Free Now startet Mietwagen-Dienst in Köln„Ohne Reformen wird es weiter Ärger geben“
- Alexander Mönch verteidigt das neue Mietwagen-Angebot gegen den Vorwurf, es bedeute die Abkehr von der Taxibranche.
- Im Wettbewerb mit Uber und anderen Unternehmen will er nicht tatenlos bleiben: „Wir wollen an diesem stark wachsenden Segment teilhaben und werden uns von der Konkurrenz unser Stück am Kuchen nicht einfach wegnehmen lassen.“
- Mönch spricht auch über seine Vision für die Mobilität der Zukunft.
Köln – Der Fahrtenvermittler Free Now – ehemals Mytaxi – startet in dieser Woche mit dem neuen Mietwagen-Service „Ride“ in Köln. Mit mehr als 100 Fahrzeugen will das Unternehmen den Preiskampf mit dem bisherigen Platzhirsch Uber aufnehmen. Der Taxibranche hingegen gefällt das neue Geschäftsmodell überhaupt nicht, in München und anderen Städten hat sie sich bereits von Free Now abgewendet. Der Deutschland-Chef des Unternehmens, Alexander Mönch, spricht im Interview mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ über Gesetzesreformen zur Gleichstellung von Taxis und Mietwagen, Unterschiede zu Uber, das Verhältnis zur Taxibranche und über die Mobilität der Zukunft.
Herr Mönch, Sie sitzen gerade in Berlin am Flughafen. Mit welchem Verkehrsmittel sind Sie dort hingekommen?
Mit einem Taxi.
Sie hätten aber auch preiswerter fahren können. Zum Beispiel mit einem Mietwagen von Uber oder dem neuen Mietwagenservice „Ride“ Ihres Unternehmens Free Now.
Ich nutze mal Taxi, mal Ride. Ich möchte mit allen Fahrern in Kontakt bleiben und wissen, welche Themen sie umtreiben. Wir leben in einer multimodalen Mobilitätswelt, die viele Möglichkeiten bietet.
Alexander Mönch, 1971 in Nürnberg geboren, ist seit 2016 General Manager von Free Now in Deutschland und Österreich. Mönch hat in Köln Volkswirtschaftslehre und Politikwissenschaften studiert und unter anderem als Autor und Filmproduktionsleiter gearbeitet. Er verantwortete das Innovationsmanagement eines Handelskonzerns und gründete ein Start-up. 2011 wechselte er zu Mytaxi.
Free Now ist ein Vermittler von Fahrten per Taxi und Mietwagen und in 100 europäischen Städten aktiv. Bis Sommer dieses Jahres hieß das Unternehmen noch Mytaxi. Nach eigenen Angaben hat Free Now 14 Millionen Passagiere und mehr als 100 000 Fahrer. Free Now gehört zu einer Gruppe von seit Februar 2019 bestehenden Joint Ventures von BMW und Daimler. (hge)
Eine davon ist Ihr neues Angebot Ride. Sie starten damit in dieser Woche in Köln.
Wir bieten nun Fahrten mit lizenzierten Mietwagen samt Fahrern mit Personenbeförderungsschein an. In Köln starten wir diesen Mittwoch mit mehr als 100 Fahrzeugen.
Mit diesem Modell, das Uber hierzulande bereits etabliert hat, greifen Sie die Taxibranche an. In der Vergangenheit haben Sie sich mit Mytaxi als deren Partner präsentiert. Warum wenden Sie sich nun ab?
Wir wenden uns nicht vom Taxigewerbe ab, sondern bleiben Partner der Taxibranche und vermitteln dieses bewährte Verkehrsmittel weiterhin. Besonders im vergangenen Jahr haben wir aber gesehen, dass Mietwagen mit ihren niedrigen Preisen junge, preisbewusste Kunden aus dem Taxigewerbe abwerben. Hier gibt es gleich mehrere große Anbieter. Wir wollen an diesem stark wachsenden Segment teilhaben und werden uns von der Konkurrenz unser Stück am Kuchen nicht einfach wegnehmen lassen. In vier Städten haben wir Ride schon gelauncht: Hamburg, Berlin, Frankfurt und München. Da sehen wir nach vier bis sechs Wochen auch, dass keine Kannibalisierung zwischen Mietwagen und Taxis stattfindet. Stattdessen gelingt es uns, ein neues Publikum an unsere Plattform zu binden, das bislang weder Taxis noch Mietwagen genutzt hat.
Wie unterscheidet sich Free Now noch von Uber?
Das Geschäftsmodell ist das gleiche, aber die Herangehensweise ist unterschiedlich. Wir haben früh den Kontakt gesucht zu Behörden, Industrie- und Handelskammern und auch Wettbewerbern. Wir haben genau erklärt, was wir vorhaben, das unterscheidet uns von internationalen Wettbewerbern.
Suchen Sie den Preiskampf mit dem US-Fahrdienst?
Wir werden ein wettbewerbsfähiges Angebot unterbreiten – bei hoher Servicequalität.
Vor einem halben Jahr gingen Taxifahrer mit Aufklebern Ihres Unternehmens gegen Uber auf die Straße. Mit Ihrem neuen Modell bringen Sie diese Menschen nun gegen Free Now auf, in München sollen 50 Unternehmen die Partnerschaft gekündigt haben. Gibt es auch in Köln Kündigungen?
Nein.
Aber der Widerstand gegen Ihr Unternehmen regt sich.
In der Branche gibt es eine Besorgnis, die wir zu 100 Prozent nachvollziehen. Aber die Mobilitätswelt verändert sich, preissensible Fahrgäste wechseln zum Mietwagen und wir reagieren darauf.
Taxis und Mietwagen im Vergleich
Die jeweiligen Rechte und Pflichten von Taxis und Mietwagen sind im Personenbeförderungsgesetz festgeschrieben. Es bestehen mitunter deutliche Unterschiede:
Taxis können sowohl per Telefon oder App geordert werden als auch Fahrgäste vom Straßenrand aufnehmen und an Taxiständen warten. Mietwagen dürfen nur Gäste aufnehmen, wenn diese einen Wagen bestellt haben. Sie dürfen sich nicht vor Bahnhöfen oder Flughäfen bereithalten. Im Personenbeförderungsgesetz ist sogar eine Rückkehrpflicht für sie festgeschrieben: Der zufolge müssen Mietwagen nach jeder Fahrt zum Betriebssitz zurückkehren.
Der Mehrwertsteuersatz für Mietwagen liegt bei 19 Prozent, jener für Taxis bei sieben. Taxis sind zudem an Tarifvereinbarungen von Ländern oder Kommunen gebunden, der Grundpreis ist jederzeit gleich, egal wann die Fahrt stattfindet. Bei Mietwagen bestimmen Angebot und Nachfrage den Preis: Im Normalfall wird eine Mietwagenfahrt deutlich günstiger sein. An Tagen mit starker Nachfrage – etwa Silvester – dürfte eine Taxi-Fahrt preiswerter sein. (hge)
Der Wettbewerb ist schwierig, das Personenbeförderungsgesetz unterscheidet zwischen Taxis und Mietwagen bei Rechten und Pflichten.
Durch die geplante Novelle des Gesetzes muss es gelingen, gleiche Regeln zu schaffen. Wir haben eine klare Position: Die Dualität von Taxi und Mietwagen braucht es nicht mehr, wir plädieren für eine Verschmelzung im Gesetz. Dazu gehört eine Flexibilisierung der Preise. Dabei soll es weiterhin eine Tarifpflicht geben, allerdings mit einem Preiskorridor, der eine Unter- und eine Obergrenze hat und dabei den Mindestlohn für alle Fahrer sichert. Der Wettbewerb könnte innerhalb dieses Korridors stattfinden. Es gibt Potenzial für weitere Reformen: Taxifahrer brauchen heute eine Ortskundeprüfung, Mietwagenfahrer nicht – auch hier brauchen wir eine gemeinsame Regelung. Wenn uns das gelingt, ist auch die Rückkehrpflicht für Mietwagen obsolet, die auf der Straße für viel Ärger zwischen Taxi- und Mietwagenfahrern gesorgt hat. Solange es zwei Verkehrsarten gibt, die unter unterschiedlichen Bedingungen miteinander konkurrieren, wird es weiter Ärger geben.
Vom Taxi haben Sie sich bereits Anfang des Jahres verabschiedet, als der Unternehmensname von Mytaxi zu Free Now geändert wurde. Was steckte dahinter?
Es war keine Abkehr vom Taxi, sondern eine Zuwendung zu weiteren Verkehrsmitteln. Wir integrieren nun Mietwagen, zukünftig werden es auch Scooter sein und perspektivisch noch weitere Mobilitätsangebote. Wir haben ein Multiservice-Angebot, da wäre das Taxi im Dachnamen entsprechend irreführend.
Sind wir Deutschen zu ängstlich, wenn es um Neues geht?
Das hat nichts mit Deutschland zu tun. Wenn etwas Neues da ist, ist man nun mal skeptisch. Und jeder hat unterschiedliche Ansichten, wie die Zukunft der Mobilität aussieht. Uns geht es um Alternativen zum motorisierten Individualverkehr. Um eine Vielfalt, die den Bürger dazu bewegt, den eigenen Wagen stehen zu lassen und nicht mehr täglich in Innenstädte zu pendeln. Wir entwickeln ein Angebot, das ein Maximum an Transparenz bieten soll, das Nutzern immer das passende Verkehrsmittel bietet und verschiedene Möglichkeiten miteinander verbindet. Wir sind in sehr engem Kontakt mit den Städten, denen zu viel Verkehr, schlechte Luft und Bevölkerungswachstum Probleme bereiten.
Verkehrswissenschaftler bezweifeln aber, dass Mietwagen-Angebote wie Ride zu weniger Innenstadtverkehr führen, im Gegenteil: Neue, günstige Verkehrsmittel führten sogar zu mehr Fahrten, sagen sie.
Dabei stützen sie sich aber auf Studien aus Amerika, wo es keine Preisuntergrenzen gibt. Hierzulande können die neuen Angebote dazu führen, dass Menschen ihr eigenes Auto stehen lassen, aber das passiert nicht von heute auf morgen. Wir haben die neuen Möglichkeiten auf der Straße, jetzt müssen sie etabliert werden. Junge Leute machen das schnell, ältere Menschen nehmen wir auch mit auf die Reise und versuchen, sie zu überzeugen. Wir werden den Punkt erreichen, an dem der motorisierte Individualverkehr zurückgeht.
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