Rolf ZuckowskiWie Musik einsamen Kindern hilft
Herr Zuckowski, in Ihren Liedern haben Sie viele Entwicklungen des Lebens aufgegriffen. Was kann Musik bei Kindern bewirken?
Musik ist Emotion. Sie kann tief in die Seele der Kinder eindringen. Wenn Kinder Musik machen, dann lebt sie über den Moment hinaus in ihnen weiter – und gibt ihnen Halt. Musik stabilisiert sie auf eine besondere Weise. Viele Dinge im Leben kommen und gehen, aber die Musik, wenn man sie einmal in sich hat, die bleibt. Kinder haben mit ihren Liedern auch immer ein Stück Zuhause bei sich.
Dann hilft Musik auch gegen das Gefühl von Einsamkeit?
Ein Junge hat mal zu mir gesagt: „Wenn wir Musik machen, dann wird mir immer so warm.“ Er wollte damit sagen: Wir spüren uns, sobald Musik im Spiel ist. Deshalb kommt es bei einem Lied nicht nur auf den Text an, sondern auf die Komposition. Sie lässt uns tanzen. Treibt uns die Tränen in die Augen. Oder sie versetzt uns in Schwingung. Musik führt uns zusammen. Das merkt man, wenn man mit anderen gemeinsam Musik macht. Da passiert was. Wir werden automatisch Teil einer Gemeinschaft.
Sie gehen noch einen Schritt weiter und sagen: Kinder brauchen Musik.
Ja, weil Musik auch eine höchst soziale Kultur ist. Selbst jemand, der alleine singt, hat ein gedachtes Gegenüber – jemanden, dem man eine Botschaft überbringen will. Oder mal die Meinung sagen. In diesem Sinn macht Musik Kinder stark. Deshalb dient Musikförderung bei Kindern auch nicht nur ihren musikalischen Talenten. Sie stärkt ihre Persönlichkeit. Und die Kreativität, ihre Lernfreude und ihre sozialen Fähigkeiten.
Auch Sie wollen helfen?
Mit dem Thema „Wir helfen: damit Kinder ihre Einsamkeit durchbrechen“ wollen wir Projekte, Initiativen und Vereine aus Köln und der Region unterstützen, die ausgegrenzten Kindern und Jugendlichen dabei helfen, wieder in Gemeinschaften aufgenommen zu werden.Am 4.11. und 2.12. werden dieser Zeitung Überweisungsträger beiliegen, die das Spenden erleichtern.
Die Spendenkonten:Kreissparkasse KölnIBAN: DE03 37050299 0000162155Sparkasse Köln-BonnIBAN: DE21 37050198 0022252225
Spendengelder beantragen können gemeinnützige Projekte und Vereine aus unserer Region bis Ende Mai 2018. Ein Formular ist auf unserer Internetseite zu finden.Kontakt: „wir helfen“, Amsterdamer Straße 192, 50735 Köln, 0221/224-2241 (Förderung),www.ksta.de/wir-helfen
Wenn Musik also so wichtig ist, können wir ja gar nicht genug musizieren mit unseren Kindern.
Deshalb ist es auch so wichtig, dass wir Projekte fördern, die Kindern, egal welcher sozialen oder kulturellen Herkunft, musikalische Impulse geben. Vor diesem Hintergrund hat die qualifizierte Ausbildung von Erziehern einen hohen Stellenwert. Denn sie können schon mit den Kleinsten aktiv Musik machen. Kinder merken dabei: Ich darf träumen. Ich kann mich ausdrücken. Ich kann mich einbringen.
Musik verbindet, sagt man. Die Wahrheit ist aber doch auch, dass viele Kinder im Alltag Trennendes erleben. Sie sprechen eine andere Sprache. Sie kommen aus einem anderen Land. Sie sind sozial isoliert.
Musik kann auch mal neue Wege gehen. Ich kenne ein Projekt, bei dem Kinder durch Deutschlern-Lieder unsere Sprache üben. Singend lernt sich’s nämlich leichter.
Was mögen die Kinder am liebsten?
Auf meiner Tour durch Deutschland, die ich gerade mache, stehen vor allem Kinder auf der Bühne. Sie sind es, die meine Lieder singen, und ich bin eigentlich nur der Gast. Es ist interessant zu sehen, welche Titel sie wieder auspacken. „Und was sag ich“ ist so ein Beispiel: Ein Lied über Eltern, die sich trennen wollen. „Ich schaff das schon“ handelt davon, wie man über eine schwierige Lebensphase hinweg kommt. So ein Lied kann dabei helfen, das haben mir auch Erwachsene schon erzählt. 1983 habe ich ein Lied geschrieben mit dem Titel „Traumautomaten“. Es setzt sich kritisch mit Computerspielen auseinander. Das Thema ist heute, wo die virtuellen Welten Einzug in jedes Kinderzimmer gehalten haben, aktueller denn je.
Macht die elektronische Versuchung, der sie ausgesetzt sind, das Leben bunter oder einsamer für Kinder?
Wir kennen alle die Situation. Das Kind quengelt im Restaurant, die Erwachsenen wollen sich unterhalten. Also darf das Kind am Tablet oder Handy spielen und ist vermeintlich zufrieden dabei. Kinder in die Gespräche einzubeziehen, wäre die Kunst. Sie sind immer ein Spiegel unserer Lebensweise. Wenn Eltern ständig online sind und das Smartphone bedienen, müssen sie sich nicht wundern, dass die Kinder das auch tun.
Das Wichtigste, was wir von Kindern lernen können?
Ihnen reicht ein Blickkontakt, um Vertrauen zu fassen. Sie träumen phantastische Dinge, ohne gleich alles auf den Prüfstand zu legen. In ihnen steckt eine beneidenswerte Aufbruchstimmung. Sie glauben an Ideen und finden auch die kleinen Dinge wichtig. Heute ein Laubblatt auf der Straße. Morgen ein Lied. Sie zeigen uns: Es muss nicht alles groß und wichtig sein.
Zur Person:
Rolf Zuckowski (70), steht seit 40 Jahren auf der Bühne und ist mit 16 Millionen Tonträgern der bekannteste deutsche Liedermacher für Kinder. Der Musiker macht sich stark für Musikförderprojekte, die sich vor allem an benachteiligte und ausgegrenzte Kinder und Jugendliche richten.
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