Jetzt mit neuem Namen„Pecher Tierscheune“ zieht in Reitstall in Heimerzheim
Wachtberg – Neunfache Mutter, ausgebildete Reittherapeutin und Reitlehrerin, Herrin über 22 Pferde und Ponys und fleißige Kleinunternehmerin in der Gesundheitsbranche – Kristina Wirfs ist keine ganz normale Frau. Die Chefin der „Pecher Tierscheune“ in der Pecher Wiesenau hat ihr Leben anderen Menschen verschrieben und Tiere gleich mit ins Herz geschlossen. Tatkräftig und voller Lebensfreude kümmert sich die 54-Jährige um ein kleines bisschen mehr Lebensqualität für pferdebegeisterte Kinder und für Menschen mit Handicap. Dabei lässt sie sich auch nicht von so mancher Widrigkeit von ihrem Weg abbringen.
„Glückliche Kinder auf zufriedenen Ponys – gibt es etwas Schöneres?“, fragt sie und kann sich nur eine richtige Antwort dazu denken. Deshalb möchte sie auch weiterhin die Freude am Reiten und den Umgang mit den Tieren fördern. Reittherapie sei ein Gesamtkonzept, bei dem versucht werde, über das Medium Pferd eine individuelle Förderung und günstige Entwicklung von Menschen zu erreichen.
Also absolvierte sie eine Ausbildung zur Reittherapeutin, und heute noch ist sie über diese Entscheidung „überglücklich“ – zumal sie weiß, dass ihre Arbeit wichtig ist und mittlerweile eine ganze Reihe von Menschen davon profitieren. Über ein Dutzend Klienten mit therapeutischem Hintergrund nehmen ihre Dienste in Anspruch, darunter verhaltensauffällige Kinder, Jugendliche mit körperlichen und geistigen Behinderungen sowie Erwachsene mit Multipler Sklerose.
Bezogen auf den Standort der „Pecher Tierscheune“ in Wachtberg meint es das Schicksal allerdings nicht gut mit ihr, denn mittlerweile musste sie bereits dreimal umziehen. Der dritte Umzug wurde jetzt am Wochenende nach Christi Himmelfahrt unter Dach und Fach gebracht. Vor gut drei Jahren erst war sie aus der Pecher Hauptstraße in die Wiesenau umgezogen – in der Hoffnung, endlich eine dauerhafte Bleibe gefunden zu haben.
Doch die Hoffnung währte nur kurz, denn im Zusammenhang mit der Umwandlung des einstigen Ponyhotels „Wiesenau“ in eine private Pferdenutzung gab es Unstimmigkeiten wegen baulicher Veränderungen und der Nutzung mit Publikumsverkehr. Der neue Besitzer sah keine andere Lösung, als der „Pecher Tierscheune“ zu kündigen.
Fast hatte Kristina Wirfs die Hoffnung auf eine neue Bleibe schon aufgegeben, als Isabella Schumacher bei ihr anrief und einen Teil ihres Reitstalls in der Breniger Straße in Heimerzheim anbot. Es handelt sich um 20 Boxen in einem Stall, der schon länger ungenutzt war. „Damit zieht wieder Leben in diesem Teil des Reiterhof sein“, freut sich Schumacher. Und Tina Wirfs ist der neue Standort ebenfalls sehr willkommen, zumal sie nun weniger Verantwortung für „das Drumherum“ hat und sich auf die eigentliche Arbeit als Pferdetherapeutin konzentrieren kann.
Am Angebot will Wirfs vorerst nichts verändern, nur der Name ist neu, „denn wir sind nun nicht mehr in Pech und auch nicht mehr in einer Tierscheune.“ Der neue Name lautet daher: „Mein Ponyhof am Kottenforst“. Auch eine Internetseite dazu gibt es bereits.
Am 1. Juni geht es damit offiziell los, und viele der bisherigen Kunden wollen ihr auf jeden Fall treu bleiben und auch am neuen Standort das etwas andere Reitangebot wahrnehmen. Im Vordergrund sollen weiterhin das Heranführen ans Reiten und der therapeutische Ansatz stehen. Allerdings will Wirfs den Fokus stärker auf die Reittherapie, die Traumatherapie und die Arbeit mit Demenzkranken legen.
Neben den drei Dutzend Kindern und Erwachsenen in Reittherapie kümmert sich das kleine Team der „Pecher Tierscheune“ auch um etwa 80 Kinder und Jugendliche im „normalen“ Reitunterricht, der anscheinend jede Menge Spaß macht. Das Miteinander entscheidend, alle helfen sich gegenseitig und jeder packt mit an, wenn etwas zu erledigen ist. So ist es auch beim Umzug von Pech noch Heimerzheim: Etwa zwei Dutzend Kinder, Jugendliche und Erwachsene wuseln über das Wiesenau-Gelände und packen alles zusammen, was nicht niet- und nagelfest ist.
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„Die Hilfsbereitschaft ist enorm, ich bin ziemlich gerührt. Damit habe ich nicht gerechnet“, gibt die Chefin zu, die eigentlich gar keine Chefin sein will, sondern mehr auf Teamarbeit setzt: „Wir sehen uns als Reiterhof mit Kindern für Kinder.“
Teamarbeit ist auch gefragt, als es gilt, die 22 Pferde in Transportanhänger zu locken. Deren Kosten hatten die Eltern gemeinsam übernommen – als Geburtstagsgeschenk für Tina Wirfs– ein weiteres Zeichen der Verbundenheit. Doch nicht alle Vierhufer marschieren so anstandslos in ihren Anhänger wie die beiden Shetland-Ponys „Milly“ und „Jessy“. Die 19-jährige Oldenburger-Stute „Vita“ lässt sich weder durch gutes Zureden noch mit Unmengen von Leckerlis auf die Rampe locken, obwohl sie schon oft im Transporter gefahren wurde. Und das ängstliche Pony „Aaron“ bringt Tina Wirfs schier zu Verzweiflung, denn: „Er ist halt kein Draufgänger, vor ungewohnten Situationen hat er manchmal Angst.“ Reitkind-Mutter Karin Kranz schafft es schließlich doch, mit wahrer Engelsgeduld und sanften Worten auch störrische Pferde eins nach dem anderen in die Box auf Rädern zu bringen. „Das ist immer ein Vabanquespiel“, weiß sie. Der Pferdetransport scheint seine eigenen Gesetze zu haben.
Am Ende eines langen Tages hat aber dann doch alles einigermaßen gut geklappt, die Pferde stehen in ihren neuen Ställen, und die alten Boxen in Pech sind ausgemistet.
„Jetzt müssen wir noch jede Menge Therapie-Spielzeug, Sättel und Zaumzeug, aber auch Panels und Tore nach Heimerzheim transportieren“, sagt Wirfs. Dort will sie einen Bereich abgrenzen, in dem ihre Pferde tagsüber im Freien sein können. Sie freut sich jedenfalls auf den neuen Standort, und die Kinder sind begeistert. „Wird das gut hier?“, fragte Tina Wirfs zum Abschied. Die Antwort ist ein vielstimmiges, lautes und langgezogenes „Jaaaaa!“