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Nach GrundsatzdebattenWachtberger Rat lehnt Gewerbe in Fritzdorf ab

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Fritzdorf

Alle Äcker und Plantagen im Umfeld des Brunnenhofs (Bildmitte) liegen im „Suchgebiet“.

Wachtberg – Gewerbe und Industrie bei Fritzdorf? Wohnen an der Schule in Niederbachem, und riskieren, dass der Wittfelderhof seine Bio-Zucht von Schweinen einstellen muss? Der Wachtberger Gemeinderat zeigte sich bei den Wünschen für Siedlungs- und Gewerbeausdehnungen höchst uneinig. Mehrfach mussten knappe Abstimmungen neu ausgezählt werden – mit verschiedenen Ergebnissen.

Selbst das schwarz-grüne Mehrheitsbündnis war sich in den Zukunftsfragen nicht erkennbar einig, zumal Oliver Henkel (Grüne) taktierte: Lieber Wachstum an Stellen ausweisen, an denen es nachgewiesenermaßen nicht geht, etwa in Villiprott unmittelbar am Kottenforst, zumal sich da auch niemand vorstellen kann, wie ein solches Gebiet zu erschließen wäre. Denn, so Henkel: „Wenn wir zu wenig neuen Siedlungsraum ausweisen, laufen wir Gefahr, dass die Bezirksregierung uns Flächen in den Plan schreibt, die wir nicht wollen.“ Ulf Hausmanns (Unser Wachtberg) findet das „unkeusch“ und forderte Henkel auf, gegenüber der Bezirksregierung „die Hose runterzulassen“.

Streit zwischen SPD und Bürgermeister Schmidt

Der „Knackpunkt“, wie Paul Lägel (SPD) feststellte, sei aber die von der Gemeinde weiterhin befürwortete Gewerbe- und Industriefläche in Fritzdorf. Im Planungsausschuss sei das Gebiet „regelrecht abgeschossen“ worden, und die CDU habe in einer „Sondersitzung gemauert“. So sei es „seltsam“ und „bemerkenswert“, dass die CDU-geführte Verwaltung weiter dafür werbe. Da unterbrach ihn Bürgermeister Jörg Schmidt (CDU): „Hier stellt sich niemand gegen Fraktionen. Wir vertreten fachliche Gesichtspunkte.“

Oliver Henkel verwies auf das Votum der Grünen für Fritzdorf, betonte aber: „Die Verwaltung hat sich an die Spielregeln gehalten. Sie brauchen da keine Hintergedanken zu haben!“ Christoph Fiévet (CDU) dankte der Verwaltung für die Suche nach einer Alternative zu Villip, lehnte Fritzdorf aber „wegen der Nachteile“ ab: Diese seien der Verkehr beim Bau einer Ortsumgehung für Oeverich und dass es schon ein Gewerbegebiet gebe.

Die Bodenqualität sei kein Argument, die gelte für jedes Gebiet. Roswitha Schönwitz (SPD): „Ich kann nicht erkennen, was an einer großen Fläche besser sein soll als an zwei kleinen. Fritzdorf wäre eine gute ,Vorratsfläche’“.

Grafschaft erhebt niedrigere Gewerbesteuer

Henkel: „Tun wir es nicht, baut die Grafschaft aus, und wir haben trotzdem den Verkehr – aber ohne die Einnahmen.“ Er fürchtet, dass die Gewerbefläche in Villip „an der Kiesgrube“ von einer Bergbauentscheidung abhänge. Ulf Hausmanns sieht schlicht „keinen Bedarf“ für Fritzdorf: „Die Menschen in Fritzdorf haben Nein gesagt.“ Christian Stock (CDU): „Warum sollte jemand in Fritzdorf sein Gewerbe ansiedeln, wenn die Grafschaft 100 Meter weiter viel weniger Gewerbesteuer erhebt?“

Die Existenz der Landwirte sehen einige Kommunalpolitiker „nicht in Gefahr“, da sie ja dann einfach nicht zu verkaufen bräuchten. Diese Auffassung ignoriert jedoch, dass viele Landwirte ihre Flächen gepachtet haben, also nicht über einen Verkauf entscheiden können.

Wünsche der Gemeinde zum Regionalplan

Berkum Der Ort soll Richtung Westen wachsen: oberhalb der L 123 über das EKZ hinaus und unterhalb bis zum Radom. Am Stumpeberg (anders als im Regionalplan eingetragen) sollen Aussicht und Natur erhalten bleiben (alles einstimmig). Auch östlich des Friedhofs soll Bauen erlaubt sein (17 Gegenstimmen).

Niederbachem Das für die Schulerweiterung reservierte Gebiet soll keine Siedlung werden (17 Ja-, 29-Neinstimmen). Andreas Wollmann (SPD) erinnerte an die Historie: Der Gemeinde wäre ein Grundstück für ein Flüchtlingsheim geschenkt worden, wenn sie dort Bauen zuließe. Die Abstimmung gilt auch für einen Streifen am östlichen Ortsrand.

Pech Die Siedlung soll weder in der Wiesenau noch östlich wachsen (je einstimmig). Werde das Pflegeheim nicht gebaut, so Henkel, könne mit dem Bebauungsplan gesteuert werden.

Gimmersdorf Die mit Kürrighoven zusammen eingezeichneten Flächen sorgten laut Unser Wachtberg für Irritation in der Bevölkerung. Der Beigeordnete Swen Christian versicherte: „Es ist nicht beabsichtigt, einen Ort daraus zu machen.“ Henkel: „Lieber Gimmersdorf als Stumpenberg.“ (33 zu 13 Stimmen angenommen)

Villip Westlich des Asphaltwerks soll gesiedelt werden (einstimmig), südlich davon nicht (48 zu 48 Stimmen). Resultat des Patts laut Oliver Henkel (Grüne): „Jetzt hat die SPD das Gewerbegebiet bekommen. Das war doch gar nicht euer Ziel.“ An zwei Stellen westlich des Wachtbergrings ist mehr Gewerbe erwünscht (einstimmig), östlich (17 Ja, 25 Nein, 4 Enthaltungen) nicht. Dort hätte Gewerbe die biozertifizierte Schweinezucht gefährdet, warnte Ulrich Feyerabend (Unser Wachtberg). Roswitha Schönwitz (SPD) lehnte wegen der „schönen bewaldeten Hügel“ ab, die Straße nach Berkum beiderseits mit Gewerbeflächen zu säumen.

Fritzdorf Die laut Gemeinde zukunftsträchtige Gewerbefläche wird fallengelassen (28 zu 18 Stimmen).