Kölner KulturvereinDako hilft afrikanischen Familien bei der Integration
Köln – Nur zehn Stunden dauert es für die Mütter, ein kleines Stück Freiheit zu lernen. Es verspricht Bewegung und Abkühlung, ein bisschen über den blauen Fliesen eines Schwimmbads auf und ab zu strampeln. Mit den Kindern aus den stickigen, engen Wohnungen auf das Grün einer Freibadwiese zu flüchten. „Viele unserer Besucherinnen leben schon einige Jahre in Deutschland und hatten nie die Gelegenheit, mal etwas für sich zu tun“, erzählt Kirstin Berg, die im Caféfamilia des Vereins Dako Schwimmkurse für Mütter organisiert. An zehn Terminen lernen sie in einer Schule in Lindenthal, sich im Wasser fortzubewegen. Viele hätten vorher Angst oder scheuten, sich vor anderen auszuziehen. Deshalb findet der Schwimmkurs in einem geschützten Raum statt.
Dako ist ein Integrationsverein, der sich in erster Linie an afrikanische Eltern richtet, theoretisch ist aber jeder mit Migrationsbezug willkommen. Die Mitglieder bieten Beratung, Gespräche und Ausflüge an. An diesem Mittwoch sitzen im wöchentlichen Familiencafé fünf Frauen und ein Mann in der Alten Feuerwache im Agnesviertel. Wegen der städtischen Corona-Schutzmaßnahmen musste die Teilnehmerzahl begrenzt werden. Früher waren an vollen Tagen bis zu 60 Erwachsene und Kinder im Café, erzählt der Vereinsvorsitzende Francois Koutouan. Aber die Kinder spielen an diesem sonnigen Vormittag ohnehin lieber draußen und Berg steht vorne an einem Flipchart mit dem Zeitplan für den nächsten Schwimmkurs.
In Deutschland haben Eltern Rechte
Auch Odette Messi ist interessiert. Die gebürtige Kamerunerin ist vor sieben Jahren alleine und schwanger nach Deutschland gekommen, erzählt sie, ihre Töchter Annabelle und Amelie malen neben ihr im Hof mit Kreide bunte Blumen auf die Pflaster. Annabelle steht kurz vor der Einschulung, sie ist ein bisschen nervös, sagt die Sechsjährige.
Die Schule wäre in den Gesprächen im Familiencafé immer ein großes Thema, erklärt Koutouan. Viele Eltern hätten große Probleme, das deutsche Schulsystem zu verstehen. Dass eine Eins die beste Note und eine Sechs die Schlechteste ist, zum Beispiel. In vielen Ländern auf der Welt ist es andersherum. Die Eltern fühlen sich von den Lehrern oft nicht ernst genommen, haben Angst, dass ihr Kind sofort den „Ausländer-Stempel“ aufgedrückt kriegt. „Viele unserer Kinder werden viel zu schnell in Sprachtherapien geschickt, nur weil sie Deutsch nicht perfekt beherrschen“, beklagt eine Mutter aus dem Irak in der Gesprächsrunde. Koutouan und Berg versuchen bei Problemen mit Behörden zu helfen, klären die Klienten über Grundsätzliches auf.
Alltagsrassismus bei der Wohnungssuche
„In Deutschland haben Eltern Rechte“ ist so ein Grundsatz. Ein Lehrer kann nicht alleine entscheiden, was das Beste für das Kind ist. Und: Nicht alles, was Behörden entscheiden, gilt uneingeschränkt. „Bei Briefen aus dem Jobcenter oder vom Wohnungsamt sagen wir immer: In Deutschland gibt es das Widerspruchsrecht“, sagt Berg. Auch Diskriminierungserfahrungen besprechen sie. Den kleinen bohrenden Alltagsrassismus auf der Straße, die Wohnung, die Odette Messi nicht bekam, als sie dem Vermieter nur wenige Stunden nach einem Telefonat gegenüber stand. Die Wohnung ist schon weg, rief er ihr schon auf der Straße entgegen, als sie mit ihren beiden Mädchen um die Ecke kam. „Ich hätte am liebsten geweint und geschrien, aber das sollten meine Töchter nicht sehen“, sagt die Alleinerziehende mit fester Stimme.
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Im Verein wollen sie die Mitglieder bestärken und ermutigen, für sich einzustehen, gerade die Frauen. „Afrikanische Männer sind es nicht gewohnt, dass Frauen widersprechen“, bringt es Koutouan auf den Punkt. Das würden viele dann erst in Deutschland lernen. Oft zerbrächen die Ehen daran, dass die Frauen selbstständig werden und mehr Freiheit fordern.
Anderen Afrikanern die Hand reichen
Koutouan wurde in der Elfenbeinküste geboren, hat dadurch einen französischen Pass und lange in Frankreich gelebt. „Das Wort Asyl habe ich erst in Deutschland kennengelernt“, sagt er. Erst dann habe er begriffen, was es für andere Afrikaner bedeutet, die vor Krieg und Perspektivlosigkeit fliehen. „Sie konnten sich nicht frei bewegen, nicht arbeiten, nicht die Sprache lernen.“
Um ihnen „die Hand zu reichen“, hat er 2004 mit Freunden den Kulturverein gegründet, der von der Stadt als interkulturelles Zentrum anerkannt und von „wir helfen“ mit Spenden unterstützt wird. Mittlerweile könnte er Bücher füllen, sagt Koutouan, mit den Geschichten seiner Freunde, über verwehrte Chancen durch die Ausländerbehörde, geplatzte Jobträume, vergeudete Jahre in Blechcontainern. Aber auch über Hoffnung: Auf ein Leben in Frieden für ihre Kinder. Und auf die Freiheit zu schwimmen.