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Jägermeister, Kondome und Co.Die skurrilsten Trikotsponsoren der Fußball-Geschichte

Lesezeit 8 Minuten

Die Pioniere in Sachen Trikotwerbung: Eintracht Braunschweig hatten den Jägermeister-Hirsch auf der Brust.

Köln – Vor geraumer Zeit schmückten nur das Vereinswappen und die Rückennummer die Trikots der Spieler. Dies änderte sich in den 70er Jahren, nachdem die Wirtschaft das große Potenzial des Trikotsponsorings im Fußball für sich entdeckte.

Seitdem ist das Sponsoring aus der Fußballwelt nicht mehr wegzudenken – auch, weil die Vereine auf die finanziellen Einnahmen angewiesen sind. Die renommierten Klubs werben in den meisten Fällen für Marken und Konzere, die weltweit einen Namen haben und jede kennt.

Natürlich gibt es in der großen, weiten Fußballwelt aber auch die ein oder andere Ausnahme. Erst vergangenen Woche hat Carl-Zeiss Jena einen außergewöhnlichen Sponsor präsenteiert.

Die schrägsten und ungewöhnlichsten Beflockungen haben wir auf den nächsten Seiten zusammengestellt.

Eintracht Braunschweig machte den Anfang

Eintracht Braunschweig präsentiert ganz stolz die erste Trikotwerbung in der Bundesliga-Geschichte.

Am 24. März 1973 fing alles an. Vorher geriet der damalige Erstligist Braunschweig in finanzielle Nöte. Es mussten neue Geldquellen aufgetan werden. Eintracht-Präsident Ernst Fricke kam auf die verrückte Idee, das erste Trikotsponsoring in der Geschichte der Bundesliga einzuführen. Zusammen mit Günter Mast, dem damaligen Chef des Kräuterlikör-Herstellers „Jägermeister“, schmiedete er einen Plan, der noch bis heute ein fester Bestandteil des Fußballs ist.

Für 500.000 D-Mark kaufte sich Jägermeister die Rechte, auf der Brust der Niedersachsen mit einem Hirsch zu werben. Diese revolutionäre Idee stieß beim DFB auf wenig Gegenliebe, doch der größte Sportverband der Welt musste es so hinnehmen. Nur beim Ausmaß der Werbefläche setzte der DFB strenge Vorschriften fest: Höher als 14 Zentimeter durfte das Logo nicht sein.

Vor der Premiere in der Bundesliga wurde die Beflockung der Brust bis auf den Millimeter kontrolliert. Mit einem Zollstock überprüfte Schiedsrichter Franz Mengenmeyer aus München damals die Beflockung. Das Ausmaß des Geweihs entsprach aber den Vorschriften und die Dinge in Sachen Sportsponsoring nahmen ihren Lauf.

FC 08 Homburg hilft bei der Aufklärung

Der FC Homburg machte mit seiner Werbung für Kondome bundesweit Schlagzeilen.

Sportliche Erfolge hat der FC Homburg kaum vorzuweisen. Die glorreichste Zeit durchlebte der jetzige Regionalligist in den 80er Jahren. Insgesamt nur drei Spielzeiten kann der Klub aus dem Saarland in der 1. Bundesliga vorweisen – und spielte immer gegen den Abstieg.

In der Saison 1987/88 schaffte es Homburg trotzdem bundesweit in die Schlagzeilen. Damals machte der Verein auf den Trikots für den Kondom-Hersteller „London“ Werbung.

Der DFB ging auf die Barrikaden und sorgte dafür, dass der Schriftzug unkenntlich gemacht wurde. So musste ein schwarzer Balken herhalten, der die Aufschrift überdeckte. Dem Präservativ-Hersteller störte dies weniger gestört, da der Werbeeffekt durch die ständige Diskussion in der Öffentlichkeit noch verstärkt wurde.

Später überstimmte das Frankfurter Landesgericht den mächtigen DFB, so dass der „skandalöse“ Schriftzug ohne schwarzen Balken die Brust des FC Homburg zierte.

Borussia Dortmund lässt es qualmen

BVB-Spieler Carl Heinz Rühl präsentiert den Dortmunder Trikot mit Samson-Werbung.

In der Saison 1976/77 wurde die werbefreie Brust von Borussia Dortmund entweiht. Der erste Trikot-Werbepartner des BVB war ausgerechnet der holländische Tabakhersteller „Samson“. Auf Wunsch des finanzstarken Partners wurde sogar das traditionelle BVB-Vereinswappen abgeändert, indem beim DFB der Antrag gestellt wurde, den Löwenkopf in das Emblem zu integrieren.

Diese Vorhaben wurde auch umgesetzt. Im Gegenzug erhielten die Schwarz-Gelben jährlich die stolze Summe von 500.000 D-Mark, so wird gemunkelt.

Bei der Premiere der neues Dresses beim Ligaspiel gegen den 1. FC Saarbrücken ließ sich „Samson“ noch etwas ganz besonders einfallen. Als Antrittsgeschenk wurde den Dortmundern im Stadion ein echter Löwe übergeben, allerdings war das Raubtier nur wenige Wochen alt.

No Smoking bei West Bromwich Albion

Auch eine nette Idee: West Bromwich Albion mit dem Anti-Rauch-Zeichen.

Im Gegensatz zu Borussia Dortmund hatte West Bromwich Albion knapp ein Jahrzehnt später gute Absichten. Nachdem 1985 in der Premier League das Rauchverbot in den Stadien eingeführt wurde, setzte der Klub aus den West Midlands ein Zeichen. Mit dem No Smoking-Zeichen auf der Brust wollten die „Baggies“ auf die neuen Rauch-Verordnungen aufmerksam machen.

Traditionsverlust beim FC Barcelona

Fünf Jahre machte der FC Barcelona für das Kinderhilfswerk Unicef Werbung.

107 Jahre hatten die stolzen Katalanen es nicht nötig, ihre majestätische Brust aus kommerziellen Gründen zu verkaufen. Seit der Gründung 1899 verzichtete der FC Barcelona auf Trikotwerbung. Dies änderte sich 2006, als ein Fünfjahres-Abkommen mit der Kinderhilfswerk Unicef vereinbart wurde. Finanzielle Gegenleistung erhielt Barcelona nicht - ganz im Gegenteil. Barca spendete jährlich 1,5 Millionen Euro an den Hilfswerk der Uno.

Nach Ablauf des Vertrages war der FC Barcelona aufgrund eines Schuldenbergs von über 500 Millionen Euro gezwungen, neue Geldquellen anzuzapfen. Mit der Fluggesellschaft Qatar Airways handelte der amtierende spanische Meister einen Megal-Deal aus, der jährlich über 30 Millionen Euro einbringt. Der Unicef-Schriftzug ist aber zumindest in einer verkleinerten Form erhalten geblieben. Es ziert jetzt den Rücken der Spieler.

Tote Hose bei Fortuna Düsseldorf

Campino trägt voller Stolz das Fortuna-Trikot.

Jeder Klub, der was auf sich hält, hat den ein oder anderen Edelfan als treue Gefolgschaft. Auch Vereine, die in den unteren Niederungen des deutschen Fußballs abgestürzt sind. So wie Fortuna Düsseldorf.

Die deutsche Punkrock-Band „Die Toten Hosen“ sind schon seit Jahrzehnten leidenschaftliche Anhänger der Fortuna. Und als die Fortuna Anfang des Jahrtausends mal wieder knapp bei Kasse war, sprangen Campino und Co. in die Bresche. Rund zwei Millionen Euro ließen es sich die Düsseldorfer kosten, dass der Totenkopf, das Markenzeichen der Band, auf dem rot-weiß-gestreiften Trikot prangert.

Das etwas andere Mannschaftsfoto: Neben den Spielern von Fortuna Düsseldorf durften auch die Bandmitglieder der Toten Hosen mit drauf.

Die Idee war übrigens nicht neu. Die Popband „Wet, Wet, Wet“ unterstütze Anfang der 90er ihren schottischen Heimatclub Clydebank auf die gleiche Weise.

Die Kreativität von Bayer Leverkusen

Bei der Werkself wurden die Trikots in der Not einfach mit der Aufschrift Werkself beflockt.

Nach der Pleite von Teldafax 2011 war Bayer Leverkusen gezwungen, die Phantasie spielen zu lassen. Im laufenden Spielbetrieb einen neuen Sponsor an Land zu ziehen, war kurzfristig nicht möglich.

Die Verantwortlichen kamen auf die verrückte Idee, den Spitznamen des Bundesligisten zu verwenden. Gesagt, getan. Bis zum Ende der Saison lief die Werkself mit der Aufschrift Werkself auf.

Drei Jahre später hat das Insolvenzverfahren mit Teldafax finanzielle Folgen für Bayer. Das Kölner Landgericht verdonnerte den Bundesligisten zu einer Rückzahlung von knapp 16 Millionen Euro plus Zinsen.

Spiderman vernetzt Atletico Madrid

Fernando Torres machte mit Atletico Madrid für den Blockbuster „Spiderman II“ Werbung.

Hollywood goes Atletico! Im Jahr 2004 hatte Atletico Madrid einen Sponsorenvertrag mit Paramount abgeschlossen. Beflockt wurde das Dress aber nicht mit dem Firmenzeichen der Filmproduktionsfirma, sondern mit dem gesamte Portfolio an Blockbustern.

Zu den Filmen zählten Spiderman 2, White Chicks, Hellboy und Resident Evil 2 u.a. Erstgenannter wurde schnell aus dem Verkehr gezogen, nachdem der spanische Ligaverband das Spinnendesign verboten hatte.

Atletico Madrid braucht das Geld

Für Aserbaidschan rührte Atletico Madrid die Werbetrommel.

Noch mal die Los Rojiblancos. Auch wenn Madrid ist die Hauptstadt von Spanien ist, macht der kleine Stadtrivale von Real Madrid seit Anfang 2013 Werbung für eine ganz andere Nation - gut bezahlt natürlich.

„Azerbaijan – Land of Fire“ prangert auf den Trikots von Atletico Madrid. Und allerspätestens seit dem Champions-League-Finale 2014 hat die ganze Welt den Namen des zentralasiatischen Staates wahrgenommen.

Hintergrund dieses Werbeengagement wird mit dem Ansehen des ölreichen Landes eng verknüpft. In der Tat ist es nicht zum Besten bestellt, Korruption und Wahlbetrug beherrschen die Region. Mit dieser Werbeidee will Aserbaidchan sein Image aufpolieren - und das hochverschuldete Atletico braucht jeden Cent.

Carl-Zeiss Jena zeigt ein Herz für Wale

Auf dem Auswärtstrikot von Carl-Zeiss Jena ist das Wappen von „Sea Sheperd“ zusehen.

Bei zukünftigen Auswärtsspielen von Carl Zeiss Jena könnte manch ein Zuschauer den Regionalligisten mit dem FC St. Pauli verwechseln. Der Grund für die Verwechslung hängt mit dem Totenkopf-Motiv auf dem dunklen Trikot zusammen. Jena wirbt ab sofort in der Fremde für die Anti-Walfang-Organisation „Sea Sheaperd“.

Die Umweltaktivisten kämpfen seit Jahren auf allen Weltmeeren gegen die Abschlachtung von Meeressäuger. Besonders im Arktischen Ozean liefern sich die Meeresschützer eine erbarmungslose Schlacht gegen die übermächtige Wahlfang-Flotte der Japaner. Angeführt wird die radikale Bewegung von Greenpeace-Gründungsmitglied Paul Watson, der vor Jahren bei Greenpeace wegen seiner rabiaten Einstellung rausflog.

Die alles möglich macht die aus Thüringen stammende und international erfolgreiche Heavy-Metal-Band „Heaven Shall Burn“, die Anfang Mai einen Deal mit Jena abschlossen hat. Bei den Heimspielen wird auch weiterhin der Bandname das Leibchen zieren.

Arsenal verscherzt es sich mit den Italienern

Fans des FC Arsenal

Sega ist ein japanischer Softwareriese, der in der 90er Jahren um die Gunst der Gamer auf dem Videospiel-Markt mit Sony und Microsoft kämpfte.

Um sich in Europa zu etablieren, wurde der Londoner Klub FC Arsenal für das Trikotsponsoring auserkoren. Soweit so gut. Nur in Italien kam das nicht so gut an. Warum?

Das Wort Sega steht im umgangssprachlich italienisch für Mastrubation. Und so waren die Gunners gezwungen, ihr Dress für die internationalen Spiele umzugestalten. „Dreamcast“, eine nagelneue Spielekonsole von Sega, war die Lösung für das internationale Parkett.

Die peinliche Zypern-Nummer des 1. FC Köln

Aufmerksam blättert der damalige FC-Präsident Wolfgang Overath durch die Broschüre.

Der 1. FC Köln wollte im Sommer 2005 beim Sponsoring ganz neue Wege gehen. Gerade hatte sich das Bundesliga-Gründungsmitglied zurück ins Oberhaus gekämpft, wollte der FC nicht für ein Produkt werben, sondern gleich für ein ganzen Land: Zypern (siehe Atletico). Die drittgrößte Insel im Mittelmeer wollte sich auf dem deutschen Markt etablieren. Eigentlich eine geniale Idee, da die Deutschen bekanntlich als Reiseweltmeister gelten.

Doch der Deal mit der zyprischen Investorengruppe „Satena-Holding“, der dem FC geschätzte 4,3 Millionen jährlich einbringen sollte, platzte. Das Präsidium um Präsident Wolfgang Overath war auf einen Hochstapler reingefallen, der falsche Tatsachen vorgab. Der zypriotischen Tourismusbehörde war das Unternehmen nicht bekannt. Eine anschließende Genehmigung scheiterte.

Da war die Welt rund um den Dom noch in Ordnung: Das FC-Präsidium bei der Sponsorenvorstellung.

Ans Tageslicht kam die peinliche Posse aber erst nach der prunkvollen Präsentation im Schatten des Kölner Doms. Zwischen weißem Sand und antiken Säulen wurden auch Visitenkarte von Santena an die Journalisten verteilt. Und nachdem ein WDR-Reporter in Nikosia recherchierte, dass die Firma nur auf dem Papier existiere, flog der Schwindel auf. Anschließend ermittelte sogar die Polizei auf Zypern gegen die Holding.

Auch hierzulande verlief die Fahndung nach den Hochstaplern ergebnislos. Bei einer angegebenen Büro-Adresse in Mönchengladbach, die in einem Wohngebiet liegt, fanden sich weder Klingelschild noch Briefkasten.