Kölner GolferinCaroline Kauffmann will von Marienburg in die Weltspitze
- Caroline Kauffmann beginnt mit 21 Jahren ein Leben als Profi-Golferin.
- Früh musste sie sich mit Jungs messen und ihre Widerstandsfähigkeit beweisen.
- Ihr Trainer Peer Sengelhoff traut der Kölner Sportstudentin den Sprung nach ganz oben zu.
Köln – Ein Hagelschauer zieht über das Gelände des Marienburger Golfclubs im Südwesten Kölns. An Abschläge und Putts ist nicht zu denken. Der Sturm würde die kleinen Bälle bis auf die nahe A 555 wehen. Caroline Kauffmann hat dennoch gute Laune. Die 21-Jährige hat sich Ende Januar für die Ladies European Tour (LET) qualifiziert und gehört damit als eine von sieben Deutschen zur Golf-Elite des Kontinents. „Mir war schon klar, dass ich das schaffen kann“, sagt sie selbstbewusst. Aber als sie nach drei Löchern der ersten Runde beim Qualifikationsturnier im spanischen La Manga schon vier Schläge über dem Platzstandard lag, schien der Traum noch in weiter Ferne. Doch dann riss sich die Kölnerin zusammen und gewann als Elfte unter 120 Teilnehmerinnen eine der 20 begehrten Tour-Karten.
Damit wird sich ihr Leben grundlegend verändern. Die Rückreise ins Rheinland wurde zum Zwischenstopp. Schon am Mittwoch fliegt Caroline Kauffmann nach Australien, wo die LET-Saison mit einem Turnier in der Nähe von Sydney beginnt. Im Golf nimmt man es mit den Kontinenten nicht so genau. Die europäische Tour wird ihre Spielerinnen im Laufe des Jahres auch nach Indien, Japan, Marokko, Südafrika und Saudi-Arabien führen. „Ich reise gern“, sagt die Kölnerin. Diese Neigung wird ihr im nächsten Jahr zugute kommen.
Als Caroline Kaufmann dem Golf-Lehrer Peer Sengelhoff zum ersten Mal begegnet, ist sie elf Jahre alt. Es deutet noch nicht viel darauf hin, dass aus ihr einmal eine Top-Athletin ihres Sports werden würde. Sie verbringt als Tochter eines Juristen-Ehepaares eine normale Jugend in Lindenthal, besucht das Apostel-Gymnasium, spielt auch Fußball bei der DJK Südwest. Und im Golf ist sie gut. Sie spielt es, seit sie sechs ist. „Ich bin durch meinen Papa dazu gekommen, der ist leidenschaftlicher Golfer“, sagt Caroline Kauffmann.
Gemeinsame Leistungsgruppe mit den Jungs
Peer Sengelhoff, der Head Pro des Marienburger Golfclubs und NRW-Stützpunkttrainer in einem ist, fiel eine Charaktereigenschaft der neuen Schülerin gleich auf: „Sie war unglaublich engagiert und zielstrebig, was für Mädchen in dem Alter eher untypisch ist.“ Es gab nur ein Problem: Die Leistungsgruppe bestand aus Jungs. Einen anderen Maßstab gab es nicht. „Die haben auf dem Platz auch viel gezockt“, erinnert sich Caroline Kauffmann, „Jungs hauen halt einfach drauf und machen sich nicht so viele Gedanken. Da habe ich früh den Ehrgeiz entwickelt, mitspielen zu können.“ Und weil Jungs gern die Muskeln spielen lassen und ihre Leistung in absoluter Weite messen, tat Caroline Kauffmann das auch. „Ihr langes Spiel ist ihre große Stärke“, sagt Sengelhoff, „sie hat Spaß daran, die Bälle gerade und weit zu schlagen.“
Die Gemeinschaft mit heranwachsenden Männern kann für eine junge Frau auch charakterbildend sein. „Jungs machen manchmal so ihre Späße untereinander“, erzählt Peer Sengelhoff beim gemeinsamen Gespräch im Klubheim, „und ich musste dann schon mal ein bisschen aufpassen, dass die Caro nicht alles hört, was die von sich geben.“ Caroline Kauffmann lacht laut und entgegnet: „Das hat mal besser und mal weniger gut geklappt.“
2017 deutsche Vizemeisterin der Frauen
Die Golferin aus Lindenthal hat ihre Widerstandsfähigkeit früh bewiesen. Bereits mit zwölf spielte sie in der Damen-Mannschaft des Klubs, achtete sehr auf Fitness und die Arbeit an den komplizierten Details des Sports. 2017 war sie schon deutsche Vizemeisterin bei den Frauen und ein Jahr später gewann sie die Berlin Open. „Caros große Stärke ist ihre Physis, nicht nur auf dem Platz. Ein Leben als Golf-Profi ist sehr anstrengend, mit vielen Reisen und Flügen. Das wird für sie kein Problem sein“, sagt der Trainer.
Schon auf der ersten Etappe des Profi-Lebens wird all das gefragt sein. Die 21-Jährige reist ganz alleine nach Australien und finanziert erst einmal alles selbst. Vor Ort wird sie bei einer Gast-Familie wohnen, die ihr vom Veranstalter zugewiesen wird. Für einen Caddy ist kein Geld da. „Ich werde meine Tasche selbst ziehen“, sagt die Kölnerin. Niemand wird sie bei der Bestimmung der Schlagdistanzen unterstützen, keiner bei der Schlägerauswahl beraten.
Das Gesamtpreisgeld der Australian Ladies Classic in Bonville bei Sydney beträgt 240.000 Euro. Bei einem ganz normalen Turnier der europäischen Männer beträgt die Dotierung mindestens das Zehnfache. „Mein Traum ist es, als Profispielerin von den Einkünften leben zu können, und mich vielleicht schon in der ersten Saison für eines der Major-Turniere zu qualifizieren“, sagt Caroline Kauffmann. Ihr Trainer ist da ziemlich zuversichtlich. „Ich traue ihr das absolut zu.“
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Peer Sengelhoff wird seine Musterschülerin künftig jedoch mehr aus der Ferne verfolgen müssen. Mindestens 18 Turniere auf vier Kontinenten wird Caroline Kauffmann in den kommenden neun Monaten spielen. Das Studium an der Sporthochschule wird vielleicht ein wenig zu kurz kommen, abbrechen will sie es aber nicht. „Für mich war der Gedanke immer wichtig, ein zweites Standbein zu haben“, sagt die Kölnerin, „vor ein paar Jahren hatte ich auf einmal hartnäckige Rückenschmerzen, da war mir klar: Es kann mit der Karriere ganz schnell vorbei sein.“
Das Studium an der Spoho erfüllt außerdem zwei wichtige Funktionen: Die körperliche sportliche Rundum-Schulung und die Heimatbindung. „Ich finde Köln schön und würde nicht freiwillig hier wegziehen“, sagt Kauffmann. Sie teilt auch die Hingabe der Einheimischen zum größten lokalen Fußball-Klub: „Da ich selbst gespielt habe, bedeutet Fußball etwas für mich. Und wenn ich Zeit hatte früher, war ich öfter bei FC-Heimspielen.“ Aber damit wird es vorerst nichts mehr werden.
Kein Karneval und kein Alkohol
Auch den Karneval wird sie verpassen. „Das ist ein wenig schade, aber richtig schlimm ist es für mich auch nicht, ich bin kein supergroßer Karnevalist“, sagt die Golferin. Ihr Trainer erklärt auch, warum: „Caro trinkt keinen Alkohol.“ Das Gefühl, für ihren Sport auf alles verzichtet und ihre Jugend verschwendet zu haben, hat Caroline Kauffmann allerdings nicht. „Da haben eher meine Eltern verzichtet, weil sie wegen meines Golfs kein freies Wochenende mehr hatten oder meine Schwester, weil ich oft nicht zu Geburtstagen und Feiern kommen konnte.“
Peer Sengelhoff hat mit den besten deutschen Golferinnen gearbeitet und die Starspielerinnen Caroline Masson (Gladbeck) und Sandra Gal (Düsseldorf) in die Top 50 der Weltrangliste begleitet. Er weiß, was für den Sprung in die Weltspitze nötig ist. Seiner aktuellen Musterschülerin traut er ihn auch zu. „Caro verfügt über außergewöhnliche athletische Fähigkeiten und den Drang, immer mehr lernen zu wollen. Sie ist nie zufrieden mit sich. Sie muss eher lernen, zu akzeptieren, dass sie gut ist, und ruhig zu bleiben.“
Es hätte für Sengelhoff auch die Chance gegeben, Caroline Kauffmann nach Australien zu begleiten. „Wir hätten das finanzieren können“, sagt der Trainer, „ich habe mir das überlegt, aber dann haben wir entschieden: Sie wird das alleine machen. Ich bin mir sicher: Caro schafft das.“