Ausbildungsplätze in KölnViele Stellen sind noch immer unbesetzt

Vorstellungsgespräche finden während Corona meist nur virtuell statt.
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Köln – Das erste Bewerbungsgespräch ihres Lebens führt Ranim El Sayes im März 2021 über die Videoplattform Microsoft Teams. „Ich war sehr nervös“, sagt sie heute. „Zwischendurch ging auch noch das Internet weg. Das hat es kompliziert gemacht, ich hatte eigentlich kein gutes Gefühl.“ Zuerst muss die 18-Jährige eine Eignungspräsentation halten, dann ein Rollenspiel durchlaufen. Erst danach folgt das eigentliche Bewerbungsgespräch. Eine Woche später kommt trotz des schlechten Gefühls die positive Rückmeldung: Sie hat einen Ausbildungsplatz als Versicherungskauffrau sicher.
Es ist das erfolgreiche Ende einer längeren Suche mitten in der Corona-Pandemie. Im Herbst 2020 bricht die damalige Zwölftklässlerin El Sayes die Schule ab. „Ich habe gemerkt, dass ich keinen Plan mehr hatte, wieso ich eigentlich Abitur machen möchte“, sagt sie.
Damals erinnert sie sich an die Berufsberatung an ihrer Schule, findet auf einem der aufgehängten Plakate eine Nummer der Agentur für Arbeit, bei der sie sich meldet. Mit Unterstützung der Agentur, einem Jugendbüro und dem Jobcenter beginnt sie die Suche nach einem Ausbildungsplatz. Das ist im Oktober 2020 – es wird viele Absagen geben, bevor die Einladung zum Teams-Gespräch folgt.
Weniger Stellen, weniger Bewerber
Die Corona-Pandemie hat auch auf dem Ausbildungsmarkt Spuren hinterlassen. Vieles läuft dort derzeit noch ein wenig anders, als es das sonst täte. Bereits im Ausbildungsjahr 2020 wurden rund 19 Prozent weniger Ausbildungsverträge geschlossen als im Vorjahreszeitraum. Auch 2021 gibt es weniger Stellen und weniger Bewerber – dennoch sind jetzt, Mitte August, wo das neue Ausbildungsjahr eigentlich schon begonnen hat, noch immer Plätze verfügbar.
Denn in Zeiten langer Lockdowns war es schwieriger, Bewerber und Stellen zusammenzubringen. Praktika waren kaum, Vorstellungsgespräche nur virtuell möglich. Auch das Beratungsangebote für junge Menschen waren 2020 und 2021 stark eingeschränkt. „Wir konnten lange Zeit nicht mehr präsent an den Schulen sein, hatten keine Möglichkeit, dort vor Ort unser Orientierungsprogramm anzubieten“, sagt Berufsberater Hasan Aydin von der Agentur für Arbeit, der auch El Sayes unterstützt hat. „Wir haben stattdessen telefonische und digitale Sprechstunden angeboten.“
Das habe gut geklappt, sei aber dennoch nur eine Notlösung gewesen. „Die Präsenzberatung ist immer die beste. Dort sehe ich: Was hat mein Gegenüber für eine Mimik, für eine Gestik? Kann ich eine Frage daraus lesen? Aber wir passen das Beratungsformat natürlich dem Bedarf an.“
Jobcenter und Jugendbüro halfen El Sayes bei Bewerbung
Im Fall von Ranim El Sayes greifen viele Zahnräder ineinander: Aydin beriet die junge Frau, begleitete später ihren Bewerbungsprozess. Ein Jugendbüro unterstützte sie bei der Vorbereitung ihres Gesprächs, stellte ihr einen Laptop zur Verfügung, erprobte die Technik. Auch mit dem Jobcenter stand sie im Austausch. Ihre Ausbildung hat sie Anfang August begonnen.
„Ich glaube, Corona hat uns mit Blick auf den Ausbildungsmarkt lange ein Gefühl der Hoffnungslosigkeit gegeben“, sagt Martina Würker, Geschäftsführerin des Kölner Jobcenters. „Aber wenn wir genauer hinschauen, sehen wir, dass sich dort auch viele Chancen ergeben. Wir wollen Mut machen mit solchen Geschichten. Man kann auch am ersten Oktober noch eine Ausbildung beginnen.“
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Das betonen derzeit alle Beteiligten: In Köln gab es Ende Juli laut Agentur für Arbeit noch 1648 freie Ausbildungsstellen. „Normalerweise beginnen Ausbildungen am ersten August“, sagt Hasan Aydin. „Aber aufgrund der Pandemie sind einige Arbeitgeber noch immer auf der Suche. Stellen gibt es zum Beispiel noch im kaufmännischen Bereich.“
Es sei wichtig, dass die jungen Menschen „den Kopf aus der Maske und dem Sand ziehen“, sagt Martina Würker. „Mit einer Ausbildung ist die Gefahr, arbeitslos zu werden und zu bleiben, viel geringer.“