Kommentar zur NationalmannschaftJoachim Löw ist gefangen im eigenen Kosmos
- Joachim Löw ist seit dem Weltmeistertitel eine Trainer-Legende, doch das schützt ihn nicht davor, Fehler zu machen.
- Und Löw macht im 15. Jahr in der Verantwortung Fehler: In der Aufstellung und Ausrichtung sowie im Umgang mit berechtiger Kritik zum Beispiel.
- Eine Weiterentwicklung der DFB-Auswahl ist nicht erkennbar. Dabei hat das Team vor allem in der Offensive viel Potenzial.
Zwar gelang der deutschen Nationalmannschaft im siebten Anlauf der erste Sieg in der Nations League überhaupt, überzeugend war die Leistung in der Ukraine allerdings wieder nicht. Und dies gegen einen personell zerrupften Gegner, der drei Tage zuvor mit 1:7 in Frankreich untergegangen war. Der Sieg resultierte aus einer Einzelaktion von Antonio Rüdiger und einem haarsträubenden Torwartfehler. Und er wirft erneut Fragen auf.
Man rätselt, warum Bundestrainer Joachim Löw gegen einen solchen Gegner nicht auf Dominanz setzt. In der Offensive hat seine Auswahl riesiges Talent und Fähigkeiten, in der Defensive weniger. Dennoch startete Löw mit fünf Defensiv-Spezialisten. Er nahm so seiner Offensive eine weitere Anspielstation. Der 60-Jährige sollte zudem einsehen, dass die Dreierabwehrkette nicht zu seiner Mannschaft passt und sollte zum Viererabwehrverbund zurückkehren.
Doch das ist ja das Problem bei Löw: Der Weltmeister-Trainer, dessen Verdienste keiner auch nur annähernd in Frage gestellt hat, wirkt zunehmend beratungsresistent. Wenn Ex-Stars wie Bastian Schweinsteiger, der Löw immer wohlgesonnen war, berechtigte Fragen stellen oder Zweifel anmelden, scheint das am Coach abzuprallen. Auf die Kritik von Rekordnationalspieler Lothar Matthäus – egal wie sie auch lanciert wurde – antwortete Löw arrogant. Es wirkt fast so, als lebe der Trainer in seinem eigenen Kosmos: „Wir wissen schon, was wir machen.“ Und: „Ich stehe über den Dingen.“ Dann ist ja alles gut...
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Es sind nicht nur die Ergebnisse, die nach dem WM-Debakel von 2018 nur noch selten stimmen. Noch misslicher ist, dass fast keine Weiterentwicklung zu sehen ist. Zehn Monate konnte die DFB-Auswahl wegen Corona kein Länderspiel absolvieren und sich Löw viele Gedanken machen, doch wenn das jetzt der Neubeginn sein soll, dann ist er schon arg dünn.
Der DFB hat gerade viele Probleme, für die Löw gar nichts kann. Doch dass man sich nicht mehr so richtig mit der Mannschaft identifizieren könne, wie es selbst Schweinsteiger formulierte, daran ist ihr Trainer sicher nicht ganz schuldlos. Löw hat seinen Platz in den Geschichtsbüchern sicher, das nimmt ihm keiner mehr, doch das schützt ihn auch nicht davor, im 15. Amtsjahr Fehler zu machen und bisweilen erschöpft zu wirken. Was auch absolut normal wäre.