KommentarNationalmannschaft bleibt trotz Flicks perfekter Ausbeute ein Rätsel
Köln – Deutschland hat als weltweit erste Nation ein Ticket für die Winter-WM in Katar gelöst. Das klingt erst einmal beeindruckend – driftet beim Blick auf die Gegner Liechtenstein, Island, Armenien, Rumänien und Nordmazedonien aber wieder in den Bereich des zwingend Erwartbaren. Bundestrainer Hansi Flick ist es zu verdanken, dass diese Quali-Kontrahenten zumindest keine größeren Stolpersteine mehr sind, wie sie es in der Schlussphase unter dem zunehmend lustlos wirkenden Joachim Löw waren. Die Handbremse scheint gelöst.
Doch kommt die DFB-Elf ins Rollen? Ist aus den fünf Flick-Spielen und -Siegen sowie den 18:1 Toren abzuleiten, dass Deutschland tatsächlich zu den WM-Favoriten zählt? Manuel Neuer und Kai Havertz hatten daran nach 45 effektiven Minuten gegen Nordmazedonien keine Zweifel gelassen. Von der nach den Turnier-Pleiten 2018 und 2021 selbst auferlegten Demut war nicht viel zu hören.
Hoffen auf starke Gegner in der Nations League
Dabei haben weder Spieler noch Trainer einen Anhaltspunkt, wie der Leistungsstand der DFB-Elf im Vergleich zu anderen Groß-Nationen ist. Teils leichte (Armenien, Island), teils eher mühsame (Liechtenstein, Rumänien, Nordmazedonien) Siege gegen zweit- bis drittklassige Teams geben darüber keinen Aufschluss. Auf dem Papier verfügt Flick über Weltklasse im Tor, dem zentralen Mittelfeld und allen Offensiv-Positionen mit Ausnahme des Mittelstürmers. Die Außenverteidigung bleibt mangels Spezialisten ein großes Experiment, auch das Abwehrzentrum muss sich noch finden. Von Timo Werner ist bekannt, dass er über alle notwendigen Qualitäten verfügt. Ebenso ist bekannt, dass er sie oft tief vergräbt. Ihn nachhaltig auf ein hohes Niveau zu bringen, ist eine von Flicks Herausforderungen.
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Dass der Trainer diese mit Bravour meistern kann, ist aus seiner Zeit beim FC Bayern hinterlegt, als er ein kriselndes Star-Ensemble übernahm und es mit Einfühlungsvermögen und einem neuen taktischen Schliff zu Ruhm und Titeln führte. Acht Profis von damals stehen nun in Flicks DFB-Auswahl, inklusive seiner Führungsspieler-Achse. Weil es beim DFB auch keinen dazwischenfunkenden Hasan Salihamidzic gibt, wirkt das Fundament für große Taten solide.
Jedoch braucht es Prüfungen, um seine Standfestigkeit zu testen. Die Hoffnung liegt ausgerechnet auf der zumindest in Deutschland ungeliebten Nations League, die im Juni 2022 startet und in der Gegner auf Augenhöhe warten.