In Köln-Mülheim fand vom 15. bis 18. August die sechste Auflage des Nations Cup Cologne statt.
Rollstuhlbasketball in KölnDeutscher Nationalmannschaft misslingt die Generalprobe vor den Paralympics
Die Tribünen der Sporthalle am Bergischen Ring in Köln-Mülheim, der Heimspielstätte der Köln 99ers, sind ausgefahren. Auf den Rängen können 450 Zuschauer Platz nehmen. Von der Hallendecke hängen die Nationalflaggen der acht Teilnehmernationen des Nations Cup Cologne. Sechs davon nehmen an den Paralympischen Spielen teil, die am 28. August in Paris starten.
Auf den ersten Blick ähnelt das Ambiente dem einer Turnhalle im Schulunterricht. Doch schaut man sich etwas genauer um, fallen einige Besonderheiten auf. Das Spielfeld ist rundum mit Werbeplakaten der Sponsoren dekoriert. Und dann wären da natürlich noch die zahlreichen Rollstühle am Spielfeldrand, samt provisorisch aufgebauter Werkstatt. Der Nations Cup Cologne ist ein internationales Rollstuhlbasketballturnier. Rollstuhlbasketball zählt zu den begehrtesten Sportarten der Paralympischen Spiele. Dennoch sind die Ränge zu Beginn des Turniers überwiegend verwaist.
Nations Cup Cologne als Generalprobe für die Paralympics
Sedat Özbicerler ist Geschäftsführer der Köln 99ers, die den Nations Cup Cologne 2018 ins Leben gerufen haben. Schon vor dieser sechsten Ausgabe des Turniers war klar, dass durch das gewachsene Teilnehmerfeld die bis dato größte Auflage ansteht. Ursprünglich sollte das Turnier mit nur vier Mannschaften starten, doch aufgrund der hohen Nachfrage weiterer Nationen wurden die Kapazitäten erweitert.
Beim Nations Cup ist das Teilnehmerfeld in zwei Gruppen aufgeteilt. An den ersten drei Turniertagen duellieren sich die Nationen innerhalb ihrer Gruppen um den ersten Tabellenplatz. Am Finaltag spielen die gleichplatzierten der beiden Gruppen die Endplatzierung aus. Durch dieses Turniersystem hat jede Partie eine enorme Gewichtung.
Klassifizierungssystem im Rollstuhlbasketball
Die deutsche Nationalmannschaft spielt gleich. Die gestiegene Vorfreude des Publikums zeigt sich am Schwinden der lichten Stellen auf den Zuschauerrängen. Andrea Milz, Staatssekretärin für Sport und Ehrenamt des Landes NRW, leitet die Begegnung mit einer Rede ein. Deutschland zeigt eine starke Vorstellung und schlägt Südkorea mit 92:62.
Mit Thomas Reier ist auch ein Spieler der Köln 99ers mit von der Partie. Reier hat laut Klassifizierungssystem eine „Minimalbehinderung“. Er hat Muskelhypothonie - eine Muskelschwäche. Er erklärt, dass er im Vergleich zu seinen Mitspielern weniger eingeschränkt ist und daher mit dem Klassifizierungsgrad 4,5 eingestuft ist. Im Rollstuhlbasketball wird der Behinderungsgrad in acht Stufen zwischen 1 und 4,5 klassifiziert. Die Zahl richtet sich nach dem Grad der Bewegungsfähigkeit. Je eingeschränkter die Sportler in ihrer Bewegungsfähigkeit sind, desto geringer ist die Klassifizierungsstufe. Die Klassifizierungsgrade der fünf auf dem Feld spielenden Sportler darf eine Summe von 14 nicht überschreiten.
Das Regelwerk ähnelt dem des Fußgängerbasketball, die Spielweise weniger
Das Regelwerk des Rollstuhlbasketballs unterscheidet sich kaum von dem des „normalen“ Basketballs. Ein „Schubfehler“ ist beispielsweise das Äquivalent zum Schrittfehler. Die Spieler müssen den Ball dribbeln, bevor ein zweiter Anschub abgeschlossen ist. In der Zwischenzeit können sie sich den Ball auch in den Schoß legen.
Auch in der Spielweise gibt es Unterschiede. Rollstuhlbasketball ist ein sehr taktischer Sport. Weil Rollstühle viel Raum einnehmen, sind Blocks essenzieller Bestandteil des Sports. Um diesen auszuweichen, schneiden die Rollstuhlbasketballer die Fahrwege der Mitspieler und Gegner mit flinken Manövern. Dass es dabei mal kracht, gehört dazu. Oftmals stürzen die Spieler samt Rollstuhl oder ein Rad löst sich.
Deutschland verliert das Endspiel – dennoch ist das Turnier ein Erfolg
Der letzte Turniertag ist angebrochen und Deutschland hat es durch einen Sieg über Frankreich am Vortag (76:59) beim Heimturnier tatsächlich ins Finale geschafft. Dort treffen sie auf den Vorjahressieger aus den Niederlanden. Die beiden Nationalmannschaften werden unter Applaus der Zuschauer vorgestellt. Die Zuschauer in der nun gut besuchten Halle erheben sich und die Nationalhymnen ertönen. Die Partie erweist sich als würdiges Finale. Die Führung wechselt immer wieder. Einige Zuschauer schwenken Deutschlandfahnen. Manche Fans haben gar Tröten und Rasseln mitgebracht. Jeder Punkt wird vom Publikum frenetisch bejubelt. Mit „Defense! Defense!“-Rufen wird die Mannschaft im Rückwärtsgang angepeitscht. In den Pausen liefern Cheerleaderinnen kurze Showeinheiten.
Deutschland muss sich im Finale den Niederlanden knapp geschlagen geben (65:68). Thomas Reier sagt jedoch, dass die Niederlage „vielleicht sogar ganz gut“ ist, da bekanntlich eine misslungene Generalprobe Voraussetzung für eine gelungene Aufführung ist.
Auch Özbicerler zieht eine positive Bilanz: „Es waren hochklassige Spiele. Die Mannschaften hatten beste Bedingungen, um sich auf die Paralympics vorzubereiten.“ Über die Atmosphäre beim „Kracher“ Deutschland gegen die Niederlande freut er sich ebenfalls: „Zum Finale war die Hütte voll.“
1992 konnten die Deutschen Herren bei den Paralympischen Spielen Silber gewinnen - die bislang einzige Medaille. Thomas Reier versichert, dass die deutsche Nationalmannschaft der Rollstuhlbasketballer „hungrig“ ist. Vielleicht gelingt es den deutschen Herren eine 32-jährige Durststrecke zu beenden.