Hass im InternetSexistische und rassistische Beleidungen in Spielen sind alltäglich
Köln – Soziale Medien, das Internet allgemein, scheinen bisweilen ein hasserfüllter Ort zu sein. Eigentlich kommt man zum Kommunizieren, Einkaufen und Musikhören her – und trifft nicht selten auf Beleidigungen und Diskriminierung. Eine digitale Umgebung, auf die das ebenfalls zutrifft: Spiele. Denn in Online-Spielen sind Beschimpfungen alltäglich. Das bestätigen diejenigen, die regelmäßig im Internet zocken.
Immerhin laut dem Verband der deutschen Spieleindustrie Game knapp jeder zweite Deutsche. Unter ihnen sind viele Kinder und Jugendliche: In der Mediennutzungsstudie KIM geben bereits 30 Prozent der befragten Kinder zwischen zwölf und 13 Jahren an, (fast) jeden Tag digital zu spielen. Jugendliche bis 19 Jahre verbringen zwischen Montag und Freitag rund 103 Minuten mit Spielen am Computer, auf dem Handy oder der Konsole.
Besonders spielende Frauen leiden unter Anfeindungen
Nicht alle kriegen Hass ab. „Ähnlich wie im Sport gibt es zwischen Hate Speech und so genanntem »Trash Talk« ein breites Spektrum“, sagt Johannes Breuer, der am Leibniz-Institut zur Nutzung und Wirkung digitaler Spiele forscht. Trash Talk meine dabei, sich herablassend über die Spielleistung des Gegners zu äußern. Von Hate Speech ist dann die Rede, wenn die Beleidigungen rassistisch, sexistisch oder antisemitisch sind. Besonders spielende Frauen machen regelmäßig Anfeindungen und Ausgrenzungen öffentlich.
Die Frustration beim Verlieren steigert die Wahrscheinlichkeit von Aggression, die sich in Hate Speech entladen kann, erläutert der Medienpsychologe die Ursachen. Dabei sprechen Kriegs- und Egoshooter-Spiele besonders junge Männer an und bilden so eine Community, in der das Aggressionspotenzial von Anfang an höher liegt. Weitere Hate Speech fördernde Faktoren sind eine Anonymität, die vor sozialen Sanktionen schützt, und ein Chat, in den entweder geschrieben oder über ein Headset gesprochen wird – und den andere Mitspieler mitverfolgen können.
Folgen ähneln den Folgen von Cybermobbing
Diese Voraussetzungen erfüllen zum Beispiel die beliebten Spiele „Red Dead Redemption“ und „Call of Duty“. Einen erwiesenen Zusammenhang zwischen den stereotypischen Mann-Frau-Bildern in vielen Spielen – der Mann als Held, die Frau als dekorative Nebenfigur – und sexistischen Kommentaren gibt es laut Breuer nicht. „Die Frage ist eher: Wie geht eine Community mit sexistischem Verhalten um? Wenn es akzeptiert wird und keine Moderation stattfindet, begünstigt das Sexismus.“
Die Folgen diskriminierender Äußerungen vergleicht Breuer mit denen von Cybermobbing. Die Opfer ziehen sich unter anderem beschämt zurück. „Mittelbar geben Spieler ihr Geschlecht oder ihre Nationalität nicht mehr preis. Oder sie hören mit dem Spiel ganz auf.“
Spielehersteller sind um Toleranz bemüht
Game-Verbandschef Felix Falk stuft das Problem als weniger gravierend ein. „Wenn es in der Bevölkerung Menschen gibt, die sich abfällig oder beleidigend äußern, gibt es die leider auch in Spielen“, sagt er. Und man täte den jungen Männern Unrecht, „die Actionspiele spielen und sich natürlich trotzdem normal verhalten“. Außerdem seien die Spielehersteller um eine friedliche Atmosphäre bemüht, er verweist im Gespräch wiederholt auf die Imagekampagne „Hier spielt Vielfalt“, mit der sich die Branche gegen Extremismus, Menschenfeindlichkeit und Sexismus positioniert.
Breuer hingegen plädiert dafür, die Hersteller zu mehr Kontroll- und Sanktionierungsmechanismen zu drängen. Ähnlich wie den Anbietern sozialer Netzwerke gelte vielen amerikanischen Unternehmen nach wie vor die Meinungsfreiheit als höchstes Gut. „Auf die Interaktion zwischen den Spielern haben die Hersteller generell nur bedingt Einfluss.“
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Doch eine zentrale Meldestelle für Diskriminierung wäre ein erster wichtiger Schritt. Falk vom Spieleverband sieht die Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK) in der Pflicht, die beispielsweise Konsolenspiele und Filme mit Altershinweisen versieht. Die Mitgliedschaft in der Organisation ist für die Hersteller von Online-Spielen allerdings freiwillig. Sie könne dann bei den Herstellern einen Ausschluss von Spielern erwirken, die sich nicht an die Regeln halten.