AboAbonnieren

Hawk-Eye widerlegt SchiedsrichterAlexander Zverev scheitert nach fataler Fehlentscheidung

Lesezeit 4 Minuten

Alexander Zverevs großer Traum geht nicht in Erfüllung. Der deutsche Tennisstar verliert erneut ein großes Finale.

Alexander Zverev erstarrte regelrecht auf seiner Bank, der Blick leer und untröstlich, während der neue Sandplatzkönig Carlos Alcaraz im rot gefärbten Shirt in seine Box stürmte und ekstatisch feierte. Olympiasieger Zverev hat seine „historische Chance“ vertan, der Hamburger muss seinem Lebenstraum weiter hinterherjagen: Im emotionalen Finale der French Open gab der 27-Jährige eine 2:1-Satzführung noch aus der Hand und verlor nach 4:19 Stunden mit 3:6, 6:2, 7:5, 1:6, 2:6.

Auch Deutschland wartet damit weiter auf den ersten Grand-Slam-Triumph im Männer-Einzel seit Boris Becker vor 28 Jahren - während der erst 21-jährige Spanier Alcaraz das Erbe seines großen Landsmanns Rafael Nadal in Paris antritt.

Zverev-Niederlage: 1,2 Millionen Euro Preisgeld

In einem von Nervosität und bemerkenswert vielen Fehlern auf beiden Seiten geprägten Finale ließ Zverev nach dem US-Open-Endspiel 2020 auch seine zweite riesige Chance auf den großen Wurf ungenutzt. Er verpasste es damit, der erste deutsche French-Open-Sieger seit Henner Henkel 1937 zu werden. Becker, der in seiner Rolle als Eurosport-Experte von einer „historischen Chance“ für Zverev gesprochen hatte, und Michael Stich bleiben zudem die einzigen Deutschen, die in der Open Era seit 1968 eines der vier großen Turniere für sich entscheiden konnten.

Zverev, der seine vorherigen zwölf Matches gewonnen hatte und bereit schien für den Gewinn der Coupe des Mousquetaires, erhält als unterlegener Finalist 1,2 Millionen Euro Preisgeld. Alcaraz bekommt das Doppelte und sicherte sich zudem einen bemerkenswerten Rekord: Als jüngster Spieler der Geschichte gewann der 21-Jährige Grand-Slam-Turniere auf allen drei Belägen.

Zverev-Niederlage: Kostete Entscheidung des Schiedsrichters den Titel?

Zverev hatte alles gegeben für seinem Traum, auf dem Weg ins Endspiel bereits 19 Stunden und 27 Minuten auf dem Platz gestanden – mehr als jeder andere French-Open-Finalist seit genauer Erfassung der Matchdauer 1991. Am Sonntag kamen nochmal gut vier Stunden dazu.

Beide hatten auf dem mit 15.000 Zuschauern besetzten Court Philippe Chatrier zunächst massiv mit sich selbst zu kämpfen. Besonders aber der Deutsche brauchte Anlaufzeit. „Fehlstart für Zverev“, urteilte Becker: „Sascha muss aufpassen, dass der Zug nicht Fahrt aufnimmt.“

ROLAND GARROS PHOTOPQR/LE PARISIEN/Le Parisien / Arnaud Journois  PARIS  09/06/2024  TENNIS , ROLAND GARROS 2024 , SIMPLE MESSIEURS , COURT PHILIPPE CHATRIER 09/06/2024 / FINALE / CARLOS ALCARAZ vs ALEXANDER ZVEREV / PHOTO LE PARISIEN / ARNAUD JOURNOIS French Tennis Open in Roland Garros in Paris on June 9, 2024 *** Local Caption *** PARIS France PUBLICATIONxNOTxINxFRAxBELxSUIxUK Copyright: xPHOTOPQR/LExPARISIEN/MAXPPPxArnaudxJournoisx 20240609LPA1079 20240609LPA1079

Ein Kuss für den Pokal: Sandplatzkönig Carlos Alcaraz feierte nach dem Sieg ekstatisch.

Zumindest im ersten Durchgang konnte Zverev diesen Zug nicht stoppen. Wie schon im Halbfinale gegen den Norweger Casper Ruud schüttelte er sich aber in der Satzpause und spielte danach wie verwandelt. Die Aufschläge kamen verlässlich, auch bei langen Ballwechseln hatte er nun Vorteile.

Nach einem spektakulären Punkt im zweiten Durchgang beim Stand von 3:2 und eigenem Aufschlag jubelte Zverev erstmals ausgelassen und mitreißend. Die Faust kam nun immer wieder, auch sein Vater und Trainer Alexander senior auf der Tribüne wurde entspannter.

Im dritten Durchgang drehte Zverev ein 2:4 noch zum Satzgewinn, im vierten Satz war er dann wieder chancenlos, obwohl Alcaraz sich am linken Oberschenkel behandeln lassen musste. Es kam, was bei diesem Match kommen musste: Ein finaler Durchgang - alles oder nichts.

Zverev-Niederlage: Doppelfehler von Alcaraz nicht gewertet

Dabei hatte Zverev auch Pech mit einer Entscheidung des Schiedsrichters, der einen mutmaßlichen Doppelfehler von Alcaraz beim Stand von 1:2, 40:15 für Zverev nicht wertete und so ein Break für Zverev zum 2:2 verhinderte.

Zverev hatte den Ball im Aus gesehen. Stuhlschiedsrichter Renaud Lichtenstein jedoch gab den Aufschlag im Nachhinein gut - woraufhin der Alcaraz zwei neue Aufschläge bekommt. Zverev schafft das Break nicht. Doch dann folgt die Information des Hawk-Eye und sie zeigt: Der Aufschlag war im Aus.

Zverevs nun schon vierjährige „Reise“, wie er es nennt, geht weiter, nachdem er auch seinen 36. Anlauf bei einem Major nicht krönen konnte. 2020 hatte er sein erstes Grand-Slam-Endspiel in New York gegen den Österreicher Dominic Thiem nach 2:0-Satzführung verloren. 2022 wähnte er sich reif für den Grand-Slam-Triumph in Paris – ehe ihm im Halbfinale von Roland Garros gegen Sandplatzkönig Nadal die Außenbänder im rechten Sprunggelenk rissen.

Den nun 37 Jahre alten Spanier bezwang er in diesem Jahr gleich in der ersten Runde – dessen Landsmann und Thronfolger aber nicht. (tis, sid)