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Kölner MLS-Profi Löffelsend„Da können nicht viele Bundesligisten mithalten“

Lesezeit 7 Minuten
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Leistungsträger der Pittsburgh Panters: Jasper Löffelsend 

KölnHerr Löffelsend, Sie wurden als einziger Deutscher im Draft der US-Profi-Fußballliga MLS ausgewählt und von Real Salt Lake City verpflichtet. Ende Februar werden Sie in die Saison starten. Wie fühlt man sich als frischgebackener Fußballprofi?

Zu sagen, dass ich ein professioneller Fußballspieler bin, hört sich noch sehr komisch an. Aber es ist eine coole Chance. Etwas, worauf man sehr, sehr lange gewartet und hingearbeitet hat. Wie gut ich diesen Sprung aufs nächste Level hinbekomme, bleibt abzuwarten. In Deutschland wäre es so etwas wie der Wechsel aus einem U-23-Team in die erste Mannschaft.

Drafts kennt man auch aus Sportarten wie American Football oder Basketball. Dort sind es in der Regel gewaltige Veranstaltungen, in denen die Stars von morgen auf die Bühne geholt und ins Trikot ihres neuen Klubs gesteckt werden. Wie ist es bei Ihnen gelaufen?

Corona-bedingt wurde der Draft virtuell durchgeführt. Ich saß zu Hause in Bergisch Gladbach mit meiner Familie und meinen Freunden vor dem Fernseher, wir haben uns einen schönen Abend gemacht und mitgefiebert. Gegen halb 2 in der Nacht war es dann soweit.

Zur Person

Jasper Löffelsend (24), geboren in Köln, kommt aus der Jugend des TV Herkenrath und spielte in der Mittelrheinliga und Regionalliga West für Herkenrath, Straelen, Bonn und Hennef. 2020 wechselte der Rechtsverteidiger von Wegberg-Beeck an die Universität Pittsburgh. Beim College-Team, den Panthers, fiel Löffelsend durch gute Leistungen auf, wurde Kapitän und zweimal zum „Defensivspieler des Jahres“ und zweimal in ein Allstar-Team gewählt. Beim MLS-Draft 2022 wurde er als einziger von sechs angemeldeten Deutschen ausgewählt, als 80. von 89 Spielern. Bei Real Salt Lake City ist Löffelsend inzwischen Stammspieler. (ckr)

Wie sicher waren Sie, dass ein Verein Sie auswählen würde?

Gerade als internationaler Spieler ist es schwierig, sie machen nicht einmal zehn Prozent der Spieler im Draft aus. Das liegt daran, dass die MLS-Teams nur begrenzt Plätze im Kader für Ausländer haben. Und in der Regel möchten die Teams diese Plätze dann für gestandene Profis nutzen. Beispielsweise aus Osteuropa oder der Zweiten oder Dritten Liga in Deutschland. Bei College-Spielern gibt es immer das Fragezeichen: Wie wird er sich bei den Profis machen? Das ist ein Risiko, das viele Teams nicht bereit sind, einzugehen. Wegen meiner Erfolge mit dem Uni-Team und meiner persönlichen Statistiken war ich aber zuversichtlich, dass man mich auswählen würde. Sicher kann man nie sein – und man kann immer tief fallen.

Dass Salt Lake City eine Ausländer-Lizenz an Sie vergibt, ist ein Vertrauensbeweis.

Auf jeden Fall. Es spricht dafür, dass ich eine Chance bekomme. Es wäre sehr teuer für das Team, mich in der Reserve-Mannschaft unterzubringen.

Was wissen Sie über Salt Lake City?

Noch relativ wenig. Ich weiß, dass es in Utah liegt und es eine Olympia-Stadt ist. Man kennt sie vom Namen her und das Team. Sie haben mit Bobby Wood (früher HSV, d. Red) und Damir Kreilach (früher Union Berlin, d. Red) zwei ehemalige Zweitliga-Spieler. Da hab ich schon Kontakt aufgenommen, dass sie mich ein bisschen unter ihre Fittiche nehmen. Ansonsten ist Salt Lake City sicher nicht das typische Reiseziel in den USA. Aber ich habe die Hoffnung, dass es mit den Bergen drumherum naturverbunden ist. Und man sich schnell heimisch fühlen kann, Salt Lake City hat nur etwa 200.000 Einwohner. Los Angeles oder so hätte mich mit seinen Eindrücken vielleicht erschlagen, dort wäre ich sicher untergegangen.

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Sie hätten statt in Salt Lake City theoretisch auch in New York, Vancouver oder Austin landen können.

Das stimmt, aber das macht es auch irgendwie spannend. Letztlich kommt es ohnehin auf das Team und auf den Trainer an, wie man aufgenommen wird und wie man sich zurechtfindet. Da kann die Stadt noch so schön oder noch so schrecklich sein.

Im Basketball oder im American Football soll der Draft für mehr Gerechtigkeit sorgen, weil nicht alle Top-Talente bei einem Team landen. Der Letzte der abgelaufenen Saison darf als Erster einen Spieler auswählen.

Das System finde ich gut, es sorgt für einen fairen Transfermarkt. Es ist nicht möglich, dass ein Team mit einem großen Sponsor im Rücken hingeht und die fünf größten Talente wegkauft. Man muss seinen Pick abwarten. Im US-Fußball spielt der Draft allerdings noch keine so gewaltige Rolle. Im Basketball und Football sind die Top-Talente der ganzen Welt in der Regel schon an Colleges untergebracht und dann auch beim Draft dabei. Die können bei den Profis dann auch schon den Unterschied machen. Dieses Niveau gibt es beim Fußball noch nicht, da sind die Top-Talente meistens in Europa.

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Jasper Löffelsend im Trikot der Pittsburgh Panthers

2020 sind Sie vom FC Wegberg-Beeck an die Universität Pittsburgh gewechselt und haben als Stipendiat für die Panthers gespielt.

Es war eine spannende Erfahrung, ich konnte ins Profi-Dasein reinschnuppern, der Fokus liegt auf dem Sport. Die Bedingungen in den USA sind extrem professionell. Die Universitäten sind wie große Unternehmen, die viel Geld in ihre Sportler stecken. Es wird erst einmal dafür gesorgt, dass Studium und Training nicht miteinander kollidieren. Dann haben wir moderne Trainingsstätten. Jeder hat einen Ernährungsplan, vor den Einheiten wird Frühstück für dich vorbereitet. Es gibt einen eigenen Kino-Saal für Videoanalysen von unseren Spielen und dem nächsten Gegner. Was dir in den USA an den Universitäten angeboten wird – da können nicht viele Nachwuchszentren von Bundesligisten mithalten.

Welchen Stellenwert hat College-Sport in den USA?

Du spielst für deine Universität, es gibt einen großen Zusammenhalt und sehr großes Interesse. Du genießt ein großes Ansehen, man hat schon ein anderes Standing als „normale“ Studenten, man wird auf dem Campus als „Student Athlet“ erkannt. Es ist ein cooles Gefühl. Professoren versuchen, dir bei der Doppelbelastung von Studium und Sport zu helfen. Auch die Unterstützung der Fans ist enorm. In Deutschland geht man am Wochenende ins Stadion und unterstützt seine lokalen Teams. In den USA brennst du für deine Alma Mater. Unsere Basketballer haben in Pittsburgh vor 30.000 Leuten gespielt. Mehr, als in die Lanxess-Arena passen. Das Uni-Football-Team hat im Heinz Field, dem NFL-Stadion der Pittsburgh Steelers gespielt. Da gehen fast 70.000 Leute rein und es war regelmäßig ausverkauft. Unser Fußball-Team hat sich in den zwei Jahren, in denen ich dabei war, sehr gesteigert. Bis hin zu einem der besten Teams in Amerika mit über 4000 Zuschauern.

Löffelsend ist Fan von Bayer 04 Leverkusen

In Deutschland haben Sie in der Mittelrheinliga und der Regionalliga West gespielt. Wo steht der US-Fußball im Vergleich zu Deutschlands Fünfter und Vierter Liga?

Es ist schwierig einzuordnen, da es über 240 Universitäts-Mannschaften in verschiedenen Ligen gibt. Wir haben aber auf jeden Fall Mittelrhein- bis Regionalliga-Niveau. Die MLS kenne ich bislang auch nur aus dem Fernsehen. Aber sie würde ich mit der 2. Bundesliga vergleichen.

Aus Europa wechseln Fußballer in der Regel im fortgeschrittenen Alter in die USA. Ist ein umgekehrter Weg denkbar?

Wechsel in die großen Top-Ligen sind nur Einzelfälle und eher ungewöhnlich. Aber nach Österreich, Belgien oder die Niederlande – das ist sicher machbar.

Welchem Verein drücken Sie in Deutschland die Daumen?

Bayer 04 Leverkusen. Da wurde ich schon in der Kindheit geprägt, es war das erste Fußballspiel, das ich live im Stadion gesehen hab. In einer Familie voller Köln-Fans hab ich es damit aber nicht ganz leicht. Für den FC interessiere ich mich natürlich auch.

Theoretisch könnten Sie in den MLS-Playoffs auf Chicago Fire und den Ex-FC-Abwehrchef Rafael Czichos treffen.

Nach seinem Wechsel haben mir ein paar Freunde direkt geschrieben, dass ich doch jetzt auch nach Chicago müsste. Das wäre beim Draft ein lustiger Zufall gewesen. Es ist aber natürlich schön zu sehen, dass man so eine Ausländer-Lizenz bekommt wie Rafael Czichos als gestandener Bundesliga-Profi. Dann denkst du: So weit bist du jetzt gar nicht mehr weg. Du musst dich nicht verstecken. Es gibt einen Grund, warum du da bist, wo du bist. Es wird einen Grund geben, warum Salt Lake City glaubt, dass du ihnen helfen kannst.

Was sind Ihre Saisonziele?

Ich will den Sprung ins erste Team schaffen und, wenn es ideal läuft, Spielzeit bekommen. Wenn ich das schaffe und das in mich gesetzte Vertrauen rechtfertige, wäre das schon ein Riesen-Schritt. Viel mehr kann man in der ersten Saison nach dem College nicht erwarten.