Widersprüchliche DatenIst Köln für Normalverdiener noch bezahlbar?
Köln – Die Kölner Mieten sind überdurchschnittlich hoch – und sie steigen kräftig weiter. Auswertungen kommen jedoch zu teils sehr unterschiedlichen Ergebnissen, wie hoch die Belastung gemessen am Einkommen für Kölner und Menschen in der Region tatsächlich ist.
So urteilt das Immobilienportal Immowelt in einer neuen Auswertung, dass die Kaufkraft in Köln nicht mit den Wohnkosten Schritt halten könne: „Während das verfügbare Einkommen den Durchschnitt der Republik um fünf Prozent übersteigt, liegen die Mietpreise bei Neuvermietung 48 Prozent darüber.“ Somit müssten Kölnerinnen und Kölner von den 26.119 Euro, die ihnen pro Kopf durchschnittlich zur Verfügung stehen, „bei Quadratmeterpreisen von 11,70 Euro einen beträchtlichen Teil für das Wohnen ausgeben“. Ein ähnlicher Trend gilt laut Immowelt für die meisten deutschen Großstädte. Die Mietpreise seien der Kaufkraft enteilt.
Mieten laut Haus und Grund bezahlbarer
Interessant ist das auch, weil der Eigentümerverband Haus und Grund Ende Januar eine Untersuchung mit nahezu gegenteiliger Aussage vorgestellt hatte: Ihr zufolge seien die Mieten in NRW zwischen 2015 und 2020 bezahlbarer geworden. „In allen 53 Kreisen und kreisfreien Städten sind die Bestandsmieten weniger stark gestiegen als der Durchschnittslohn“, sagte Peter Rasche, Vorstandsvorsitzender von Haus und Grund Aachen, in einer Mitteilung.
Der Bruttolohn eines Vollzeitbeschäftigten sei demnach zwischen 2015 und 2020 im NRW-Durchschnitt um 9,2 Prozent auf 3471 Euro gestiegen. Die Bestandskaltmieten hätten im gleichen Zeitraum lediglich um 3,8 Prozent auf 6,48 Euro zugelegt. Haus und Grund beruft sich dabei auf Zahlen der Agentur für Arbeit und des Beratungsunternehmens F+B. In Köln seien die Durchschnittslöhne 4,6 Prozent stärker gestiegen als die Mieten.
Unterschiedliche Entwicklungen beleuchtet
Die beiden Auswertungen beleuchten dabei unterschiedliche Entwicklungen: Immowelt vergleicht die Belastungen in unterschiedlichen Städten miteinander, in dem es Angebotsmieten (also die Preise, die auf der Plattform inseriert werden) und Kaufkraft jeweils mit dem Bundesschnitt vergleicht. Haus und Grund betrachtet dagegen die zeitliche Entwicklung von Mieten und Durchschnittsverdienst.
Der Mieterbund in NRW – traditionelles Gegenstück zum Eigentümerverband – kritisiert dieses Studiendesign: Geschäftsführer André Juffern beklagte, es gebe den klassischen Durchschnittsverdiener in der Realität immer weniger. Viele Haushalte lägen weit unter den Einkommenssteigerungen.
Humboldt Universität beleuchtet Mietbelastungsquote
Ein verbreitetes Instrument, um die Belastung durch Wohnkosten zu ermitteln, ist die sogenannte Mietbelastungsquote. Das Statistische Bundesamt definiert sie als Anteil am Haushaltseinkommen, der für die Bruttokaltmiete aufgebracht werden muss. Expertinnen und Experten empfehlen, dass sie 30 Prozent nicht übersteigen sollte. Die Humboldt-Universität Berlin veröffentlichte vergangenes Jahr eine von der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung geförderte Studie, die sich genau mit diesem Wert auseinandersetzte – allerdings auch Nebenkosten inkludierte.
Das könnte Sie auch interessieren:
In Köln lagen dabei 2018 ganze 55 Prozent der Haushalte über der 30-Prozent-Marke. Etwa 31 Prozent gaben sogar mehr als 40 Prozent aus, 15,8 Prozent mehr als 50 Prozent. 2006 war der Anteil allerdings noch höher gewesen. Damals wendeten 60,55 Prozent der Kölner Haushalte mehr als 30 Prozent ihres Nettoeinkommens für die Miete auf.
Unterschiede je nach sozialer Schicht
Die Studienautoren weisen jedoch darauf hin, dass sich je nach sozialer Schicht eine unterschiedliche Entwicklung zeige: Vor allem für sehr viele ärmere Haushalte entspanne sich die Situation kaum. Die Stadtsoziologen der Berliner Uni urteilten, „dass sich die sozialen Ungleichheiten im Bereich des Wohnens verschärft und hohe Mietkostenbelastungen verfestigt haben“.
Die Studie aus dem Jahr 2021 teilt dabei auch Ergebnisse für einige Umlandstädte mit: In Leverkusen überschritten 2018 demnach fast 54 Prozent eine Mietbelastungsquote von 30 Prozent. Anders als in den meisten anderen Regionen hat dieser Anteil seit 2006 sogar um vier Prozentpunkte zugenommen. In Bergisch Gladbach liegen 55,52 Prozent der Haushalte über der 30-Prozent-Schwelle. In Bonn sind es 51,13 Prozent, in Düsseldorf 56,17 Prozent. Die Daten stammen aus dem Mikrozensus.
Bei aller Unterschiedlichkeit der Ergebnisse – und Interessenlagen der Akteure – kristallisieren sich dennoch zwei Trends heraus: Zum einen zeigen die Zahlen von Immowelt und Humboldt-Universität, dass die Mietbelastung für viele Haushalte in der Region extrem hoch ist und das empfohlene Maximum häufig überschreitet. Zum anderen beobachten sowohl Haus und Grund als auch die Humboldt-Universität für Köln in den vergangenen Jahren einen leichten Rückgang der Mietbelastung gemessen am Einkommen.