Giulia Gwinn und Laura FreigangDFB-Frauen drängen ins Rampenlicht
London – Es ist eine filmreife Kulisse, vor der die deutschen Nationalspielerinnen dieser Tage ihre Fernsehinterviews geben. Nach der offiziellen Pressekonferenz werden die Fußballerinnen auf die hölzerne Terrasse des Medienhotels geführt, wo die neuen Backsteinbauten im Londoner Stadtteil Brentford und die historischen Schleusenanlagen des Grand-Union-Kanal den Hintergrund bilden. Zwei Tage vor dem wichtigen ersten EM-Gruppenspiel gegen Dänemark (Freitag 21 Uhr/ZDF) haben mit Giulia Gwinn und Laura Freigang zwei besonders beliebte Gesichter das mediale Pflichtprogramm abgespult
„Es kribbelt schon sehr lange“, verriet Gwinn, die sich vor allem darüber freute, dass die Partie gegen den Vize-Europameisterin im Community Stadium von Brentford ausverkauft ist. „Das lässt das Fußballherz schon höher schlagen. Diese Atmosphäre wollen wir aufsaugen“, sagte die Rechtsverteidigerin. Die vorerst als Ersatzstürmern vorgesehene Freigang findet es ganz gut, dass der achtfache Europameister kein Topfavorit mehr ist. „Uns gibt das einen Push, ich mag diese Underdog-Mentalität.“
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Gwinn und Freigang repräsentieren das DFB-Team mit einem gewinnbringenden Lächeln. Die Verteidigerin (27 Länderspiele/3 Tore) und die Angreiferin (13/9) sind zudem diejenigen, die in der digitalen Welt die größten Reichweiten erzielen. Der Name Gwinn wird in den monatlichen Suchanfragen nach der von Meinungsführerin Schult am zweithäufigsten gesucht. Gwinn hat allein bei Instagram 268.000 Follower – absolute Spitze im deutschen EM-Aufgebot. „Die WM war bei mir der Dosenöffner. Es bleibt für mich eine Nebensache, mit der ich aber einiges bewegen kann.“
Freigang bricht mit selbst produzierten Filmchen gerade alle Rekorde: Der ironische Zusammenschnitt „Die Probleme der DFB-Frauen“ hat bei Instagram fast 450.000 Aufrufe, bei TikTok schießt mit 4,7 Millionen Abrufen ein Video durch die Decke, bei dem sich die Frauen- plötzlich in Männer-Gesichter verwandeln.
Nebenverdienst für Nationalspielerinnen
„Wir kämpfen ja um Anerkennung und mehr Aufmerksamkeit“, erklärt Freigang. „Mit diesen Clips kann ich ganz viele Leute auf einer lockeren Ebene abholen, die Frauenfußball vielleicht gar nicht auf dem Schirm haben.“ Zudem bringen die Social-Media-Aktivitäten, wie Gwinn verriet, auch einen netten Nebenverdienst.
Die Maßnahmen für mehr Sichtbarkeit sind vielfältig. Wichtig auch, dass seit Mittwoch in den Mediatheken bei ARD, Sky und Magenta TV die sehenswerte Frauen-Doku „Born for this – mehr als Fußball“ abrufbar ist. Gwinn blickt im ersten Teil der Dokumentation zurück, wie es in ihrem Knie geknackt habe, als sie sich im September 2020 im EM-Qualifikationsspiel gegen Irland das Kreuzband riss. Mehr als ein Jahr fiel die zur besten jungen Spielerin der WM 2019 gewählte Fußballerin vom Bodensee aus – und rückblickend sagt sie: „An der Verletzung bin ich gewachsen. Jetzt kann ich sogar die jüngeren Spieler ein Stück weit an die Hand nehmen.“
Sonst hätte ihr Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg auch nicht rechts hinten in der Viererkette anvertraut. Freigang will derweil von außen „unterstützen, wo ich kann“. Ihr Versprechen vom Podium vor den Medienvertretern: „Ich werde immer da sein, wenn man mich braucht.“