Der Kölner Coach Sohrab Salimi erklärt in seiner neuen Kolumne „Von nichts kommt nichts“, wie man im Job die richtigen Prioritäten setzt.
Die Job-KolumneWie finde ich einen Beruf, der mich glücklich macht?
![Viele Menschen sind unglücklich in ihrem Beruf.](https://static.ksta.de/__images/2024/12/23/76a92b69-c0f8-42fc-a9d7-87d782619a6c.jpeg?q=75&q=70&w=2000&h=1334&fm=jpeg&s=580c88e08a5129cbd70c71e05d1c8515)
Viele Menschen sind unglücklich in ihrem Beruf.
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Meine Schwester und ich haben nicht nur internationale Biografien, sondern auch spannende berufliche Werdegänge. Nach dem Abitur entschieden wir uns – wie viele Deutsche iranischer Herkunft – für ein Medizinstudium. Doch während meine Schwester einige Jahre in der Onkologie arbeitete, zog es sie später in die Wirtschaft, mit Stationen bei Facebook, Microsoft und einem Startup im Gesundheitswesen.
Auch ich merkte nach dem Studium, dass mich die Neugier in andere Richtungen trieb. Noch vor meinem Staatsexamen wechselte ich in die Strategieberatung zu Bain & Company und absolvierte parallel einen MBA. Heute, als Gründer und Geschäftsführer der Agile Academy, unterstütze ich Unternehmen bei Transformationen, die immer auch Veränderungen bei Menschen bedeuten.
Im Laufe der Jahre haben wir erkannt: Die treibenden Kräfte hinter guten Karriereentscheidungen sind individuell – und verändern sich zudem mit der Zeit.
In den ersten Jahren meiner Karriere wollte ich vor allem ankommen und mich beweisen. Mehr Geld, mehr Prestige, mehr Lernmöglichkeiten – das war mein Fokus. Ohne Kinder war mir die Arbeitszeit egal: 80–100 Stunden pro Woche? Kein Problem. Es war eine spannende Zeit mit tollen Projekten, viel Reisen und gutem Geld. Aber heute, mit 42 Jahren, wären diese Bedingungen nicht mehr das Richtige für mich.
Heute stehen meine drei Kinder und die Unterstützung meiner Frau im Vordergrund. Prestige interessiert mich nicht mehr – ich habe mich bewiesen. Geld und persönliches Wachstum sind weiterhin wichtig, aber ich priorisiere jetzt Familie und Zeit mit meinen Eltern, die nicht jünger werden.
Der Schlüssel zum beruflichen Glück liegt darin, die eigenen Prioritäten zu kennen: Was ist wirklich wichtig? Worauf kann ich verzichten? Es gibt keinen perfekten Job, aber klare Prioritäten helfen uns, bessere Entscheidungen für die Gegenwart zu treffen und die Zukunft zu gestalten.
Es ist nicht der Beruf allein, der uns glücklich macht. Statt einer Work-Life-Balance brauchen wir eine grundsätzliche Life-Balance. Arbeit ist ein Teil unseres Lebens, genauso wie unsere Familie, Freunde, Hobbys und Engagements. Zu wissen, was uns wichtig ist, und dafür Zeit und Energie einzuplanen, ist der Weg zu einem erfüllten Leben.
Unser Beruf ist ein Teil von uns und bringt weit mehr als nur Geld. Er schafft soziale Kontakte, zeigt unseren Beitrag zur Gesellschaft, ermöglicht persönliches Wachstum – und stellt uns vor Herausforderungen. Doch sind es nicht genau diese Herausforderungen, die uns am Ende auch ein Stück weit stolz machen?
Priorisieren Sie nach dem Motto: Man kann nicht alles haben
Meine Empfehlung: Schreiben Sie auf, was Ihnen wichtig ist – und mit welchen Kompromissen Sie leben können. Priorisieren Sie nach dem Motto: Man kann nicht alles haben. Überprüfen Sie dann, ob Ihr aktuelles Leben diese Prioritäten widerspiegelt. Falls ja, wunderbar – aber bedenken Sie, dass sich in 3–5 Jahren vieles ändern kann. Antizipieren Sie diese Veränderungen und setzen Sie frühzeitig die Weichen.
Falls nein, wird es Zeit, etwas zu ändern. Das bedeutet nicht immer, sofort zu kündigen. Oft lassen sich Veränderungen auch beim aktuellen Arbeitgeber anstoßen. Wenn das nicht möglich ist, können Sie mit Klarheit eine neue berufliche Richtung einschlagen.
Glück finden wir nicht allein im Beruf – es steckt im Gesamtpaket unseres Lebens. Dieses gilt es, stetig zu verbessern: mal durch kleine Schritte, mal durch größere Veränderungen.
Zu meinem 40. Geburtstag sagte mein Vater schmunzelnd: ‚Wenn du morgens aufstehst und keine Schmerzen hast, dann bist du tot.‘ Genauso ist es mit dem Leben: Ohne Veränderung stagniert es, ohne Herausforderungen wird es langweilig. In diesem Sinne: Gestalten Sie Ihr Leben aktiv – und suchen Sie das Glück nicht nur im Beruf, sondern im Gesamtpaket.
Zur Person und zur Kolumne
![Sohrab Salimi hat über 20 Jahre Berufserfahrung als Trainer für kleine bis sehr große Unternehmen.](https://static.ksta.de/__images/2024/03/14/fb934d38-f491-4f54-a922-d16ea8087524.jpeg?q=75&q=70&w=2000&h=1334&fm=jpeg&s=5d4bdec5184b39dcd672e4ae84a1050e)
Sohrab Salimi hat über 20 Jahre Berufserfahrung als Trainer für kleine bis sehr große Unternehmen.
Copyright: Selda Schretzmann
Sohrab Salimi ist Gründer und CEO der Agile Academy. Er hat über 20 Jahre Berufserfahrung als Trainer für kleine bis sehr große Unternehmen. Sohrab Salimi lebt mit seiner Frau und drei Kindern in Köln. Im „Kölner Stadt-Anzeiger“ schreibt er in seiner Kolumne „Von nichts kommt nichts“ einmal im Monat über Fragen und Themen rund um die Arbeitswelt.