Das Aus des Trainers bei den Cologne Crocodiles führte zum Rückzug des Teams aus der GFL. Hier erklärt David Odenthal die Hintergründe.
Ex-Crocodiles-Coach Odenthal übt Kritik„Mir wurde per Social Media gekündigt“
Herr Odenthal, sind Sie vom Rückzug der Cologne Crocodiles aus der GFL überrascht worden? Oder haben Sie mit dem bitteren Ende gerechnet?
Ja und nein. Auch wenn es sehr selten ist, dass ein Cheftrainer so kurz vor der Saison entlassen wird, muss man seitens der Vereinsverantwortlichen nach so einer Entscheidung mit Chaos rechnen. Ich hätte vor sechs, sieben Wochen niemals gedacht, dass es die GFL 2023 ohne die Crocodiles gibt, speziell nach der Spielerpass-Deadline.
Trainerteam mit Generalstreik im Dezember
Man hätte spätestens nach unserem Generalstreik im Dezember damit rechnen müssen, dass sich die Spieler dennoch nicht vor den Karren spannen lassen. Der Kader wurde von Woche zu Woche dünner und die Spieler waren eher bereit, eine Spielsperre in Kauf zu nehmen, als mit den Vereinsverantwortlichen und dem neuen Trainerstab weiterzuarbeiten. Ab da war es leider nur noch eine Frage der Zeit, besonders nachdem die Cheerleader und auch die Zweite Mannschaft in 2022 den Verein verließen.
Die Vereinsführung gibt Ihnen die Hauptschuld dafür, dass die erste Mannschaft vom Spielbetrieb abgemeldet werden musste. Sie sollen zahlreiche ehemalige Spieler aktiv zu anderen Vereinen „vermittelt" haben oder Spielern angeboten haben, sie bei anderen Klubs unterzubringen.
Es ist schade, dass sie das so bewerten. Am 18. März 2023 hatten wir 82 Spieler beim Training und 106 Spieler insgesamt auf der Liste. Einen Tag später wurde mir per Social Media gekündigt. Bis heute hat niemand aus der Vereinsführung auch nur ein Wort mit mir gesprochen. Nach knapp 30 Jahren Cologne Crocodiles ist das wirklich schade. Wir leben in einer freien Gesellschaft, in der jeder eigenständig entscheiden kann, für wen und wo er 2023 spielen kann.
Die Spieler haben sich seit Wochen zu den Coaches, dem Betreuerstab und zum Verein in der GFL 2023 bekannt. Diese Grundlage wurde ihnen zum Teil sechs Wochen vor der Saison genommen. Mit den meisten Spielern waren wir Coaches seit Monaten in Kontakt. Ich habe nach meiner Kündigung mit fast allen Spielern gesprochen um mich zu verabschieden und angeboten, ihnen weiterhin zur Seite zu stehen.
Laufender Rechtsstreit zwischen Cologne Crocodiles und David Odenthal
Es war für alle ein schwerer Schlag und ich sehe es als meine Verpflichtung an, weiterhin offen und ehrlich mit den Spielern zu kommunizieren. Deshalb bin ich Trainer. Die Verantwortlichen und die neue sportliche Leitung hatten genügend Zeit, die Spieler zum Bleiben zu überzeugen. Das ist ihnen offensichtlich nicht gelungen.
Die Sogwirkung Ihrer Entlassung und der Weggang des restlichen Trainerstabes auf die Mannschaft hat der Vorstand offenbar völlig falsch eingeschätzt. Welche Gründe führte der Verein für Ihre Kündigung an?
Schwierig für mich darauf zu antworten, da es einen laufenden Rechtstreit gibt. Aber so viel kann ich sagen: In der nachgereichten Kündigung steht nichts mehr über vereinsschädigendes Verhalten oder ähnliches drin, wie es mir zu Beginn öffentlich vorgeworfen wurde.
Ein Vorwurf lautet, Sie sollen Spielern ohne Absprache finanzielle Versprechen gemacht haben, von denen der Vorstand nichts wusste und die er nicht einlösen wollte.
Auch das steht nicht in meiner Kündigung. Ich war in meiner Funktion als Head Coach immer der erste Ansprechpartner für alle Spieler. Seit Jahren wird das so praktiziert und ist auch in anderen Vereinen so üblich. Deren Wünsche wurden von mir dokumentiert und an den Vorstand weitergetragen. Daraus hat der Vorstand Verträge geformt und unterschrieben. Weitere verbindliche Vereinbarungen wurden ausschließlich vom Vorstand getroffen und gezeichnet. Hierzu gibt es, wie sich jetzt zeigt aus gutem Grund, eine lückenlose E-Mail-Dokumentation.
Ein Streitpunkt war die Budgetplanung des GFL-Teams. Warum gab es trotz eines vom Hauptsponsor eingesetzten Controllers immer wieder neuen Ärger ums Budget?
Für uns war das kein Streitpunkt mehr nach dem wegweisenden Gespräch mit der Vereinsführung und dem Hauptsponsor im Januar. Der Controller des Hauptsponsors WvM hat die Einhaltung des Finanzrahmens aus dem Januar-Konsens überwacht und stetig aktualisiert. Damit waren alle Beteiligten einverstanden.
Keine Flüge und nicht ausreichend Wohnungen für Importspieler
Das Problem kam auf, als seitens des Vorstandes, des erweiterten Vorstandes rund um Sportdirektor Dirk Ghadamgahi und den GFL-Beauftragten des Vorstandes Jens Kessler, für die Saison relevante Entscheidungen nicht umgesetzt wurden. Vier Wochen vor Ankunft der Imports hatten weder alle Spieler oder Coaches ihre Verträge, noch waren die Flüge gebucht oder ausreichend Wohnungen angemietet.
Besonders die letzten zwei Punkte wurden von mir an den Hauptsponsor herangetragen, der seit Januar als Vermittler unser direkter Bezugspunkt war. Wir sind mit der Bitte nach einer Lösung an ihn herangetreten, da ich keinen anderen Ausweg sah und der Vorstand nicht auf meine Nachfrage reagierte.
Der Hauptsponsor beraumte daraufhin ein lösungsorientiertes Treffen für den 19. März 2023 an. Ich sagte zu, der Hauptsponsor sowie sein Controller sagten zu, doch der Vorstand, Dirk Ghadamgahi und Jens Kessler sagten ab und feuerten mich stattdessen.
Es gab leider keine GFL-Vertretung im Vorstand, seitens des Vereins wurde sich an diese Auflage aus dem Januar-Meeting nicht gehalten. Alle sechs potenziellen Vorschläge aus der Elternschaft der Spieler oder dem verdienten Umfeld der Crocodiles wurden von Vorstandsseite – sowohl dem alten als auch dem designierten neuen Vorstand – geblockt, abgelehnt oder die Vorgeschlagenen haben selber abgelehnt, weil kein Einblick in die Aufgabe gewährt wurde. Somit mussten wir an den „vermittelnden“ Sponsor herantreten als Hilferuf, sonst hätten wir ohne Imports und Unterkünften dagestanden.
Offenbar gab es auch unterschiedliche Auffassungen zwischen Ihnen und dem Vorstand über die sportlichen Ziele der Herrenmannschaft?
Als Spieler und als Coach hat man das Ziel zu gewinnen. Wir wollten uns in der stärksten deutschen Football-Liga weiter etablieren, unsere Spieler entwickeln und nach dem Halbfinal-Einzug im vergangenen Jahr den nächsten Schritt gehen. Das Team wollte ein Wort bei der Vergabe des Titels mitreden und wir Coaches wollten ihnen den Rahmen bieten, sportlich erfolgreich zu sein.
So war es auch mit dem Hauptsponsor im Oktober 2022 abgesprochen, welcher sogar drei zusätzliche Sponsoren generiert hat, um dieses Ziel weiter zu verfolgen. Man muss hierbei sagen, dass Wolfgang von Moers mehr als nur Hauptsponsor ist. Er ist seit mehr als zehn Jahren in Strategie und Philosophie des Vereins sowie des Herren-Teams eingebunden.
Jahrelange Aufbauarbeit bei den Cologne Crocodiles zunichte gemacht
Sportdirektor Dirk Ghadamgahi hat 2021 nach dem verlorenen Viertelfinale gegen die Saarland Hurricanes vor dem Team eine Brandrede gehalten und vom Beginn einer neuen Dynastie gesprochen. Er hat damals Erfolge in den folgenden Jahren eingefordert und das Commitment des Vereins den Spielern und Trainern gegenüber bekräftigt. Darum ist es nicht verständlich, warum trotz der Einigung im Januar mit einem finanziell gesicherten Rahmen und einer sportlich so gut wie lange nicht aufgestellten Mannschaft, die Entscheidung getroffen wurde, Prozesse zu stoppen und den Cheftrainer zu entlassen.
Nach unserem Streik im Dezember musste den Verantwortlichen klar sein, dass diese Entscheidung so kurz vor der Saison Folgen haben würde. Wenn die Beteiligten plötzlich andere sportliche Ziele im Sinn hatten, hätten sie mich ohne großes Risiko mit einem ordentlichen Gespräch bereits im Oktober vergangenen Jahres entlassen und die Teamführung neu aufsetzen können.
Mein Bauchgefühl hat mir bereits im September gesagt, dass die Playoffs mehr Last als Freude für die Vereinsführung sind und dieses Gefühl hat sich dann im Dezember verstärkt. Sagen wir mal so: Wir und die meisten Mitglieder kennen die aktuellen Ziele der Vereinsverantwortlichen nicht. Weder auf sportlicher Ebene noch wohin es mit den Crocodiles insgesamt als Verein gehen soll.
Das haben die Jungs auf der Abschlussfeier auch gespürt, keiner vom Vorstand war vor Ort. Die Geschenke und Auszeichnungen für die Spieler haben wir durch Spenden finanziert. Das war sehr schade und wenig wertschätzend den Spielern, Staff und Coaches gegenüber, welche Großes geleistet haben.
Die jahrelange Aufbauarbeit des ehemaligen Vorstands um Präsident Markus Ley und der sportliche Aufbau der Herrenmannschaft durch Ihren Vorgänger Patrick Köpper und Sie ist binnen kurzer Zeit zunichte gemacht worden. Kann sich der Verein davon wieder erholen?
Patrick und Markus haben Unglaubliches geleistet und dafür bin ich sehr dankbar. Aber auch auf deren Expertise wurde im Nachgang leider nicht viel wert gelegt seitens der Vereinsführung. Es tut richtig weh zu sehen, was gerade passiert. Die Zukunft der Crocodiles hängt sicherlich maßgeblich davon ab, wie der Vorstand den GFL-Rückzug gegenüber dem Verband, den Fans und den Sponsoren begründet. Das Löschen von Social-Media-Posts und die selbst auferlegte, zweiwöchige Mediensperre helfen meiner Meinung nach da nicht.
Da alle beteiligten und möglichen Vorstandsmitglieder nunmehr nicht weiter kandieren möchten und für ihre vereinspolitischen Entscheidungen einstehen wollen, sehe ich große Schwierigkeiten. Für viele ehemalige Spieler, Trainer und Betreuer ist es nicht nachvollziehbar, dass so eine Entscheidung getroffen wird und jetzt, wo der Verein durch den Verlust der Ersten Herren wirklich Hilfe braucht, keiner der angekündigten oder aktuellen mehr kandidieren will.
David Odenthal braucht „erst einmal Abstand“
Im vergangenen Jahr sollen Sie ein Angebot aus der ELF (European League of Football) abgelehnt haben, als Coach nach Wien zu wechseln. Ist die Liga für Sie jetzt eine Option, oder nehmen Sie nach den turbulenten letzten Monaten eine längere Pause vom Football?
Zurzeit brauche ich erst einmal Abstand. Als Trainer muss man immer mit einer Entlassung rechnen, das gehört zum Geschäft. Aber die Art und Weise, wie das bei mir abgelaufen ist, muss man erstmal ordentlich verarbeiten und reflektieren. Ich bilde mich weiter und schaue mir natürlich an, was die anderen Teams so alles machen. Dafür liebe ich den Sport weiterhin viel zu sehr. Wenn die Rahmenbedingungen passen, würde ich zukünftig schon gerne wieder ein Team übernehmen. Ich bin offen, wenn ein Team eine Vision hat, seine Spieler entwickeln will und den sportlichen Erfolg im Blick hat.