Branche in SorgeWie Trockenheit und Corona einem Kölner Landwirt zu schaffen machen
- Nicht nur die Corona-Krise – auch das Wetter macht den deutschen Landwirten aktuell stark zu schaffen.
- Hinter ihnen liegen drei harte Jahre und 2020 könnte ähnlich schwierig werden.
- Ein Kölner Landwirt erzählt, wie schwer ihn das trifft.
Köln – Christian Fuchs ist Landwirt im Kölner Stadtteil Merkenich, genauer gesagt in Rheinkassel. Sein Hof ist seit dem Jahr 1761 in Familienhand. 100 Hektar Ackerland bewirtschaftet der 41-Jährige mit seiner Familie. Corona machte dem Betrieb schon stark zu schaffen: Keine Erntehelfer aus Osteuropa hieß es erst.
Sowieso ist der Spargel selbst kaum gefragt. „Anders als Kartoffeln ist der Luxus und kein Grundnahrungsmittel“, sagt Fuchs. Und Restaurants sind geschlossen, die Spargelnachfrage daher im Eimer. Als wäre das noch nicht genug droht Bauer Fuchs und vielen seiner Kollegen in NRW nun auch noch eine Dürre. Seit mehr als fünf Wochen hat es so gut wie nicht geregnet im eigentlich humiden, mit guten Böden gesegneten Rheinland.
Erde wie Holzkohlenasche
Fuchs steht auf seinem Feld, auf dem eigentlich bald Süßkartoffeln wachsen sollen. Die Erde in seinen Händen staubt wie Holzkohlenasche. Das ist aber nicht das einzige Problem. „Bei der Trockenheit bildet der Boden Klumpen, um ihn locker zu machen, muss ich normalerweise einmal mit Trecker und Egge drüberfahren, um die Klumpen zu lockern. In diesem April musste ich acht Mal fahren, um das Ziel zu erreichen“, sagt Fuchs. Besonders um das im Frühjahr gesäte Getreide sorgt sich der Landwirt.
Am Dienstag hat es zum ersten Mal wieder geregnet. Grund zur Hoffnung? „Dieser minimale Regen hat bislang nur meine Traktoren schmutzig gemacht, dem Boden hat er noch gar nichts genutzt“, sagt Fuchs.
Branche teilt die Sorgen
Die ganze Branche teilt die Sorgen von Bauer Fuchs. „Besonders die im Rheinland verbreiteten Zuckerrüben, Kartoffeln und der Mais haben unter der Trockenheit in März und April 2020 gelitten“, sagt Bernhard Rüb, Sprecher der Landwirtschaftskammer. Diese jüngste Trockenheit ist aber nicht allein das Problem. Man muss weiter zurückschauen, um die Sorgen der Landwirtschaft zu verstehen. Der Sommer 2017 war, viele haben das vergessen, vollkommen verregnet. Es sollte schlimmer kommen. Der Sommer 2018 ging als der trockenste der vergangenen Jahrzehnte in die Geschichte ein. Die Bauern waren so getroffen, dass es Dürrehilfen der deutschen Regierung gab. „Die Bodenspeicher sozusagen waren leer“, sagt Rüb. Doch es wurde nicht besser. Der Sommer 2019 war zwei kein Dürrejahr, das Hilfen der Regierung rechtfertigte. Aber Rekordtemperaturen von 38 Grad Celsius und mehr ließen das Wachstum der Pflanzen weitgehend zum Stillstand kommen. Der Speicher blieb leer. „Zwar gab es etwas mehr Niederschläge, die aber wegen der Sommerhitze schnell verdunsteten“, sagt Rüb.
Auch der Winterregen half nicht
Die Hoffnung lag auf einem feuchten Winter. Und der kam tatsächlich. Im Februar regnete es zweieinhalb mal so viel wie sonst. Anfang März konnte die Kammer endlich melden: „Die Wasserspeicher im Boden sind wieder voll.“
Doch prompt folgte die nächste Dürrephase. Die Winterregen nutzten den Pflanzen im April wenig. Eigentlich ist genug Wasser im Boden, die Pflanzen kommen aber nicht dran, weil der Oberboden so trocken ist, heißt es vom Rheinischen Landwirtschaftsverband. Rüb teilt die Auffassung von Fuchs, bezüglich des jetzt einsetzenden Regens. „Selbst ein Gewitterregen bringt vielleicht 20 Millimeter Niederschlag, aber sechs Millimeter verdunsten pro Tag“, sagt Rüb.
Gibt es also jetzt keinen anhaltenden oder zu schwachen Regen, verdunstet das Wasser dank warmer Winde binnen weniger Tage, ohne die Pflanzenwurzeln überhaupt zu erreichen. Und Starkregen wie 2016 brächte noch größere Gefahren wie Erdrutsche und die Problematik, dass der trockene Boden das Wasser fast nicht aufnimmt.
Acker- und Grünland zu trocken
1,5 Millionen Hektar landwirtschaftliche Flächen hat NRW, eine Million davon sind Ackerland, und mehr oder weniger betroffen. Doch auch das restliche Grünland, also Weiden und Wiesen, bekommen den trockenen April zu spüren. In Zahlen messbar ist das noch nicht, aber es zeichnet sich ab, dass Wiesen viel weniger hohes Gras tragen als in anderen Jahren. Die Sorge vor einem weiteren Dürrejahr geht um. Kammersprecher Rüb erinnert sich an 1976. Damals hat es von Mai bis September praktisch nicht geregnet, die Bundeswehr musste Heu in futterarme Regionen fahren, damit die Tiere nicht verhungerten. „Der Hafer war nur knöchelhoch“, sagt Rüb. Doch was die Lage heute dramatischer werden lässt. „Damals war es maximal 30 Grad warm im Sommer, heute messen wir oft 37 Grad und mehr“.
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Der Rheinische Landwirtschaftsverband (RLV) ist alarmiert. „Ein drittes Dürrejahr in Folge würde die Bauern sehr schwer belasten. Die Tierhalter müssten erneut Futter zukaufen, die Erträge könnten geringer und der Schädlingsbefall höher ausfallen. Das gefährde die Betriebe – zusätzlich zu den Auswirkungen der Corona-Pandemie – in ihrer Existenz, sagt RLV-Präsident Bernhard Conzen. All dies erfordere mit Blick auf die Diskussion zur Neuausrichtung der Agrarpolitik die Förderung von Versicherungslösungen gegen unvorhersehbare Probleme in den Blick zunehmen. Das Ausmaß der unvorhersehbaren Risiken nehme in einem Maß zu, dass der einzelne Landwirt das kaum noch absichern könne. „Wir fordern eine Dürreversicherung. Diese gibt es in vielen Ländern bereits und kann die Landwirte gegen die Ertragsverluste durch Trockenheit absichern“, sagt Bauernpräsident Conzen.
Alarmismus kommt zu früh
Doch für Alarmismus ist es noch zu früh. „Ob uns eine neue Dürre bevorsteht, können wir zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sagen“, heißt es vom RLV-Präsidenten. Und so ist auch die Landwirtschaftskammer noch verhalten optimistisch. „Von einem Dürrejahr sprechen wir erst, wenn es bis Juli nicht regnet“, sagt Kammersprecher Bernhard Rüb. Die Hoffnung auf einen regenreichen Mai bleibt bestehen. Eine alte Bauernregel sagt: „Regen im Mai bringt Wohlstand und Heu.“
Bauer Christian Fuchs aus Köln Merkenich will sich auf alte Bauernregeln allein nicht verlassen. „Wir haben in den vergangenen Jahren viel Geld in Bewässerungstechnik investiert“, sagt Fuchs. So hat er die Süßkartoffelernte aus Rheinkassel auch ohne Regen gesichert.