Die Leverkusener Siebenkämpferin hatte sich noch vor der ersten Disziplin in Paris einen Achillessehnenriss zugezogen.
Leichtathletin aus LeverkusenSophie Weißenberg beginnt nach Olympia-Drama ihren langen Weg zum Comeback
Der Gedanke an die Olympischen Spiele in Paris weckt Bilder von packenden Wettkämpfen und jubelnden Siegern. Genauso wäre Sophie Weißenberg den Zuschauern auch gerne in Erinnerung geblieben. Als freudestrahlende, erfolgreiche Athletin. Doch die Siebenkämpferin des TSV Bayer 04 sorgte für einen der bittersten Momente der Spiele – jedenfalls aus deutscher Sicht.
Verletzung vor dem Hürdenlauf
Noch beim Einlaufen für den 100-Meter-Hürdenlauf, den Auftaktwettkampf, ging sie nach wenigen Schritten zu Boden. Ein Achillessehnenriss machte jeden weiteren Schritt unmöglich. „Ich habe nur ein Ploppen gespürt, aber schon im ersten Moment, als ich auf der Tartanbahn lag, war mir klar, welche Verletzung ich mir zugezogen hatte“, so die 26-Jährige. Auch das Publikum im Stade de France ahnte, dass sich die Athletin im deutschen Dress schwer verletzt hatte. Es wurde still in der Arena, während Weißenberg ihren Tränen freien Lauf ließ.
„Es hat nicht wehgetan, ich habe nur geweint, weil ich am Boden zerstört war, ich mit den vielen Gedanken im Kopf nicht anders klarkam“, sagt sie. Ihr Traum von einer guten Platzierung als Lohn des monatelangen Trainings war von einer Sekunde auf die andere geplatzt, die Hoffnung dahin, vor den Augen ihrer Familie erfolgreich in den Wettbewerb zu starten.
Sophie Weißenberg verließ das Stadion auf einem Rollstuhl
Wie durch einen Filter nahm sie den Trost von Disziplinkollegin Caro Schäfer, die ersten Bemühungen des medizinischen Personals und auch den warmen Applaus des Publikums wahr, als sie auf einem Rollstuhl aus dem Stadion gebracht wurde. „Das Klatschen habe ich schon gehört. Aber in diesem Moment konnte ich das nicht wertschätzen. Für mich ist eine Welt zusammengebrochen“, erklärt sie.
Anzeichen für ein Problem an der Sehne oder eine Vorahnung habe es nicht gegeben. „Ich hatte schon bei der EM in Rom Probleme am linken Fuß. Das war bekannt, aber man hat mehrere MRT-Aufnahmen gemacht und die Achillessehne sah laut der Mediziner immer gut aus“, so die Siebenkämpferin.
Vielleicht habe sie längere Zeit bei Belastung eine ungewohnte Schonhaltung eingenommen, was sich dann es fatal erwiesen habe, vielleicht sei es aber auch einfach nur Pech gewesen, mutmaßt sie. „Es war auf jeden Fall das Schlimmste, was ich mir hätte vorstellen können.“
Operation in München
Inzwischen hat Weißenberg die Perspektive gewechselt. Die Gedanken an das Comeback haben die bittere Erinnerung beiseitegeschoben. Dabei halfen ihr die vielen Genesungswünsche. „Die Anteilnahme der Leute war einfach überwältigend. Hunderte haben mir geschrieben. Das hätte ich nie erwartet“, betont die 26-Jährige. Als hilfreich empfand sie auch die schnelle medizinische Behandlung. Noch am Abend flog sie von Paris nach München, wo sie tags darauf operiert wurde.
„Ich hatte vor dem Abflug noch einmal zwei Stunden im olympischen Dorf und war dort Essen, aber trotz der vielen Mitleidsbekundungen habe ich mich dort irgendwie fehl am Platze gefühlt. Ich war froh, dass es schnell zur Operation ging“, sagt sie. Nach rund 24 Stunden im Krankenhaus reiste sie schließlich zurück ins heimische Leverkusen. Dort wartete ein Neuanfang – mit Krücken und Schutzschuh.
„Mir geht’s gut, auch mental“, so Weißenberg. Man müsse die Situation akzeptieren, nach vorne schauen. „Ich habe nicht immer nur gute Momente, aber Trübsal blasen bringt nichts“, stellt sie klar. Dank der Unterstützung ihrer Freunde komme sie regelmäßig zur Physiotherapie und allmählich mache der Fuß kleine Fortschritte. Sechs, acht, vielleicht zehn Monate wird die Rückkehr ins Training warten müssen. „Das ist der Weg“, konstatiert sie. Eine Alternative hat ihr der bittere Tag in Paris nicht gelassen.