„Helfe selber in der Küche“Gastronomen leiden unter Personalnot – Hohe Umsatzverluste
Köln – Es sind zwei harte Corona-Jahre, die hinter dem Gastgewerbe liegen. „Die Situation ist extrem belastend für alle“, sagt Patrick Rothkopf. Er ist Inhaber des Hotel-Restaurants Rothkopf in Euskirchen und Vorsitzender des Hotel- und Gaststättenverbands Nordrhein. „Nicht zu wissen, wie es weitergeht, wie die Perspektive aussieht.“
Zahlen, die die Auswirkungen der Pandemie auf die Branche verdeutlichen, gibt es viele. Nach Auswertungen des Statistischen Bundesamts hat die Branche 2020 und 2021 im Vergleich zur Vorkrisenzeit rund 40 Prozent ihrer Umsätze verloren. Im Januar 2022 setzte das Gastgewerbe demnach sogar 47 Prozent weniger um als im gleichen Zeitraum 2019. In einer aktuellen Verbandsumfrage gibt mehr als jeder zweite Befragte an, sich derzeit in der eigenen Existenz bedroht zu sehen. Vor allem die Clubs, Bars, Stadthotellerie, Caterer und Eventveranstalter hat es hart erwischt.
„Ernste wirtschaftliche Bedrohung“
Rothkopf berichtet, dass auch für ihn die Luft stellenweise dünn geworden sei, vor allem 2020. „Das war eine ernste wirtschaftliche Bedrohung, die Liquidität wurde knapp.“ Den Turnaround hätten später die Überbrückungshilfen gebracht. Dennoch beobachtet er aktuell in seinem Betrieb ein Problem, das die gesamte Branche stark belastet – und weiterhin stark belasten wird: Es mangelt an Personal. „Das ist fast schon die größte Herausforderung derzeit“, sagt er. Zahlen der Agentur für Arbeit zufolge, die der Dehoga zitiert, ist die Zahl der Beschäftigten im Gastgewerbe seit 2019 um ganze 71.000 Personen auf 344.000 gesunken.
„Niemand konnte sagen, wie es weitergeht, Clubs und Bars waren zum Beispiel fast durchgängig geschlossen. Wir konnten den Mitarbeitern keine Perspektive geben. Viele von ihnen waren sehr lange in Kurzarbeit und sind uns dann von der Fahne gegangen.“
Öffnungsplan entspricht Erwartungen
Rothkopf hat das am eigenen Leib erfahren. Einer seiner ehemaligen Mitarbeiter aus dem Service erledigt heute beispielsweise Büroarbeit für einen Installateur. Weil so viel Personal ging, musste er die Küche vollständig umstellen, kann derzeit nur einen sehr eingeschränkten Restaurantbetrieb aufrechterhalten. Die Karte ist reduziert, nur Hotelgäste können hier essen. „Ich helfe selber in der Küche aus. Wir sind eine Halbtagskraft, der Service und ich“, sagt er. Veranstaltungen kann er nur mit Buffets oder Einheitsessen umsetzen.
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Und wie geht es nun weiter im Gastgewerbe? Der angepeilte Öffnungskurs von Bund und Ländern entspreche „den Erwartungen“, sagt Rothkopf. Gemäß der Beschlussvorlage im Vorfeld der heutigen Bund-Länder-Konferenz soll in der Gastronomie ab dem 4. März nur noch die 3G-Regel gelten, Diskotheken sollen dann unter 2G-Plus-Bedingungen für Genesene und Geimpfte öffnen können. Ab dem 20. März sollen dann alle tiefgreifenderen Schutzmaßnahmen fallen. Rothkopf verweist darauf, dass es sehr wichtig sei, dabei die Corona-Hilfen weiterzuführen – „über das Ende der Pandemie hinaus“.
Ende der Kapazitätsobergrenzen gefordert
Denn die vergangenen zwei Monate hätten gezeigt, dass die Vorbehalte in der Bevölkerung trotz geöffneter Gastronomie weiter groß seien – und die Umsätze noch immer weit unter dem Normal lägen. Außerdem sei es wichtig, auch nicht-monetäre Hilfen zur Verfügung zu stellen: zum Beispiel Digitalisierungsförderungen oder Fortbildungen zu Themen wie Nachhaltigkeit. Denn in den vergangenen zwei Jahren hätten die Betriebe nicht in Zukunftsthemen investieren können. Der Dehoga fordert außerdem die Entfristung der Mehrwertsteuersenkung auf sieben Prozent.
Auch andere Branchenverbände artikulierten im Vorfeld der Bund-Länder-Konferenz ihre Forderungen: Jens Michow, Präsident des Bundesverbands der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft, forderte die Abschaffung von Kapazitätsobergrenzen und Testpflichten. Zuvor hatte Lanxess-Arena-Geschäftsführer Stefan Löcher im Gespräch mit dem Kölner Stadt-Anzeiger bereits geklagt, die derzeitige Begrenzung von 750 Besuchern sei für die Halle „wie eine Betriebsschließung“. Die Grenze könne er bei bis zu 20.000 Plätzen „noch nicht einmal ansatzweise nachvollziehen“. Die Messewirtschaft sprach sich ebenfalls gegen rigide Personenobergrenzen aus.