„Putin ist unberechenbar“Wachtberger Politikerin bangt um den Bruder in Kiew
Wachtberg – Der Kriegsausbruch in der Ukraine war für Alina Lägel aus Wachtberg ein doppelt herber Schlag. Zum einen bangt sie um die Familie ihres Bruders, der noch in ihrer alten Heimat Kiew wohnt, zum anderen ist der Kriegsbeginn nun immer mit ihrem Geburtstag verbunden. Nun zieht die Wachtberger SPD-Ratsfrau Erkundigungen ein, mit welcher Hilfsorganisation gemeinsam sie die Menschen im Kriegsgebiet unterstützt kann.
„Der Ausbruch dieses schrecklichen Krieges, ausgerechnet an meinen Geburtstag kam für mich plötzlich und unerwartet“, sagte Lägel, „Ich hatte damit gerechnet, dass der Krieg nicht zustande kommt – dass das Problem irgendwie auf einem diplomatischen Niveau besprochen und gelöst werden könnte.“ Doch es kam anders, wie der Einmarsch russischer Streitkräfte und von Raketen zeigte. Jetzt habe sie wirkliche „Schmerzgefühle“.
„Putin ist unberechenbar“
„Mein Bruder wohnt mit seiner Familie in Kiew. Ebenso meine Freundinnen aus der Schulzeit. Die Menschen sind frustriert und haben Angst. Sie sagen aber auch, sie werden für die Unabhängigkeit kämpfen.“ Furcht schwingt in ihren Worten mit, und was nun noch alles kommt, kann sie sich nicht vorstellen.
„Ich kann nicht berechnen, was Putin macht. Er ist wirklich unberechenbar. Vielleicht sogar psychisch krank, das ist zumindest meine Vermutung. Ich glaube, er lebt in einer eigenen Realität, hat eine eigene Welt in seinem Kopf. Eine, die nur in seinen krankhaften Vorstellungen existiert.“ Lägel wähnt darum die Menschen in ihrer alten Heimat „in den Händen eines kranken Menschen.“
Alina Lägel ist 1968 in Kiew geboren, dort aufgewachsen, zur Schule gegangen und hat dann auch in Kiew die Fachhochschule für Volkswirtschaft besucht, wo sie Wirtschaftsinformatik studierte. Die inzwischen verstorbenen Eltern waren 1998 nach Bonn gezogen, und sie reiste 2003 nach, weil die Mutter Pflege brauchte. Auch die Tochter kam mit nach Deutschland und führt hier mit ihren 34 Jahren ein selbstständiges Leben.
In Wachtberg „wie zu Hause“
Ihren heutigen Ehemann, den SPD-Politiker Paul Lägel, lernte sie im Jahr 2006 bei einem Seminar kennen. „Aus einer anfänglichen Freundschaft hat sich etwas Tieferes entwickelt. 2009 haben wir geheiratet. Ich bin ganz glücklich mit meinem Mann." Seit 2008 lebt Alina Lägel in Wachtberg. „Ich fühle mich hier wie zu Hause, so, als ob ich in Deutschland geboren wäre. Mein Herz ist hier, mein Mittelpunkt – aber die Ukraine ist meine Heimat und wird sie auch immer bleiben.“
Und dieses Land aus dem sie stammt, sei ein „sehr schönes Land. Mit sehr guten herzlichen, offenen Menschen“, berichtet sie. Allerdings sei die Ukraine auch „ein korrumpiertes Land“. Lägel: „Das war schon immer so und wird immer so bleiben. Die Menschen haben diese Regierungen nicht verdient. Trotz der Revolutionen von 2004 und 2014 habe sich die Lage wenig geändert. „Die einfachen Menschen lieben Europa und wollen ein Teil davon sein. Gleichzeitig fehlt ihnen etwas.“
Nun tun ihr die Menschen leid: „Obwohl es da eine Art Demokratie gibt, wird die Ukraine von den Händen der Oligarchen gesteuert.“ Sie wisse nicht, wie dieses Dilemma zu lösen sei. „Die leben nicht in Kiew oder der Ukraine, sondern versuchen vom Ausland aus die Ukraine zu steuern. Das ist eine miserable Situation.“
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Und die Vorwürfe, die Putin erhebt – wegen des faschistischen Landes und der notwendigen „Entnazifizierung“? „Die Ukraine als nationalistisches Land? Nein, das kann ich nicht bestätigen“, sagt Lägel. „Es ist ein hochinternationales Land. Die Menschen heißen alle ethnischen Gruppen immer willkommen. Ukrainer sind extrem tolerant – auch zu Menschen mit einer anderen Meinung.“ Für Lägel steht fest: „ Die Vorwürfe von Putin haben überhaupt keinen realen Hintergrund.“
Bleibt die Ungewissheit. „Ich stehe mit meinem Bruder in ständigem Kontakt. Gestern haben wir zuletzt telefoniert. Er ist relativ ruhig, und ich bin sicher, dass seine Familie die aktuelle Lage überstehen wird. Mein Bruder ist jemand, der nicht in Panik gerät. Jemand, der weiß, sich in einer Krise richtig zu verhalten.“
Hilfsgüter benötigt
Ihre Sorge um die alten Landsleute treibt sie aber an, etwas zu unternehmen. „Ich versuche, Hilfe für Bekannte zu organisieren. Sie benötigen sicherlich Kleidung und lange haltbare Lebensmittel. Derzeit recherchiere ich im Internet, mit welchen Hilfsorganisationen ich zusammenarbeiten könnte, um etwas zu bewirken. Die Hilfsleistungen müssen ja auch ankommen.“