Digitalisierung der Baubranche„Köln kann eine bundesweit führende Rolle einnehmen“
- Kai Panitzki, 49, ist Gründer und Geschäftsführer von BitStone Capital.
- Die 2017 entstandene Kölner Venture Capital Gesellschaft hat sich auf Investitionen in innovative Start-up-Unternehmen aus dem Immobiliensektor spezialisiert.
- Die digitale Transformation in der Baubranche ist unumgänglich, erklärt er im Interview.
Köln – Herr Panitzki, Sie sind Chef eines in Köln ansässigen Kapitalgebers, der hauptsächlich in die Digitalisierung der Bau- und Immobilienbranche investiert. Zuletzt haben Sie mit anderen Investoren sechs Millionen Euro in ein Hamburger Start-up gesteckt, was sich dem Thema Robotics widmet. Was ist so besonders an diesem Unternehmen?
Kai Panitzki: Die Baubranche steht generell vor einer umfassenden Umwälzung. Die neuen Technologien werden die Art, wie auf einer Baustelle gearbeitet wird, die ganzen Prozessketten komplett neu sortieren. Die Hamburger Firma Aeditive ermöglicht es, mit Hilfe von Industrierobotern den Herstellungsprozess von Betonfertigteilen vollständig zu automatisieren.
Geplant werden die Bauteile mit Hilfe einer cloudbasierten Software. Das eröffnet Möglichkeiten, von denen wir uns sehr viel versprechen. Und es gibt immer mehr junge Unternehmen, die sich diesen Themen widmen. Die Dynamik im Markt ist groß, die Branche steht vor einer spannenden Zukunft.
„Die Branche springt vom Mobiltelefon zum Smartphone“
Wie sieht diese Zukunft aus?Wie in der Automobilbranche werden auch beim Bau und beim fertigen Gebäude Künstliche Intelligenz und Robotik eine immer größere Rolle spielen. Intelligentes Baustellenmanagement, vor allem aber der 3D-Druck von auch komplexen Bauteilen werden die Bauprozesse deutlich effizienter und somit auch kostensparender machen.
Hinzu kommen die Bereiche Smart Building und Smart Living. Das heißt nicht nur, dass man die Wohnungstür mit dem Handy öffnet oder das Licht angeht, wenn man das Haus betritt. Es geht auch um das Thema Energieeffizienz. Intelligente Heizungs- und Wartungssysteme, die helfen, den CO2 -Ausstoß zu reduzieren. Um es zu verdeutlichen: Der Sprung, den die Branche derzeit macht, ist vergleichbar mit dem vom simplen Mobiltelefon zum Smartphone.
Die Zeit für Transformation ist gekommen
Im Blog Ihres Unternehmens schreiben Sie: „Widerstand zwecklos – warum die Baubranche vor ihrer größten Transformation steht“. Das klingt nicht gerade danach, als würde die Branche mit Freude vorangehen wollen.Die Real-Estate-Branche ist in Sachen Technologisierung und Digitalisierung nicht so weit wie andere Branchen wie etwa die Automobilindustrie, die gerade im Bereich der Nachhaltigkeit einen ganz anderen Druck hat und entsprechend viel Geld in Forschung steckt. Der Baubranche geht es an sich gut, es gibt daher wenig Gründe, aus sich heraus einen Innovationsdruck zu entwickeln, obwohl auch hier Nachhaltigkeit und Klimaschutz immer mehr zu Treibern werden. Aber vielleicht muss man das mit dem Widerstand dennoch etwas relativieren.
Entscheidend dafür, ob und wann sich eine Innovation durchsetzt, ist das Timing. Nehmen wir zum Beispiel Netflix: Die gab es auch schon zu Beginn des Jahrtausends. Damals haben sie noch DVDs per Post versendet, während einige Konkurrenten schon voll auf Streaming gesetzt hatten. Die meisten sind längst nicht mehr am Markt, einfach weil die Zeit für diese Technologie noch nicht gekommen war. In der Real-Estate-Branche beginnt die Transformation jetzt, weil die Zeit gekommen ist. Die Dynamik ist spürbar.
Der Start-up-Markt im Baubereich ist sehr aktiv. Wo sehen Sie Deutschland im internationalen Vergleich?Was die technologischen Möglichkeiten von Start-ups angeht, sind wir sehr weit und müssen uns im Vergleich zu Asien und den USA absolut nicht verstecken. Ich würde sogar von Augenhöhe sprechen. Wir haben in Deutschland junge Firmen, deren Innovationen auch international gefragt sind. Allerdings liegen wir zurück, was gesetzliche Vorgaben betrifft.
In Singapur gibt es beispielsweise die Auflage, dass 65 Prozent der oberirdischen Bauten aus Fertigbauteilen bestehen müssen. In New York müssen Vermieter Strafe zahlen, wenn ihr Gebäude eine festgelegte CO2 -Grenze übersteigt. Auch Strafen erzeugen übrigens Handlungsdruck. Allerdings glaube ich, dass staatliche Förderungen der bessere Anreiz sind.
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„Köln ist gut aufgestellt“
Was vielleicht nur die Wenigsten wissen: Auch in Köln haben sich einige junge Firmen gegründet, die international in diesen so genannten PropTech- und Contruction-Tech-Branchen mitmischen.Tatsächlich ist Köln auch bundesweit gesehen relativ weit vorn. Das liegt natürlich vor allem an den ansässigen Unternehmen und den handelnden Personen. Es sind Professoren, Dozenten, Wissenschaftler, die sich selbstständig gemacht haben. Wenn ich mir das Smart Building „The Ship“ in Ehrenfeld anschaue, aber auch das Smart Lab von Art-Invest, das eigentlich schon alles berücksichtigt, was an smarter Technologie in Gebäuden möglich ist, oder auch aedif.ion, die eine digitale Plattform für einen effizienten Gebäudebetrieb entwickelt haben – das ist schon Wahnsinn.
Allesamt kluge Gründer, die aber auch entsprechende Partner brauchen. Denn anders als vielleicht beim E-Commerce, wo man das Produkt eigenständig auf den Markt bringen kann, brauchen diese Start-ups Zugang zu Baustellen und Gebäuden. Also Akteure, die bereit sind, Neues auszuprobieren. Was das angeht, ist Köln gut aufgestellt.
Wissen denn auch Kölner Politik und Stadtverwaltung um dieses Potential?Köln kann in diesem Bereich bundesweit eine führende Rolle einnehmen. Ich glaube, das haben auch Stadt und Politik erkannt.