Kreissparkassen-Chef„Sollte es zu Schließungen kommen, werden das Einzelfälle sein“
- Die Kreissparkasse Köln hat in der Vergangenheit mit etlichen Filialschließungen auf sich aufmerksam gemacht. Im Interview erzählt Alexander Wüerst, ob es zu weiteren Schließungen kommen soll.
- Das Kölner Geldhaus befindet sich an der Schwelle zur Großbank, denn ab einer Bilanzsumme von 30 Milliarden Euro rutscht es in die kostenintensive Bankenaufsicht durch die Europäische Zentralbank (EZB). Sorgen um die Aufsicht macht sich Wüerst aber keine.
- Außerdem spricht der Vorstandsvorsitzende über die Kontogebühren der Kreissparkasse und ab wann sie Negativzinsen fordert.
Herr Wüerst, die Kreissparkasse Köln ist inzwischen die größte deutsche Sparkasse in kommunaler Trägerschaft. Sie haben eine Bilanzsumme von über 29 Milliarden Euro, knapp unter der Grenze von 30 Milliarden, ab welcher die Kreissparkasse Köln als systemrelevantes Kreditinstitut gelten würde, mit einer kostenintensiven Bankenaufsicht direkt durch die EZB. Lässt sich das noch verhindern?Alexander Wüerst: Unsere strategischen Entscheidungen sind unabhängig von der Frage, ob die Sparkasse der nationalen Beaufsichtigung durch Bundesbank und BaFin oder der europäischen Beaufsichtigung durch die EZB unterliegt. Von daher gibt es keinen Kurswechsel bei der Kreissparkasse Köln. Wir nehmen die Bankenaufsicht wie sie kommt. Ich rechne damit, dass wir bei unserem Wachstum 2023 oder spätestens 2024 der direkten Aufsicht durch die EZB unterliegen. Wie Sie zurecht sagen, hat die EZB deutlich umfangreichere Anforderungen an die Kreditinstitute, was zu höheren Aufwänden führt.
Was unternimmt die Kreissparkasse, um diese Auflagen der Aufsicht zu erfüllen?
Wir bereiten uns bereits seit einem Jahr auf die kommende Aufsicht durch die EZB vor. Um diese Aufgabe kümmert sich ein neu gegründeter Bereich mit inzwischen sechs Mitarbeitenden. Viele Daten müssen erst neu erhoben werden, hier stehen wir auch im Kontakt mit der Finanz Informatik, dem IT-Dienstleister der S-Finanzgruppe.
Wie hoch sind die Kosten für die Umsetzung der Anforderungen der EZB-Beaufsichtigung?
Die Einmalkosten werden voraussichtlich einen höheren einstelligen Millionenbetrag ausmachen. Hinzu kommen weitere jährliche Kosten im Millionenbereich.
Bislang hätten weitere Fusionen oder Übernahmen für die Kreissparkasse gegebenenfalls bedeutet, früher unter die EZB-Beaufsichtigung zu gelangen. Jetzt sind Sie bereit für das Durchbrechen der 30-Milliarden-Grenze. Heißt das auch, dass Sie bereit sind für weitere Übernahmen?
Größe allein ist nicht unser Ziel. Von daher sucht die Kreissparkasse Köln auch aktiv keine Fusion mit anderen Sparkassen. Jedoch haben wir immer betont, dass wir für Gespräche mit den Sparkassen in unseren vier Trägerkreisen, auf deren Wunsch, grundsätzlich zur Verfügung stehen.
Nun, in Ihrem Trägergebiet gibt es mit den Sparkassen Wermelskirchen, Gummersbach und Radevormwald-Hückeswagen noch drei selbstständige Sparkassen. Mit Radevormwald-Hückeswagen sprechen Sie bereits. Könnten Sie sich auch mit den beiden weiteren Sparkassen eine Fusion vorstellen?
Grundsätzlich stehen wir wie gesagt für Gespräche zur Verfügung, wenn dies von einer der beiden Sparkassen gewünscht wird. Das ist jedoch aktuell nicht der Fall. Beide Sparkassen sind leistungsfähige und in ihrer Region erfolgreiche Sparkassen mit einem guten Angebot für ihre Kunden.
Schließen Sie eine Fusion mit der fast gleichgroßen Sparkasse KölnBonn aus?
Die Fusion unserer beiden Sparkassen ist immer wieder Thema der Medien. Tatsächlich entstünde aktuell eine Sparkasse mit einer Bilanzsumme von rund 60 Milliarden Euro. Ist das dann noch Sparkasse? Ist die Sparkasse dann noch so kundennah? Ich halte es zumindest für schwierig. Bei der Beantwortung Ihrer Frage halte ich es mit meinen Vorgängern als Vorstandsvorsitzende. Irgendwann wird es vielleicht zu dieser Fusion kommen, jedoch werde ich dies nicht mehr in meinem Amt erleben.
Sie werden wohl noch im laufenden Jahr die Sparkasse Radevormwald-Hückeswagen übernehmen, die als extrem unwirtschaftlich gilt. Ein Fachblatt bezeichnete sie kürzlich als „schlechteste Sparkasse Deutschlands“. Haben Sie dabei Bauchschmerzen?
Nein, da habe ich keine Bauchschmerzen. Die Sparkasse Radevormwald-Hückeswagen hat eine Bilanzsumme von 600 Millionen Euro, die Kreissparkasse Köln von 29 Milliarden Euro. Des Weiteren hat die Sparkasse Radevormwald-Hückeswagen zwar eine unterdurchschnittliche Ertragslage jedoch ein überdurchschnittliches Eigenkapital. Wir beginnen jetzt in Kürze die Sondierungsgespräche. Sollte es anschließend zu einer Fusion kommen, so wird dies gut sein für die Sparkasse als auch für die Region.
Ihr Gewinn vor Steuern fällt etwas schlechter aus als im Vorjahr. Was sind die Gründe dafür?
Wegen des niedrigen Zinsniveaus ist weiterhin unser Zinsüberschuss leicht rückläufig. Jedoch wird dieser Rückgang zum großen Teil durch die gestiegenen Provisionserträge und den Rückgang der Kosten aufgefangen. Dazu weisen wir ein positives Bewertungsergebnis aus, sodass wir im operativen Geschäft, also dem Betriebsergebnis nach Bewertung, insgesamt 128 Millionen Euro ausweisen und damit 34 Millionen Euro über dem Vorjahr liegen. Für uns war dies eine gute Basis, um weitere Vorsorge für die Zukunft zu betreiben und damit unser künftiges Ergebnis zu stabilisieren. Durch diese Vorsorgebildung in Höhe von 48 Millionen Euro liegt unser Ergebnis vor Steuern tatsächlich 15 Mio. Euro unter dem Vorjahr.
Warum ist das Bewertungsergebnis positiv?
Wir hatten aufgrund der Corona-Pandemie mit höheren Kreditausfällen in 2021 gerechnet. Das hat sich erfreulicherweise nicht so eingestellt. Daher mussten wir die im letzten Jahr gebildete Vorsorge im Kreditgeschäft wieder auflösen. Dies hat insgesamt zu einem positiven Bewertungsergebnis geführt.
In der Pandemie haben viele Kunden vom Bargeld zur Kartenzahlung gewechselt. Wird das Bargeld verschwinden?
Das Bezahlen unserer Kunden mit der Girocard oder der Kreditkarte hat sich auch im vergangenen Jahr weiter positiv entwickelt. So ist der Anteil kontaktloser Kartenzahlungen unserer Kunden von 50 Prozent auf 66 Prozent gestiegen. Jedoch kann ich mir eine Abschaffung des Bargelds in Deutschland nicht vorstellen. Die Deutschen sind meines Erachtens weiterhin besonders bargeldaffin.
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Apropos Bargeld. Wie gehen Sie mit den zunehmenden kriminellen Automatensprengungen um?
Wir hatten im zurückliegenden Jahr elf Angriffe auf unsere Geldautomaten. Sechs davon waren leider erfolgreich. Jedoch fast die Hälfte konnten wir vereiteln. Die Täter setzen vermehrt Festsprengstoffe ein mit einer sehr hohen Sprengkraft. Dies bedeutet ein hohes Gefährdungspotenzial für die Menschen in der unmittelbaren Nähe. Wir arbeiten hier eng mit der Polizei zusammen und verbessern regelmäßig unser Sicherheitskonzept.
Werden Sie auch Filialen schließen?
Eine strukturelle Anpassung unseres Filialnetzes steht in diesem Jahr nicht an. Wenn es zu Schließungen kommen sollte, so werden dies Einzelfälle sein.
Die Sparkasse KölnBonn hat mit der Verbraucherzentrale mächtig Ärger wegen der Erhöhung der Kontogebühren. Wie sieht es bei Ihnen aus?
Wir haben unsere Kontoführungspreise zuletzt im April 2020 verändert. In dem Zuge wurden einige Leistungen höher bepreist und einige Leistungen wurden günstiger. Die Preiserhöhungen haben wir aufgrund des BGH-Urteils, welches die AGB-Regelung der Preisvereinbarung von Kreditinstituten betrifft, zurückgenommen. Unsere Kunden haben wir daraufhin auf unterschiedlichen Kanälen angeschrieben und um Zustimmung zu unseren neuen AGB sowie den Preisen von April 2020 gebeten. Über 70 Prozent unserer Kunden haben bereits zugestimmt. Darüber freue ich mich, denn die Leistungen der Kreissparkasse Köln sind ihren Preis wert!
Nächstes Streitthema sind die Negativzinsen. Bei welchen Kunden erheben Sie aktuell welche?
Bei unseren Bestandskunden erheben wir ab einem Guthaben von über 50.000 Euro auf dem Girokonto ein Verwahrentgelt von 0,5 Prozent. Bei Neukunden ab 25.000 Euro. Mit jedem Kunden treffen wir hierzu eine Vereinbarung. Diese Summen sind übrigens Freibeträge. Das Verwahrentgelt fällt also nur für den übersteigenden Betrag an.