Corona-KriseDeutsche Post sieht sich auch für zweite Welle gewappnet
Bonn – Post-Chef Frank Appel rechnet damit, dass sich das Wachstum im Onlinehandel auch nach der Corona-Krise fortsetzen wird. „Der Onlinehandel entwickelt sich momentan fulminant“, sagte Appel in seiner Rede auf der diesjährigen Hauptversammlung des Dax-Konzerns, die pandemiebedingt ausschließlich digital stattfand. Es spreche einiges dafür, dass der aktuell zu beobachtende Anstieg „kein Strohfeuer“ sei. Viele Erstkunden könnten gehalten werden. Gemessen am gesamten Einzelhandel sei der Online-Anteil noch immer gering, es gebe viel Wachstumspotenzial.
Die Deutsche Post DHL hatte in den vergangenen Monaten teils Paketaufkommen transportiert wie sonst nur in der Weihnachtszeit. Auch deshalb ist der Bonner Logistikkonzern bislang gut durch die Krise gesteuert – im zweiten Quartal stieg das Operative Ergebnis (Ebit) um 18,6 Prozent auf 912 Millionen Euro. Das Geschäft mit Post und Paketen wuchs dabei um fast 50 Prozent. Auch das Speditionsgeschäft wuchs stark, die relativ junge Sparte E-Commerce schrieb erstmals keine Verluste. Nur in der Sparte der Kontraktlogistik ging das Ebit um 16,6 Prozent zurück, weil pandemiebedingt Kunden wegfielen.
Dividende und Aufsichtsratwechsel
An die Aktionäre ausgeschüttet wird auch in diesem Jahr eine Dividende von 1,15 Euro je Aktie. Den Vorschlag, sie auf 1,25 Euro zu erhöhen, hatte der Konzern in der Pandemie zurückgenommen. Appel begründete das unter anderem mit der Auszahlung eines Bonus von 300 Euro an alle Vollzeitmitarbeiter weltweit, deren Arbeit in der Krise damit gewürdigt werden soll.
Ebenfalls beschlossen wurden zwei Wechsel im Aufsichtsrat: Der ehemalige Post-Finanzvorstand Lawrence A. Rosen und Jörg Kukies, Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, rücken an die Stelle von Roland Oetker (Ehrenpräsident der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz) und Werner Gatzer (Staatssekretär im Bundesfinanzministerium). (elb)
Für das Gesamtjahr rechnet die Post nun mit einem Ergebnis zwischen 3,5 und 3,8 Milliarden Euro. „Wir haben uns sehr erfreulich entwickelt“, sagte Appel. Man habe im Krisenmanagement die richtigen Maßnahmen getroffen. „Wir sind gut vorbereitet – selbst wenn sich eine zweite Welle abzeichnet.“ Er sei überzeugt, dass die Post gestärkt aus der Krise kommen werde.
Verteidigung der Streetscooter-Entscheidung
Als zentrale Zukunftsthemen benannte Appel am Donnerstag unter anderem Digitalisierung und Nachhaltigkeit des Geschäfts. Die Deutsche Post hält an ihrem Ziel fest, alle logistikbezogenen Emissionen bis 2050 auf null zu reduzieren. Erreichen will sie das unter anderem durch eine modernere Flugzeugflotte und den verstärkten Einsatz von Elektrofahrzeugen bei der Zustellung. „Unsere Entscheidung bezüglich Streetscooter hat daran nichts geändert“, sagte Finanzvorständin Melanie Kreis.
Das könnte Sie auch interessieren:
Der Konzern hatte Anfang des Jahres bekanntgegeben, den Bau ihrer Streetscooter-Elektrofahrzeuge noch 2020 komplett einzustellen. Zuvor hatte die Post erfolglos versucht, den Streetscooter zu verkaufen. Viele Aktionäre, die ihre Fragen vorab schriftlich einreichen konnten, kritisierten diesen Schritt. Appel sagte über den Streetscooter, er sei weiterhin ein „hervorragendes Produkt“. Es habe sich aber gezeigt, dass er weiter „erhebliche Finanzmittel gebunden hätte“ – und man ohnehin von vornherein gesagt habe, kein Automobilkonzern werden zu wollen. Künftig will die Post die Angebote anderer Anbieter nutzen.