Ironman in den eigenen vier WändenJan Frodeno schwitzt für den guten Zweck
Köln – Seit Anfang der Woche ist Felix Rüdiger tagsüber nicht mehr dazu gekommen, Mahlzeiten einzunehmen oder mal aus dem Fenster zu schauen. Viel zu viel hatte er zu tun, Telefonate, skypen, Sponsoren akquirieren, Absprachen mit Jan Frodeno treffen, dem Triathlon-Weltstar, dessen Manager Rüdiger ist. Was aus einer Idee wurde, die Frodeno und Rüdiger mit Dan Lorang besprachen, dem Trainer des Athleten, hat sich zu einer veritablen Welle ausgewachsen, deren Größe stündlich zunimmt.
3,8 km Schwimmen, 180 km auf dem Rad, ein Marathon
Frodeno (38), gebürtiger Kölner, dreimaliger Gewinner des Hawaii-Ironman, der offiziellen Weltmeisterschaft, dazu Olympiasieger auf der Kurzdistanz von 2008, bestreitet am Samstag ab acht Uhr einen dieser Ultra-Triathlons – also 3,8 Kilometer Schwimmen, 180 Kilometer Radfahren und zum Abschluss noch einen Marathon zu Fuß. Und zwar bei sich daheim im spanischen Girona, gelegen 100 Kilometer nordöstlich von Barcelona. Somit in einem Land, das eine rigide Ausgangssperre verhängt hat, die es Frodeno derzeit nicht erlaubt, draußen zu trainieren.
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Parallel dazu möchte Frodeno Spenden sammeln, um Menschen zu helfen, die wegen der Corona-Pandemie in Not geraten sind. Das ist der eigentliche Zweck von Frodenos Aktion: „Dass sie so viele Menschen interessiert, davon bin ich begeistert. Für den guten Zweck ist das umso schöner“, sagt Frodeno dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Vor vier Wochen, „als das alles mit den Schließungen so langsam begann, habe ich noch gescherzt, dass ich eben bei mir zu Hause einen Wettkampf bestreiten muss. Tja, seitdem wurde die Idee immer konkreter“, sagt Frodeno. Trainer Lorang gab sein Okay: „Fand ich gut, den Plan.“ Und Felix Rüdiger begann mit der Arbeit im Hintergrund.
Wobei Frodeno nicht in einem Zimmer von Wand zu Wand läuft, durch den Garten mit dem Rad fährt oder in seinem kleinen Pool (neun Grad Wassertemperatur) 3,8 Kilometer schwimmt. Vielmehr bestreitet er seine Einheiten mit und auf klassischen Trainingsgeräten. Er wird 45 Minuten im Pool bei angeschmissener Gegenstromanlage schwimmen – „so lange brauche ich im Freiwasser im Schnitt für die 3,8 Kilometer“, erzählt Frodeno. Danach wird er auf der Rolle radeln und schließlich auf dem Laufband joggen.
Das Medieninteresse an Frodenos Dreikampf steigerte sich rasant ins Unermessliche. Rüdiger hat einen Livestream bei Facebook organisiert und auch ein Programm für gut zehn Stunden aufgelegt, denn so lange dauert Frodenos Aktivität. Es wird mit Till Schenk einen triathlonaffinen Kommentator geben, der Frodenos Kampf gegen sich selbst auf Englisch live kommentieren wird. Frodeno wird dabei auch Fragen beantworten. Zudem ist Rüdiger dabei, Prominente zu organisieren, die mit Schenk über Frodeno sprechen.
Zuschauer können Gegenstände und Events erwerben
Frodeno geht es am Samstag nicht um Rekorde oder Bestleistungen, vielmehr ist die Einheit ein Trainingsbaustein – allerdings ist offen, ob es in diesem Oktober den Ironman auf Hawaii geben wird. Viel wichtiger als der Sport ist Frodeno am Samstag aber der karitative Aspekt seiner Fron. Rüdiger organisiert eine Reihe von Dingen, die Interessenten während der zehn Stunden Frodeno-Time – und auch davor und danach – erwerben können. Etwa einen Trainingstag mit Frodeno in Girona, Tickets für ein Spiel von Bayern München, einen Tag in der Boxengasse von Mercedes bei einem Formel-E-Rennen oder eine Kopie von Frodenos Rennrad. Das sei übrigens schon verkauft, sagt Rüdiger, für 10.000 Euro, eine Summe, die Frodeno selbst auch zur Verfügung stellt.
Mit den Einnahmen möchte Frodeno diverse Einrichtungen unterstützen, mehrheitlich solche in Girona, denn dort gehe es den Menschen sehr viel schlechter als in Deutschland, sagt er. Langfristig sollen die Einnahmen zudem ein soziales Projekt finanzieren, das Kinder in Not sportpädagogisch unterstützt.
Über die Plattform Zwift ist es registrierten Nutzern auch möglich, Frodeno auf dem Rad zu begleiten, um sich temporär mit ihm messen zu können. Einen Ehrgeiz-Wettbewerb seiner virtuellen Gegner will Frodeno aber vermeiden.
An diesem Samstag wird sich Frodeno in seinem Fitnessraum auch mal mit einem Blick auf die nahen Pyrenäen ablenken. Sie mit dem Rad zu erklimmen, fehlt ihm gerade zwar, die Berge bei seinem Ironman daheim von seinem Fenster aus sehen zu können, ist aber gewiss eine besondere Motivation. Fast so, als wäre das alles ein echter Wettkampf, draußen, in der für ihn gerade so unerreichbaren Natur.