Limos und Co. für Kinder seien oft zu stark gesüßt, kritisieren Verbraucherschützer – und machen Druck für eine umstrittene Maßnahme.
Große Kritik von VerbraucherschützernZu viel Zucker in Kindergetränken – kann die Limo-Steuer helfen?
Die Verbraucherorganisation Foodwatch dringt angesichts weiterhin hoher Zuckergehalte in Erfrischungsgetränken für Kinder auf eine Limo-Steuer. „Der Satz muss so hoch sein, dass Unternehmen einen Anreiz bekommen, die Rezepturen ihrer Produkte zu verändern und den Zuckergehalt zu senken“, sagte ein Sprecher. Laut einer Foodwatch-Analyse, die am Mittwoch vorgestellt werden soll, enthielten 136 untersuchte Getränke wie Limonaden, Energydrinks und Fruchtsäfte im Schnitt 7,8 Prozent Zucker. Das seien mehr als sechs Zuckerwürfel pro 250-Milliliter-Glas.
„Ausgerechnet Getränke für Kinder und Jugendliche sind maßlos überzuckert“, sagte Foodwatch-Expertin Luise Molling. Für die Auswertung wurden den Angaben zufolge in fünf großen Supermärkten alle Getränke eingekauft, deren Verpackung Kinder ansprechen soll, etwa durch Aufdrucke mit Tieren und Comicfiguren. Auch kindertypische Darreichungsformen wie Trinkpäckchen wurden einbezogen.
Forderung nach stärkerer Zucker-Reduktion
Foodwatch forderte die Bundesregierung erneut auf, zum Gegensteuern eine Steuer auf gezuckerte Getränke nach britischem Vorbild einzuführen. In der Untersuchung hätten 117 der 136 Getränke die Schwelle von 5 Gramm Zucker je 100 Milliliter überschritten, ab der in Großbritannien die Limo-Steuer fällig wird. Nötig seien zum Gesundheitsschutz von Kindern auch „effektive Werbeschranken“ für ungesunde Produkte und eine gesetzliche Altersgrenze für den Verkauf von Energy-Drinks.
Auf weniger Zucker, Fett und Salz in Fertigprodukten und Getränken zielt auch eine 2018 noch von der Vorgängerregierung gestartet Strategie. Danach verpflichteten sich mehrere Branchen auf freiwilliger Basis zu Reduktionszielen bis 2025. Nach einer Überprüfung der Fortschritte hatte das bundeseigene Max Rubner-Institut im Frühjahr festgestellt, dass bisherige Änderungen der Rezepturen nicht ausreichten, um eine ausgewogene Ernährung im erforderlichen Umfang zu unterstützen.
Britische Steuer als Modell?
In Großbritannien wird seit rund sechseinhalb Jahren eine „Zuckersteuer“ erhoben. Seit April 2018 in Kraft, hat die „Soft Drinks Industry Levy“, wie sie offiziell heißt, nach neuen Forschungsergebnissen Wirkungen gezeigt. Der Zuckerkonsum durch Softdrinks ging nach der Ankündigung der Steuer deutlich zurück – bei Kindern um etwa die Hälfte, bei Erwachsenen um ein Drittel. Hersteller müssen 24 Pence (28 Cent) pro Liter zahlen, wenn der Softdrink 8 Gramm Zucker oder mehr pro 100 Milliliter enthält. Sind es zwischen 5 und 8 Gramm, werden 18 Pence fällig.
In Deutschland wird seit längerem über eine Limo-Steuer diskutiert. Während Bundesernährungsminister Cem Özdemir (Grüne) sich offen dafür zeigte, lehnt das FDP-geführte Finanzressort sie ab. Lebensmittel-Branchenverbände haben sich ebenfalls dagegen positioniert und verweisen auf breiter angelegte Ursachen von Übergewicht und anderen ernährungsbedingten Erkrankungen. (dpa)