265 Millionen Dollar Schadenersatz in USADroht Bayer eine Krise wie bei Glyphosat?
- Bayer soll laut einem Gerichtsurteil gemeinsam mit BASF einen Schadensersatz in Höhe von 265 Millionen Dollar zahlen.
- Der Vorwurf: Der Unkrautvernichter Dicamba habe zu Ernteausfällen auf einer Pfirsichfarm geführt.
- Unser Autor ordnet die Geschehnisse ein und wirft einen Blick auf die rechtlichen Risiken, die Bayer trägt.
Köln/Leverkusen – Neben Zehntausenden Glyphosat-Klagen belasten auch Prozesse um den Unkrautvernichter Dicamba den Leverkusener Pharma- und Agrochemiekonzern Bayer. Ein millionenschweres Schadensersatzurteil wirft erneut ein Schlaglicht auf die rechtlichen Risiken, denen Bayer vor allem in den USA ausgesetzt ist. Antworten auf die wichtigsten Fragen:
Was hat es mit dem Urteil gegen Bayer auf sich?
Am vergangenen Wochenende hat eine Jury im US-Bundesstaat Missouri entschieden, dass Bayer und der Chemiekonzern BASF insgesamt 265 Millionen Dollar an einen Farmer zahlen sollen. Die Geschworenen kamen zu dem Schluss, dass der Wirkstoff Dicamba für Ernteverluste auf dessen Pfirsichplantage verantwortlich ist. Weil das hocheffektive Pflanzengift in Form von Unkrautvernichtern der Firmen Bayer und BASF von benachbarten Baumwollfeldern anderer Landwirte auf die Pfirsichbäume des Klägers geweht sei, habe er schwere Verluste erlitten.
Wie reagiert Bayer?
„Bayer ist mit dem Urteil der Jury nachdrücklich nicht einverstanden und von diesem Ergebnis sehr enttäuscht“, teilte das Unternehmen am Montag mit. Bayer werde gegen die Entscheidung zügig Rechtsmittel einlegen. Im Gerichtsverfahren seien „keine qualifizierten Beweise“ vorgelegt worden, dass Produkte der Bayer-Tochter Monsanto auf der Farm vorhanden und für die Verluste des Klägers verantwortlich waren.
„Bei Verwendung gemäß den Anweisungen auf dem Etikett weisen sie kein unangemessenes Abdrift-Risiko auf“, sagt Bayer zu dem Vorwurf, seine Produkte könnten auf andere Felder wehen. Darüber hinaus schule Bayer Landwirte, die das Mittel einsetzen, bei der Anwendung.
Bayer stehe fest zu seinen Produkten, die „wertvolle Instrumente für Landwirte“ seien, „die wirksame Optionen zur Ertragssteigerung und zur Bekämpfung resistenter Unkräuter benötigen“.
Wie groß sind die Rechtsrisiken rund um Dicamba?
Im Vergleich mit den zuletzt 42 700 Klagen, die rund um das umstrittene Pflanzengift Glyphosat gegen Bayer in den USA eingegangen sind, wirkt die Zahl der Dicamba-Klagen winzig: Rund 170 seien es aktuell, sagte ein Bayer-Sprecher am Montag auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“. Es sei damit zu rechnen, dass im August ein zweiter Prozess starte.
Welche weiteren rechtlichen Risiken trägt Bayer?
Dass ein Konzern wie Bayer mit seinen unzähligen pharmazeutischen und landwirtschaftlichen Produkten eine größere Zahl von Rechtsstreitigkeiten führt, ist völlig normal. Zeit seiner Geschichte ist Bayer Rechtsrisiken ausgesetzt. Neben Glyphosat beschäftigen Bayer laut dem letzten Quartalsbericht von Ende Oktober 2019 auch derzeit eine ganze Zahl von Rechtsstreits, vor allem in den USA:Dort klagten zuletzt etwa 2700 Anwenderinnen von Bayers Hormonspirale Mirena. Das Verhütungsmittel habe zu Gesundheitsschäden geführt, so der Vorwurf. In einem ersten Verfahren wies ein Gericht die bei ihm anhängigen 730 Fälle ab.
32 000 Nutzerinnen des Verhütungsmittels Essure klagen wegen zahlreicher Gesundheitsschäden, wohl im März starten erste Prozesse. Bayer hat den Verkauf von Essure in den USA inzwischen eingestellt.
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Auch Nutzer von Bayers Gerinnungshemmer Xarelto klagen gegen den Konzern. Bis Oktober 2019 gab es Klagen von 27 700 Anwendern, die Xarelto für Gesundheitsschäden und Todesfälle verantwortlich machen. Bayer und der Pharmahersteller Janssen haben sich mit den Klägern auf einen Vergleich in Höhe von 775 Millionen Dollar geeinigt.Wie hoch Bayers aktuelle Rückstellungen für Rechtsrisiken sind, ist unklar. 2018 waren sie noch um rund 660 Millionen Euro gestiegen, neue Zahlen kommuniziert Bayer erst in der kommenden Woche bei der Vorlage der Jahresbilanz 2019.