MusikförderungBildung per Bogenstrich
Porz – „Im Ensemble spielen statt einzeln kämpfen!“ könnte das Motto des „Klassenstreicher“-Projekts lauten, das dem, der es live erlebt, vor Rührung die Tränen in die Augen treibt. Da sitzen zehn Zweitklässler aus acht verschiedenen Heimatländern im Pavillon der „Gemeinschaftsgrundschule (GGS) Porz-Mitte“ und schwingen den Bogen – am Kontrabass, Cello, an der Bratsche oder Geige. Nicht nur das: Sie zupfen, reiben, klopfen. Hier und da quietscht und leiert es ein wenig, aber die freudig-konzentrierten Gesichter verraten: Das ist vollkommen nebensächlich!
230 Schüler aus 30 Nationen
Was zählt, „ist die Chance, Musik erleben, von Musik berührt werden und ein Instrument spielen zu dürfen“, sagt Rektor Jonas Pilatus. Was für viele Schülerinnen und Schüler aufgrund der Herkunft, des Einkommens oder Bildungsgrads der Eltern nicht selbstverständlich ist. Die Schule vereint 230 Schülerinnen und Schüler aus mehr als 30 Nationen – überwiegend Migranten- und Flüchtlingskinder, die zum Teil schwer traumatisiert sind.
„Gibt es vor diesem Hintergrund eine heilendere, gemeinschaftsstiftendere Sprache als die Musik?“, fragt der ehemalige Direktor der GGS, Uwe Eckay, rhetorisch – denn er kennt die Antwort haargenau. Dank einer Kooperation mit der Kölner Helmut-Behn-Stiftung hat er das „Klassenstreicher“-Projekt vor zehn Jahren an „seiner“ Schule initiiert und in all den Jahren erlebt: „Das gemeinsame Musizieren fördert das soziale Miteinander ganz enorm!“ – Stärkt das Selbstbewusstsein und die gegenseitige Wertschätzung.
Neben der regulären Musikstunde bilden die zwei zweiten Klassen ein Mal pro Woche für eine Stunde ein kleines Orchester, das von zwei externen Musikpädagogen geleitet wird. Zu Beginn und zum Schluss der Stunde spielen alle gemeinsam. Zwischendurch teilt sich die Gruppe in Geigen und Bratschen, Celli und Bässe – und übt getrennt. Im dritten Schuljahr erweitern die Kinder ihr Können, lernen Töne zu greifen und anspruchsvollere Musikstücke zu spielen.
Applaus macht stark
Höhepunkt der musikalischen Reise ist das gemeinsame Konzert am Ende des Schuljahres im Porzer Bezirksrathaus. Bühnenerfolg und Applaus machen stark. Das Besondere an dem, von „wir helfen“ geförderten Projekt: Es gibt keine Auswahl- oder Profilklassen, die bestimmte Kinder, je nach ihren Neigungen oder Interessen fördern, sondern alle Kinder der zweiten und dritten Jahrgänge machen mit. „Auf diese Weise wird Chancengleichheit gewährleistet“, loben Sigrid Alt und Anita Mirche vom Bürgerverein Porz-Mitte unisono. Einer der vielen Gründe, weshalb sich das Vorstandsduo stellvertretend für seine 143 Mitglieder seit Jahren für das Projekt starkmacht und Fördergelder sammelt.
17000 Euro pro Jahr
Und die sind bitter nötig. Zwar hatte die Helmut-Behn-Stiftung mit einer zweijährigen Anschubfinanzierung die finanzielle Basis für das Projekt geschaffen. „Seitdem muss die Grundschule aber rund 17000 Euro pro Schuljahr aufbringen, um Instrumente bereitzustellen, zu warten, zu versichern, Saiten zu wechseln“, rechnet der Vorsitzende des Fördervereins der GGS Achim Kautz vor. Hinzu kommt die Finanzierung der zwei externen Musikpädagogen.
Die nächsten Konzerte: 27./28. Juni,
18 Uhr, Bezirksrathaus Porz
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