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Kölner Tennis-Star„Ich will unbedingt versuchen, in die Top 20 der Welt zu kommen“

Lesezeit 4 Minuten
Oscar Otte hechtet mit ausgetreckten Armen und Tennisschläger in beiden Händen einem Ball hinterher.

Oscar Otte, aktuelle Nummer 76 der Weltrangliste, im Davis Cup gegen Kanada.

Im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger" spricht Oscar Otte über den „Davis Cup“ als emotionalen Höhepunkt und nennt seine Ziele für das kommende Jahr.

Herr Otte, Ende des Jahres 2021 haben Sie uns als Nummer 100 der Welt ein Interview gegeben und waren glücklich, bei den folgenden Australian Open zum ersten Mal ein Grand-Slam-Turnier ohne Qualifikation spielen zu können. Seitdem ist viel passiert. Wie blicken Sie auf das Jahr 2022 zurück?

Oscar Otte: Es war ein turbulentes Jahr, insgesamt ein richtig gutes Jahr für mich. Die erste Hälfte lief sportlich super mit dem Höhepunkt Halbfinale beim Rasenturnier in Halle. Da habe ich mein bestes Tennis gezeigt. Ich bin zwischenzeitlich unter die besten 40 der Welt gekommen. Aber dann kam nach Wimbledon die Knieverletzung. Obwohl sie nicht dramatisch schwer war, hat sie mich doch sehr zurückgeworfen. Im Spitzentennis entscheiden wenige Prozente über Sieg oder Niederlage. Und wenn da nur zwei, drei Prozent fehlen, dann wird es eben schwierig. Aber mit meinen letzten Leistungen war ich schon wieder sehr zufrieden, auch wenn einige knappe Niederlagen gegen Top-Spieler dabei waren.

Vor einem Jahr sagte Sie, wenn der Durchbruch doch nicht gelänge, hätten Sie kein Problem damit, wieder zurück zu gehen auf die kleineren Bühnen der kleineren Touren, wo Sie bis zum Alter von 28 Jahren Ihr Leben als Tennis-Profi verbracht hatten.

Ja, das war mein Gefühl damals, aber ein Jahr auf der ATP-Tour hat meine Sicht schon verändert. Meine Ziele sind jetzt anders. Ich will unbedingt versuchen, in die Top 30, vielleicht sogar die Top 20 der Welt zu kommen. Nach einem Jahr auf dem höchsten Niveau glaube ich, dass ich das erreichen kann. Ich bin ja jetzt gerade erst da angekommen. Das soll gegenüber den kleineren Turnieren nicht despektierlich klingen. Aber jetzt will ich auch da oben bleiben.

Zu den Eigenheiten Ihrer Karriere gehört, dass Sie den Durchbruch spät geschafft haben. Im Juli werden Sie 30 Jahre alt. Ist das im Tennis noch eine Grenze, vor der man Angst haben muss, was die Physis angeht?

In meinem Fall sicher nicht. Ich fühle mich fit und bin hungrig. Ich kann mit Sicherheit sagen, dass ich noch locker sechs, sieben Jahre auf dem Niveau spielen will. Und ich glaube, dass ich das auch kann.

Sie sind als Profi immer mit kleinem Gepäck unterwegs gewesen, mit Menschen, denen Sie vertrauen. Hat sich das auf der großen Bühne mit den weiten Reisen geändert?

Nein, es ist alles genauso geblieben. Abgesehen von einem Fitnesstrainer, der seit meiner Verletzung zu unserem Team gehört. Ich fühle mich sehr wohl in unserer Trainingsgruppe unter Trainer Peter Moraing. Ich werde in der Bundesliga auch weiter für Essen-Bredeney spielen, der Vertrag wurde verlängert, da ist alles bestens.

Aber der Kölner in Ihnen wird doch Kölner bleiben …

Natürlich, das wird sich auch nie ändern. Ich bin, wenn ich in Deutschland bin, immer noch regelmäßig in meiner Heimatstadt. Vor dem Flug nach Australien wollte ich noch mit Andreas Mies (zweifacher Grand-Slam-Sieger im Doppel aus Köln, Anm. d. Rd.) mal in Köln auf den Weihnachtsmarkt. Mal sehen, ob es noch klappt.

Mit den Jungs auf dem Platz die Nationalhymne zu singen, davon träumst du als kleiner Junge

Zu den neuen Erfahrungen zählten 2022 auch ihre Nominierungen und Spiele im Davis Cup. In vier Einsätzen als Nummer eins für Deutschland gelang Ihnen allerdings kein Sieg.

Das war trotzdem einer Supererfahrung. Im September hatte ich in Hamburg nach der Verletzung allerdings noch großen Trainingsrückstand. Und in der Endrunde traf ich auf den Kanadier Felix Auger-Aliassime, der am Ende des Jahres einer der besten Spieler der Welt war. Da 6:7, 4:6 zu verlieren, war keine Schande.

Auch hier haben nur Kleinigkeiten entschieden. Eine Unkonzentriertheit im Tiebreak, ein vermeidbares Break im zweiten Satz. Es geht da nur um wenige Punkte, die den Unterschied machen. Daran arbeite ich hart. Besonders viel an Aufschlag und Return, was bei meinem offensiven Spiel logisch ist. Dennoch bleibt der Davis Cup eine der Höhepunkte des Jahres für mich, eine super coole Zeit. Mit den Jungs gemeinsam auf dem Platz die Nationalhymne zu singen, davon träumst du als kleiner Junge. Das ist das Größte.

Mitte Januar beginnen die Australian Open, da haben Sie vergangenes Jahr die dritte Runde erreicht. Weihnachten wird vermutlich kurz für Sie.

Um genau zu sein werde ich am 24. in den Flieger steigen und dann irgendwann am 25. in Sydney landen, wo schon am 29. der United Cup beginnt, ein neu geschaffenes Nationenturnier. Das ist mein Weihnachten. Aber ich freue mich sehr darauf. Vor Melbourne werde ich noch ein Turnier spielen, Auckland oder Adelaide, das ist noch nicht ganz klar. Die Reise geht weiter.