Der 37-jährige Mittelfeldspieler des FC Viktoria Köln spricht im Interview über Höhen und Tiefen seiner Laufbahn sowie das Karriereende.
Mike Wunderlich„Ich habe 30 Jahre für den Fußball gelebt. Da tut es weh, aufzuhören“
Herr Wunderlich, nach 18 Jahren neigt sich Ihre Karriere dem Ende entgegen. Welche Gefühle kommen in Ihnen hoch?
Im Moment ist es für mich noch nicht ganz so emotional, weil ich mich bereits im Winter mit dem Aufhören befasst habe. So richtig nach Abschied fühlt es sich noch nicht an. Wobei ich schon einen Kloß im Hals hatte, als wir zuletzt zum Spiel gegen Osnabrück mit dem Bus ins Stadion gefahren sind. Da war mir klar: Lange dauert es nicht mehr.
Was war Ihr persönliches Highlight, was der größte Tiefschlag in Ihrer Laufbahn?
Der Höhepunkt? Eindeutig der Aufstieg mit Kaiserslautern letztes Jahr in die Zweite Liga. Das war in sportlicher Hinsicht der schönste Moment, den ich je erlebt habe. Nicht so erfreulich war 2011 der Abschied aus Frankfurt, als ich den FSV aufgrund meiner Erkrankung ziemlich abrupt verlassen musste.
In Frankfurt hatten Sie auf Anhieb einen Stammplatz. Und das in der Zweiten Bundesliga.
Dorthin zu gehen, war definitiv eine gute Entscheidung. Ich habe sofort jede Partie über 90 Minuten bestritten. Es lief eigentlich alles perfekt für mich, ich war auf dem Sprung in die Bundesliga. Dann aber hatte das Schicksal andere Pläne – leider.
Anschließend sind Sie zum FC Viktoria in die fünfte Liga gewechselt. War es aus Ihrer Sicht nicht ein riesiger Abstieg?
Der Wechsel zur Viktoria zurück in die damalige NRW-Liga war so natürlich nicht geplant. Es war mir damals aber klar, dass ich einen Schritt zurückgehen musste, um wieder klarzukommen mit mir selbst. Irgendwann sind es dann eben ein paar Jahre mehr geworden. Nicht zuletzt deshalb, weil ich im Verein unheimlich unterstützt wurde, vor allem von Herrn Wernze (ehemaliger und am 27. April verstorbener Viktoria-Mäzen, die Red.).
Sie hatten eine erfolgreiche Zeit in Köln, wurden 2017 Meister und mit 29 Treffern Torschützenkönig der Regionalliga. In der Relegation sind Sie aber an Jena gescheitert.
Das war furchtbar. Wobei man im Nachgang sagen muss, dass Jena sogar noch das angenehmste Los war. Aber mit Daniel Reiche und Sven Kreyer sind uns ja schon vor den beiden Spielen zwei Leistungsträger weggebrochen. Wenn wir komplett gewesen wären, wären wir schon 2017 in die Dritte Liga aufgestiegen.
Im Hinspiel sahen Sie die Rote Karte und waren somit für das Rückspiel in Jena gesperrt. Hätte die Mannschaft mit Ihnen den Aufstieg geschafft?
Na ja, diese Frage kann ich kaum beantworten. Im Nachhinein ist man bekanntlich immer schlauer. Fakt ist, dass ich in dem Jahr meine beste Saison überhaupt gespielt habe, umso bitterer war der Platzverweis für mich. Diese dumme Rote Karte hat mich natürlich schon sehr beschäftigt. Trotzdem hätten wir in Jena eigentlich 6:0 gewinnen müssen. Wir waren klar besser.
Sie haben in 346 Begegnungen 194 Tore für Viktoria erzielt. Mit einer solchen Quote muss man doch Bundesliga spielen.
Vielleicht haben Sie recht, denn grundsätzlich ist diese Quote natürlich der Wahnsinn. Am Ende des Tages darf man aber auch nicht vergessen, dass ich diese vielen Tore hauptsächlich in der Regionalliga erzielt habe. Ich muss da aber auch noch einmal auf meine Zeit in Frankfurt zurückkommen: Ich war damals ja auf einem guten Weg. Wenn meine Krankheit nicht dazwischengekommen wäre, bin ich mir sicher, dass ich meine Spiele in der Bundesliga gemacht hätte.
Für die Öffentlichkeit eher überraschend sind Sie vor zwei Jahren zum 1. FC Kaiserslautern in die Dritte Liga gewechselt. Warum dorthin?
Der Kontakt zum FCK kam über Marco Antwerpen, meinen ehemaligen Trainer bei der Viktoria, zustande, der ja zu dem Zeitpunkt noch Lautern trainiert hat. Und in den Jahren davor hatte ich ja auch schon einige Angebote aus höheren Ligen und von durchaus namhaften Vereinen ausgeschlagen. Ich war auch glücklich bei der Viktoria und den Menschen im Verein dankbar. Was mich aber schon ein bisschen genervt hat, war das ständige Gerede, dass ich nur in Köln funktionieren würde. Ich musste es diesen Leuten und auch mir einfach noch mal beweisen, dass diese Annahme falsch ist. Zusammenfassend war die Entscheidung, nach Kaiserslautern zu wechseln, die beste überhaupt.
Im Mai 2022 mussten sie mit Lautern im Sportpark Höhenberg bei Ihrem jetzigen Klub antreten, haben 0:2 verloren, den direkten Aufstieg verspielt und dem FC Viktoria durch die Niederlage den Klassenerhalt gesichert.
Das war auf jeden Fall das schlechteste Saisonspiel von uns. Da hat rein gar nichts funktioniert. Auch meine Leistung war äußerst überschaubar, zum Glück ist es am Ende gut gegangen und wir haben in der Relegation gegen Dynamo Dresden den Aufstieg geschafft. Und der Viktoria habe ich den Liga-Verbleib natürlich auch gegönnt.
Im Januar hat es Sie erneut zurück nach Köln gezogen. Dabei hatten Sie eine erfolgreiche Zeit in Kaiserslautern und in der Hinrunde 15 Spiele in der Zweiten Liga bestritten.
Am Anfang habe ich noch regelmäßig gespielt und auch meine Tore gemacht. Irgendwann haben sich die Dinge dann verändert und mein Trainer Dirk Schuster hat mir zu verstehen gegeben, dass ich eher hinten dran bin. Das war für mich der Punkt, wo ich mir gesagt habe: Es wird Zeit aufzuhören. Eigentlich wäre ich gerne in Lautern geblieben – aber nur, wenn ich öfter gespielt hätte.
Nach dem Pokalfinale am Samstag gegen den 1. FC Düren ist endgültig Schluss. Selbst wenn Sie den Pokal holen sollten: Werden Sie sehr traurig sein?
Schwer zu sagen. Aber grundsätzlich ist es schon gut und auch richtig, dass es jetzt mal zu Ende geht. Aber natürlich wird die ein oder andere Träne über mein Gesicht kullern, emotional wird es also schon werden für mich. Ich habe 30 Jahre für den Fußball gelebt, da tut es weh aufzuhören.
Dabei wirken Sie körperlich noch fit mit 37 Jahren.
Ich fühle mich eigentlich auch noch sehr gut, wobei die Wehwehchen inzwischen schon manchmal quälend sind. Mit dem Aufstieg letztes Jahr habe ich das Maximum erreicht, und das in meinem fortgeschrittenen Fußballer-Alter. Es ist der richtige Zeitpunkt.
Ab Sommer werden Sie den SV Bergisch Gladbach in der Mittelrheinliga trainieren. Was sind Ihre Ziele und welche Art Trainer werden Sie sein?
Diese Liga ist zum Einstieg optimal, und auch mein neuer Verein ist äußerst gut geführt und bietet Top-Bedingungen. Welcher Trainertyp ich sein werde? Ich weiß es noch nicht, schließlich bin ich neu im Geschäft. Ich lasse es in Ruhe auf mich zukommen.