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Sechs Monate danachHeimerzheimer Geschäftsleute geben nach der Flut nicht auf

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Uhrmachermeister Moritz Weber in seinen Geschäftsräumen in Heimerzheim.

Swisttal – Sechs Monate nach der Flutkatastrophe machen Uhrmachermeister Moritz Weber und seine Frau Anna, eine Goldschmiedemeisterin, am Samstag ihren Laden in Heimerzheim wieder auf. Nahezu alle Geschäftsleute, die im florierenden Ortskern ihre Ladenlokale hatten, traf das Hochwasser schwer. Ein Schlag, der manchen den Mut gekostet hat. Der Großteil baut seine Existenz im „Dörp“ aber wieder auf.

Die vierte Eröffnung innerhalb von drei Jahren

Am 1.1.2019 machten sich Anna und Moritz Weber zunächst mit einem eigenen Laden zu Hause in Bonn selbstständig, im Juni 2019 eröffneten sie ihren ersten Laden in Heimerzheim. Im Oktober 2020 zogen sie in das Nachbarlokal an der Vorgebirgsstraße um, da sie sich in Heimerzheim wohl fühlten, und nun, Anfang 2022, erfolgt der Neustart nach der Flut. So feiert die Familie die vierte Eröffnung innerhalb von nur drei Jahren.

In der Nacht zum 15. Juli fuhr Moritz Weber mit seiner Schwester Leonie nach Heimerzheim. Am Ortseingang im Kreisverkehr auf der Kölner Straße geriet das Auto wegen der Senke dort so tief ins Wasser, dass es absoff. Zu Fuß erreichten die beiden das Geschäft, wo der Uhrmacher zunächst jeglichen Schmuck der Kunden und die antiken Uhren in Sicherheit brachte.

Anschließend hievten die Geschwister alle Geräte wie den Laser für besonders filigrane Schweißarbeiten auf hohe Schränke und in Regale. Als das Wasser dem etwa 1,75 Meter großen Mann schon bis zur Brust stand, verließen die zwei den Laden. Er hatte zum Glück die schwere Gittertür offen gelassen, sonst wären die beiden wohl nicht mehr raus gekommen.

Als das Wasser abfloss, blieb der Schlamm. „Es war ein riesiger Schock“, erzählt Anna Weber von dem Moment, als sie zum ersten Mal wieder im Geschäft war. Reste des Matschs sind immer noch sichtbar, etwa in den feinen Rillen von Stellrädchen oder an einem Zirkel.

Die Werkstatt zog nach der Flut ins eigene Zuhause in Bonn, dafür flog das Sofa raus. Bereits zwei Wochen später empfing Anna Weber Kunden zur Trauringberatung im eigenen Wohnzimmer. Ansonsten bestand die Arbeit darin, Dinge zu säubern: Das eigene Werkzeug, aber auch zahlreichen Schmuck der betroffenen Kunden. Währenddessen setzten ihre Vermieter alles in Bewegung, um das Ladenlokal wieder herzustellen. Kaum vier Wochen nach der Flut war es entkernt. „Wir hatten viel Glück und engagierte Vermieter“, erklärt Weber. Zudem erfuhr die Familie viel Hilfe und Solidarität: Über ein Goldschmiede-Netzwerk bei Facebook kamen Spenden zusammen. Mitte September konnte Moritz Weber in einem Container am Fronhof wieder vor Ort seine Dienste anbieten. Ans Aufgeben haben die Webers nie gedacht. Mit Flexibilität, viel Handarbeit und einem Quäntchen Glück sind sie nach sechs Monaten wieder in der Normalität angekommen. Dabei war klar, dass sie nicht wegwollen: „Wir fühlen uns hier einfach wohl.“

Der Traum von der Eröffnung im April

Auch Manfred Herrmann und sein Sohn Christian haben nie daran gedacht, ihren Betrieb in Heimerzheim einzustellen. Dabei erlebten sie beide als die Flut hautnah mit. Vater Manfred, der seit 30 Jahren als Optiker im Dörp arbeitet, wohnte direkt an der Swist. Privat ging viel verloren, das Geschäft des Optikers wurde durch die Katastrophe komplett verwüstet. „Als wir in den Laden kamen, sahen wir die völlige Zerstörung“, sagt Christian Herrmann.

Am Samstag begannen die zwei und ihre insgesamt acht Mitarbeiter umgehend aufzuräumen. „Wir waren überrascht und sind unendlich dankbar, wie viel unsere Kunden uns unterstützt haben. Einige haben hier bereits am Wochenende nach der Flut die Regale mit aus dem Laden getragen“, erklärt Christian Herrmann. Dabei war es für die beiden Heimerzheimer auch emotionale Last. „Es gab Momente, in denen ich mich mal für ein oder zwei Stündchen zum Durchatmen zurückziehen musste“, verrät Manfred Herrmann.

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Warten noch auf den neuen Boden: Manfred Herrmann, Mitarbeiterin  Melanie Schulz und Christian Herrmann (v. l.),

Auch die Hermanns erfuhren viel Solidarität: Über ein Optiker-Netzwerk erhielten sie Zuspruch, Spenden. Nur drei Wochen nach der Flut konnten sie im eigens organisierten Container auf dem Fronhof wieder einen improvisierten Laden eröffnen. Dazu kam ein Akustikermobil, dass sonst auf Messen steht. Ende September kam eine Werkstatt hinzu, als die Gemeinde mehrere Container für die Geschäftsleute auf dem Fronhof zur Verfügung stellte.

„Wir waren fast wie im Rausch. Jeder hat sich das gesucht, wo er anpacken kann und wir haben einfach immer weiter gemacht“, beschreibt Mitarbeiterin Melanie Schulz. Sie übernahm viel Organisation im Hintergrund. „Ohne den Tatendrang unserer Mitarbeiter hätten wir wohl schnell den Mut verloren“, vermutet Christian Hermann. Dank dem eingespielten Team klappte es, nach drei Wochen wieder die Kunden zu empfangen. „Da waren wir ein schon ein wenig stolz“, sagt der Junior-Chef.

Von den Möbeln im Laden konnte nichts gerettet werden. Herrmanns müssen sich neu aufstellen. Etwas Mobiliar für die Neueröffnung haben sie bereits über Spenden erhalten. Christian Herrmann hofft auf April. „Wir können nicht jeden Termin für Arbeiten für bare Münze nehmen, aber wir orientieren uns so im Dunstkreis drumherum“, so Christian Herrmann. Aktuell steht der Laden leer, ohne Boden und Putz an den Wänden. Mittendrin steht der alte Optikerstuhl, der wohl als Erinnerung an die Flut bleiben wird.

Wer bleibt und wer verlässt das „Dörp“?

Ein großes Lob und Dankeschön gab es von Christian Herrmann für Wilfried Rang: „Er hat sich hier als Heimerzheimer Jung hingestellt und das ist er auch. Er hat viel für die Geschäftsleute getan.“ Rang hat sich die Organisation auf die Fahne geschrieben. Er kooperierte mit der Gemeinde, setzt sich aber mehr in Eigenregie ein.

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Der Fahrschulbetreiber berichtet, dass bereits einige Läden wieder geöffnet sind: Fronhof- und Kloster-Apotheke, die beiden Friseursalons, Metzgerei Wingen und Bäckerei Voigt, Pizzeria „Grand Italia“ und Imbiss „Genos 2“. Auch die Läden für griechische und für russische Spezialitäten sind offen. Der Gasthof zur Linde nutzt während die eigentlichen Räume wiederhergestellt werden im Stübchen nebenan. Das Café Amorini nutzt bis zur Wiedereröffnung einen Foodtruck.

Laut Rang werden auch die Inhaber des Hotels/Restaurants Klosterstuben, des Imbiss Athen, von Blumen Bell, Fruchthof Rothkopf, die Schneiderei und die BookCompany bleiben und wieder eröffnen, sobald die Räumlichkeiten hergerichtet sind. Auch Bestatter Jens Ernesti und die beiden Raumausstatter bleiben dem Dörp erhalten. Nicht mehr öffnen werden Polster Burger und die „Grüne Halle“, deren Gebäude zum Wohnhaus umgebaut werden soll. Das Reisebüro ist nun Am Kottengrover Maar zu finden. Piano Spengler wird innerhalb der Gemeinde umziehen. Auch Sport Krämer wird umziehen, aber macht in Heimerzheim weiter.