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In der Corona-KriseWarum Kinderarmut steigt und Gewalt weniger bemerkt wird

Lesezeit 3 Minuten

Die Kinderarmut droht in der Krise wieder zu steigen.

Köln – Schon vor der Corona-Krise war nach Zahlen des Statistischen Bundesamts fast jedes siebte Kind in Deutschland von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht. Das waren im vergangenen Jahr 2,1 Millionen Kinder und Jugendliche, ihr Anteil betrug 15 Prozent. Dieser Anteil sank zwar im Vergleich zum Vorjahr um mehr als zwei Punkte. Doch die Pandemie spitzt nach Einschätzung von Experten die Lage in vielen Familien zu.

Zweites Einkommen entfällt

Daten zu den Auswirkungen der Krise auf die Armutsgefährdung von Kindern gibt es zwar noch nicht, wie Antje Funcke, Expertin für Familienpolitik bei der Bertelsmann Stiftung, sagt. Besorgniserregend sei aber beispielsweise die abnehmende Zahl von Minijobs, die meist von Frauen als zweites Einkommen in die Familienkasse eingebracht würden. „Familien brauchen in der Regel zwei Einkommen“, so Funcke. Auch wegen Kurzarbeit würden Ersparnisse angegriffen. Deshalb sei davon auszugehen, dass die Armut von Kindern und Familien in Folge der Pandemie zunehme.

Kinder aus armen Familien seien zudem bei der Schulbildung noch mehr benachteiligt, jedes vierte der Kinder habe keinen internetfähigen Computer zu Hause. Nachhilfe oder Betreuung von Homeschooling sei für die Familien meist nicht leistbar. Deshalb sei zu erwarten, dass die Bildungsungleichheit zunehme, sagte Funcke.

Austausch fehlt

Schon beim Lockdown im Frühjahr gab es große Sorgen vor einem Anstieg häuslicher Gewalt. Dies ist auch aktuell der Fall. Der Kinderschutzbund berichtet, die Anrufe von Kindern beim Hilfetelefon „Nummer gegen Kummer“ hätten zuletzt deutlich zugenommen. Ein Rückzug ins Private sei gefährlich, sagt Jörg M. Fegert, Direktor der Abteilung Kinder- und Jugendpsychiatrie/Psychotherapie der Uniklinikum Ulm. Ohne den Austausch mit anderen Kindern und Jugendlichen in der Schule werde die Gewalt seltener bemerkt.

Hinweise aus dem Umfeld

Wie wichtig solche Hinweise aus dem erweiterten Umfeld des Kindes sind, zeigen die Zahlen zu Kindeswohlgefährdungen aus dem vergangenen Jahr. Jugendämter stellten 2019 bei 55 500 Kindern und Jugendlichen eine Kindeswohlgefährdung fest. Pro Tag entsprach das im Schnitt 152 betroffenen Jungen und Mädchen bundesweit. Bei einem Fünftel der Fälle kamen Hinweise darauf aus sozialen Einrichtungen wie Beratungsstellen oder aus der Kinder- und Jugendhilfe.

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Auf jedes sechste betroffene Kind wurde aus Schulen und Kitas heraus aufmerksam gemacht (9600 Fälle), auf jedes 14. durch Angehörige des Gesundheitspersonals – etwa Ärztinnen oder Ärzte und Hebammen. Nur in 15 Prozent aller Fälle von Kindeswohlgefährdung kam der Hinweis von den Betroffenen selbst oder aus der eigenen Familie.

In fast 60 Prozent der Fällen war Vernachlässigung der Grund für eine Kindeswohlgefährdung, Sexuelle Gewalt kam in fünf Prozent der gemeldeten Fälle vor. Kinderpsychiater Fegert verweist in Hinblick auf die Pandemie auf eine Schere zwischen Arm und Reich: Wo Eltern und Kinder in einer kleinen Wohnung aufeinander säßen, werde Gewalt wahrscheinlicher.

„Verlorene Covid-Generation“

Angesichts vielfältiger Einschränkungen im medizinischen und sozialen Bereich warnt das UN-Kinderhilfswerk Unicef mit weltweitem Blick vor einer „verlorenen Covid-Generation“. Je länger die Krise dauere, desto gravierender seien ihre Auswirkungen auf Bildung, Gesundheit, Ernährung und Wohlbefinden. (dpa, lis)

So können Sie helfen

Mit unserer Aktion „wir helfen: damit unsere Kinder vor Gewalt geschützt werden“ bitten wir um Spenden für Projekte, die sich für ein friedliches und unversehrtes Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen in unserer Region einsetzen.

Die Spendenkonten lauten:

wir helfen – Der Unterstützungsverein von M. DuMont Schauberg e. V.“Kreissparkasse Köln, IBAN: DE03 370502990000 162155

Sparkasse Köln-Bonn, IBAN: DE21 37050198 0022252225