.

Palmer brachte England zurück – Wieder Pfiffe gegen Cucurella

Zwar kam England mehr oder weniger erneut aus heiterem Himmel durch das sehenswerte Tor des eingewechselten Cole Palmer ins Spiel zurück (73.), doch Spaniens Joker stach ebenfalls. Mikel Oyarzabal von Real Sociadad San Sebastian traf in der 86. Minute zum Sieg der Spanier. Die Vorarbeit leistete Marc Cucurella. Auch das passte zum Turnier, denn der 25-jährige Linksverteidiger, dessen Handspiel im Viertelfinale gegen Deutschland (2:1) nicht geahndet worden war, wurde auch während des Endspiels von den deutschen Fans bei jedem Ballkontakt ausgepfiffen. Ein unwürdiges, kleinkariertes Verhalten, auf das Cucurella die passende sportliche Antwort gab.

Nationaltrainer Luis de la Fuente hatte während der ganzen EM dem Chelsea-Profi das Vertrauen geschenkt, obwohl viele Experten eigentlich Leverkusens Meister Alejandro Grimaldo in der Startelf erwartet hatten. Dies war eine der vielen richtigen Entscheidungen des erfahrenen 63-Jährigen, der an dem viel kritisierten Kapitän Alvaro Morata festhielt und auch unbeirrt auf die Innenverteidiger Aymeric Laporte und Robin Le Normand baute, die nicht immer unkritisch gesehen wurden. Und dann hatte der Coach natürlich den Luxus, dass er auf den Ausfall von Pedri im Viertelfinale mit der Hereinnahme von Dani Olmo reagieren konnte.

Spanien-Trainer Luis de la Fuente: „Niemand hat uns etwas geschenkt“

Der Leipzig-Profi wurde zu einem der Stars des Turniers und überragte auch im Finale. de la Fuente sprach in der Finalnacht mehrfach davon, dass es ein „Privileg“ sei, mit diesen Spielern zusammenzuarbeiten, die er als Junioren-Nationaltrainer teilweise schon mehrere Jahre kennt. „Ich bin stolz, ich bin glücklich. Niemand hat uns etwas geschenkt.“ Und er weiß natürlich auch, dass die Perspektiven dieser Generation glänzend sind. „Ich denke, wir haben eine tolle Zukunft vor uns und können weiter Geschichte schreiben“.

Auf jeden Fall ist diese Generation ein würdiger Nachfolger der großen Sieger von 2008 bis 2012. Damals waren Xavi, Iniesta, Alonso, Busquets und Co. das Nonplusultra im Weltfußball, wurden 2012 Weltmeister und holten 2008 und 2012 den EM-Titel. Sie prägten eine Ära, doch ihre Nachfolger taten sich danach schwer, in die großen Fußstapfen zu treten. „Man spricht in Spanien immer von der vorigen Generation. Aber jetzt haben wir Geschichte geschrieben“, sagte Rodri, der überragende Taktgeber im Mittelfeld, der von der Uefa auch völlig zurecht zum besten Spieler des Turniers gekürt wurde.

Der Man-City-Profi war der Anführer einer Mannschaft, die nicht nur von den Blöcken der Weltklubs Real und Barca dominiert wird, sondern in jeglicher Sicht diverser daherkommt. Williams spielt wie Torhüter Unai Simon bei Athletic Bilbao, Oyarzabal wie der zur zweiten Halbzeit für Rodri ins Spiel gekommene Martin Zubimendi in San Sebastian. Und Olmo in Leipzig – noch jedenfalls.

Luis de la Fuente bemühte sich um eine Einordnung, die über den reinen Sport hinaus ging und vielleicht sogar etwas überhöht daherkam: „Diese Generation setzt ein Beispiel, es sind junge Spieler, die den Willen haben, die Mentalität, hart zu arbeiten. Es sind nicht einfach nur verwöhnte Jungs, sondern die, die alles geben. Diese Spieler sind ein Beispiel für die Gesellschaft, weil sie diese Werte prägen. Es wäre schön, wenn die Leute das verstehen würden, und wir den jungen Leuten zeigen könnten, was sie erreichen können im Leben“, sagte der Coach, der ankündigte, seinen Vertrag verlängern zu wollen. Der oft gescholtene spanische Verband wird aus dieser Absichtserklärung ganz sicher bald Fakten schaffen.