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Kommentar zu OlympiaDie olympischen Machtspiele

Lesezeit 3 Minuten
Olympia Flaggen

Die politischen Spiele von Peking sind seit Freitag auch offiziell eröffnet. Seit Wochen beschäftigen sie die weltweite Öffentlichkeit. Wer fährt hin, wer nicht, wer trifft sich dort, wer nicht. Für die Eröffnungszeremonie dieser fälschlicherweise unter dem Titel „Olympische Winterspiele“ inszenierten Schau der Macht mit angeschlossenem Sportprogramm hatten die Veranstalter zum Auftakt eine prominente Begegnung organisiert: Chinas Staatschef Xi Jinping empfing Russlands Präsident Wladimir Putin. Ein Treffen, in dem sich wie in einem Brennglas weltweite Konflikte und Ängste bündeln.

Die Spiele in Peking sind eine Bühne, die China – koste es, was es wolle – errichtet hat, um seine Stärke zu demonstrieren. Ein Land, für das es offenbar keine Hürden gibt, weil es weder internationale Spielregeln noch geografische oder rechtliche Grenzen anerkennt. Der chinesische Staatschef verfolgt seine Expansionspläne kühl und unbarmherzig. In Asien wie auch weltweit.

An seiner Seite der russische Präsident, an dessen machtpolitischem Gebaren Europa und die USA zunehmend verzweifeln. Der Konflikt zwischen Russland und der dem Westen zugeneigten Ukraine verschärft sich von Tag zu Tag. Ein Krieg in Europa, lange allenfalls nur im Hollywood-Film denkbar, rückt plötzlich in den Bereich des Möglichen.

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Peking und Moskau zelebrieren ihre vermeintliche Stärke. Und auf der anderen Seite der Westen, der sich schwer tut – mit sich selbst und seiner erodierten Machtarchitektur. Die USA holen als Weltpolizist keine Kohlen mehr aus dem Feuer. Europa redet viel – Dauerdebatte statt Demonstration der Stärke.

Dazu passt eine Begegnung in den USA, die gleichzeitig zum Olympia-Auftakt stattfindet. In Washington treffen sich zwei der wichtigsten Führer des Westens – der amerikanische Präsident und der Bundeskanzler. Doch können Joe Biden und Olaf Scholz tatsächlich Putin und Xi wirkungsvoll Paroli bieten? Man ahnt eine gewisse Hilflosigkeit, die als Signal ausgesendet werden wird.

Hilflos sind auch die Sportler. Sie können sich nicht aussuchen, wohin ihre Funktionäre sie entsenden. Sie küren im fairen Wettstreit den Besten oder die Beste – ob ihnen der Austragungsort passt oder nicht.

Freude mit Störgefühl

So werden wir in den nächsten Tagen Bilder von strahlenden Siegern, in Tränen aufgelösten Verlierern und großen sportlichen Gesten sehen. Wir werden uns mit den Sportlerinnen und Sportlern freuen und mit ihnen leiden. Und wir werden immer auch ein Störgefühl haben – wie jenes, das sich unvermittelt einstellte, als der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees, Thomas Bach, in seiner Eröffnungsrede sagte: „Geben Sie dem Frieden eine Chance.“ In einem Land, in dem Menschenrechte, Respekt vor Andersdenkenden und Fairness nicht zu den allgemein gelebten Werten zählen.

Diese Spiele hätten nie an Peking vergeben werden dürfen. Aber auch das fußt auf einer Schwäche des Westens, der selbst kaum noch in der Lage ist, bei sich Großereignisse dieser Art durchzusetzen. China konnte die Bühne, die kein anderer betreten wollte, für seine Machtspiele instrumentalisieren. Wir schauen zu.