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Kommentar

Kommentar zur DFB-Elf
Die deutsche Mannschaft ist auch an ihren Nerven gescheitert

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Lesezeit 3 Minuten
Martina Voss-Tecklenburg litt mit ihrer Mannschaft, die Bundestrainerin hat nun ein historisches Scheitern zu verantworten.

Martina Voss-Tecklenburg litt mit ihrer Mannschaft, die Bundestrainerin hat nun ein historisches Scheitern zu verantworten.

Beim Blick in den Abgrund wurde den DFB-Spielerinnen allzu schwindelig, der Druck war am Ende zu groß.

Das historische Aus der deutschen Frauen-Nationalmannschaft wird eine ausführliche Analyse zur Folge haben, und noch ist offen, wie deren Ergebnis ausfallen wird. Die Folgen könnten weitreichend sein, sollten sie womöglich. In einem Gruppenfinale auf einen Gegner zu treffen, für den es praktisch um nichts mehr geht, ist zwar eine problematische Konstellation. Denn manchmal ist es gar nicht schlecht, ohne Druck in eine Partie zu gehen, zumal auf der Bühne einer Weltmeisterschaft. Daher wusste die DFB-Elf, dass ihr kein Spaziergang bevorstand, zumal gegen Südkorea, immerhin Asiens Nummer 2.

Taktisch unzureichender Vortrag in der zweiten Halbzeit

Dennoch gab der DFB-Kader genug her, um die nächste Runde zu erreichen. Doch beim Blick in den Abgrund wurde den deutschen Spielerinnen allzu schwindelig. Die deutsche Elf erstarrte, fand nicht in die Bewegung und bot in der zweiten Hälfte eine Vorstellung, die auch taktisch nicht den Anforderungen entsprach. Deutschland passte kreuz und quer über den Platz, ohne zu Abschlüssen zu kommen. Am Ende fehlte eine Spielerin, die bereit war, das Schicksal in die Hand zu nehmen und eine Entscheidung zu suchen.

Die Fähigkeit, in entscheidenden Momenten Verantwortung zu übernehmen, galt stets als herausragende Qualität deutscher Fußball-Nationalmannschaften – ganz gleich übrigens, ob bei den Männern oder Frauen. Dass der Mangel an Widerstandskraft und Mut nun erneut ein frühes Turnier-Aus beschert hat, weckt einmal mehr Zweifel an der fußballerischen Ausbildung in Deutschland. Und dürfte gleichzeitig eine gesellschaftliche Debatte über Verantwortungsbewusstsein und Resilienz befeuern, die in Deutschland auch abseits des Fußballs längst geführt wird. Wenn dann noch ein Schuss Selbstüberschätzung hinzukommt, ist der Weg ins Debakel nicht mehr weit.

Überall fehlte es an Mut, den Gegnerinnen genügte der reine Kampf, um den zweimaligen Weltmeister in eine historische Schmach zu lenken. Colin Bell, der vor 25 Jahren Co-Trainer des 1. FC Köln beim ersten Abstieg aus der Bundesliga war, hatte für Korea diesmal den perfekten Plan ersonnen.

Dass die DFB-Elf an ihren Nerven scheiterte, war nach dem Auftakt eine Überraschung: Deutschland hatte beim 6:0 zum Auftakt gegen Marokko eine von Beginn an souveräne Leistung geboten. Eine Gruppenphase nun hinter einer Mannschaft zu beenden, die man zum Auftakt 6:0 besiegt hat, führt die Mathematik eines Fußballturniers an die Grenzen. Und illustriert, wie unnötig dieses Scheitern ist. Erst recht in einem Feld mit 32 Teilnehmern.

Dabei war die Lust auf Erfolg einer deutschen Fußball-Nationalmannschaft groß, das zeigten nicht zuletzt die gewaltigen Einschaltquoten der TV-Sender. Die Erfolge der Nationalmannschaft hatten in der Vergangenheit stets direkten Einfluss auf die Erfolge der Bundesliga.

Das historische Aus der Nationalelf bei der Weltmeisterschaft in Neuseeland und Australien bedeutet damit auch einen Rückschlag für die Entwicklung des Frauenfußballs als Profisport hierzulande.