In der ELF klafft sportlich und wirtschaftlich eine große Lücke zwischen den Teams. Bei den Kölnern sind viele entscheidende Fragen ungeklärt.
FootballCologne Centurions stehen nach mittelmäßiger Saison vor ungewisser Zukunft
In den im September beginnenden Playoffs der European League of Football (ELF) sind die Cologne Centurions einmal mehr nur Zuschauer. Eine ausgeglichene Saisonbilanz bewahrte die Kölner Footballer zwar davor, die dritte Spielzeit nacheinander mit mehr Niederlagen als Siegen zu beenden, aber nicht nur sportlich stehen die Centurions vor einer ungewissen Zukunft.
Bittere und hohe Niederlagen, unerwartete Erfolge gegen stärker eingeschätzte Teams, der verletzungsbedingte Ausfall von Schlüsselspielern und der Wechsel des Cheftrainers nach fünf Spieltagen: Die ELF-Saison 2024 hielt für die Centurions ein ständiges Auf und Ab bereit. Wie groß das Leistungsgefälle in der Dreiklassengesellschaft European League of Football ist, spürten nicht nur die Kölner beim 9:62 gegen Rhein Fire oder beim 7:57 gegen die Paris Musketeers.
Im vierten Jahr ihres Bestehens gibt es in der ELF ein großes Leistungsgefälle. Die vier Teams aus Düsseldorf/Duisburg (Rhein Fire), Stuttgart (Surge), Wien (Vikings) und Paris (Musketeers) dominieren die Liga nach Belieben und fahren regelmäßig Kantersiege ein. Dahinter formiert sich die Football-Mittelklasse mit Teams wie den Cologne Centurions, die immer noch stark genug ist, um die „sportlich armen Schlucker der Liga“ wie die Prague Lions, Fehévár Enthroners, Barcelona Dragons oder Helvetic Mercenaries meist deutlich zu bezwingen.
Tiefpunkt der Saison war die Partie der Barcelona Dragons, die beim 0:54 gegen München nach der ersten Halbzeit nicht mehr weiterspielten. „So etwas darf nicht passieren, dafür gibt es auch keine Entschuldigung“, fand ELF-Boss Patrick Esume. Die Spanier traten zum Rückspiel in der Folgewoche zwar an, verloren aber mit 0:90. „Das läuft massiv schief, wenn es so eine Diskrepanz innerhalb einer Liga gibt. Das hat damit zu tun, dass wir versuchen, im American Football den Transfer vom Amateurwesen zum Profitum hinzubekommen“, erklärte Esume.
Inzwischen werden Stimmen laut, die ELF sollte die Regeln ändern und zum Beispiel eine uneingeschränkte Anzahl europäischer Spieler in den Teams zulassen. Mannschaften aus Ländern mit geringem Potenzial einheimischer Spieler könnten so die schwächeren Positionen im Kader stärken und die Chance bekommen, auf die besten europäischen Talente zurückzugreifen. Auf diese Weise könne die Chancengleichheit in der Liga gesteigert werden und den aktuell schwächeren Teams womöglich eine höhere Chance zur Playoff-Teilnahme eröffnen.
Aufgrund der Nähe zum Champion Rhein Fire haben die Centurions beim Werben um die Topspieler aus der Metropolregion Rhein/Ruhr meist das Nachsehen. Selbst wenn sich die Centurions nach dem Wechsel von Jag Bal auf der Headcoach-Position insgesamt gefestigter präsentierten als noch unter dessen Vorgänger Gregg Brandon, reichte die Qualität der Mannschaft insgesamt nicht, um sich für die Playoffs zu qualifizieren.
Wie es mit den Spielern weitergeht, die am Samstag in Ungarn das letzte Saisonspiel mit 51:28 gewannen, steht in den Sternen. Für viele Akteure wird die Partie in Székesfehérvár das letzte Spiel im Kölner Trikot gewesen sein. Für Importspieler wie Carlos Hill und Bijan Harris, die nach ihrer College-Karriere im vergangenen Jahr bei der NFL-Draft nicht berücksichtigt wurden, könnte das Abenteuer Europa im nächsten Jahr bei einem anderen Team weitergehen. Oder der Wechsel in eine andere Profiliga in den USA, Mexiko oder Japan verlockender sein.
Ob Headcoach Jag Bal im kommenden Jahr bei den Centurions weitermacht, ist derzeit ebenso unsicher wie der Verbleib von Trainer Greg Studrawa. Der als Coach für die Offense Line geholte US-Amerikaner, der sich in den Vereinigten Staaten bei Wilmington, Bowling Green und LSU einen Namen als Position Coach machte, hatte maßgeblichen Anteil am Aufwärtstrend der Kölner Offensive.
Auch ein kompletter Umzug der Franchise nach Aachen scheint nicht ausgeschlossen
Auch die Stadionfrage der Centurions ist nicht abschließend geklärt. Tragen die Kölner auch 2025 ihre Heimspiele auf dem Aachener Tivoli aus, spielen sie zukünftig im Südstadion oder in Höhenberg – oder zieht die Franchise sogar ganz nach Aachen?
Lediglich beim ersten Heimspiel dieser Saison verzeichneten die Centurions mit 8500 Zuschauern den Zuspruch, den die Gesellschafter der GmbH langfristig anstreben, um ein wirtschaftliches Erfolgsmodell zu betreiben. Der Großteil der Fangemeinde folgte allerdings dem Titelträger Rhein Fire zum Spiel an den Tivoli. Ob sich auf Dauer zwei Teams im Umkreis von 80 Kilometern in der ELF etablieren können, erscheint fraglich.