Insgesamt will Ford noch deutlich mehr Stellen abbauen – erst zwei Drittel des Ziels wurden. erreicht
Betriebsratschef Martin Hennig hat deutlichen Ärger über das Management geäußert.
Mit VW entwickelt Ford ein Elektro-Auto, ob die Entscheidung Köln betrifft, ist unklar.
Köln – Der Kölner Autobauer Ford kommt bei seinen Plänen, deutschlandweit rund 5400 Stellen abzubauen, offenbar voran. Insgesamt 3700 Mitarbeiter hätten bereits ein Abfindungsangebot angenommen, sagte Ford-Chef Gunnar Herrmann auf einer turnusgemäßen Betriebsversammlung in Köln. Rund 1700 Positionen müssten noch abgebaut werden. Damit habe man zwei Drittel des Stellenabbaus in den vergangenen zehn Monaten erreicht.
Dem Vernehmen nach kommt es derzeit aber auch zu Terminengpässen bei der Rentenversicherung für Ford-Mitarbeiter, die sich für die Programme interessieren – auch, weil derzeit einige Unternehmen wie etwa Galeria Karstadt-Kaufhof in der Region Stellen abbauen.
In Frühjahr hatte Ford angekündigt, 5400 Stellen in Deutschland sozialverträglich zu streichen. Hintergrund sind hohe Verluste, die Ford in ganz Europa schreibt – wobei es in Deutschland allein betrachtet immer noch vergleichsweise gut lief. Bis zu 3800 der abzubauenden Jobs entfallen dabei auf Köln, wo der Fiesta vom Band läuft und die Press- und Motorenwerke sowie die Entwicklung ihren Sitz haben. Etwa zwei Drittel der Stellen, die wegfallen, sollen aus dem Bereich Produktion kommen. Der Rest verteilt sich auf die Verwaltung des Autobauers und den Bereich Produktentwicklung.
Auf das zweite Werk in Saarlouis entfallen rund 1600 Stellen, darunter viele Zeitarbeiter. Hier wurde die dritte Schicht gestrichen und mit Beginn der Werksferien im Sommer die Produktion des Vans C-Max eingestellt. Durch Abfindungen und Beendigung der Zeitarbeitsverträge sei das Abbau-Ziel an der Saar erreicht, heißt es.
Bis Ende des Jahres laufen die Abfindungsangebote. Das Unternehmen hatte auf betriebsbedingte Kündigungen verzichtet, bis 2022 gilt eine Standort-Sicherungsvereinbarung zwischen der Ford-Unternehmensleitung und der Belegschaft.
Ford steckt in Europa in dem wohl tiefgreifendsten Restrukturierungsprozess der Unternehmensgeschichte. Die US-Mutter hatte angekündigt, insgesamt 12 000 der mehr als 50 000 Stellen zu streichen sowie sechs Werke in Frankreich, Großbritannien und Russland zu schließen. Hintergrund sind hohe Verluste auf dem Kontinent. Im vergangenen Jahr beliefen sie sich auf 400 Millionen Dollar, wobei Deutschland isoliert betrachtet weiterhin gute Zahlen liefert. Einen nicht unerheblichen Anteil am Minus haben die Brexit-Pläne und die damit verbundene Pfund-Schwäche.
Strukturelles Problem
Ein weiteres strukturelles Problem besteht darin, dass sich europäische Pkw wie etwa die deutschen Erfolgsmodelle Focus oder Fiesta außerhalb Europas nur bedingt verkaufen. Insgesamt 500 Millionen Euro muss das Unternehmen auf Anordnung der US-Konzernmutter einsparen. Je mehr bei Sachkosten wie etwa im Einkauf gespart werden kann, desto positiver könnte sich das auf den Personalabbau auswirken, hoffen die Arbeitnehmervertreter.
Betriebsratschef Martin Hennig kritisierte auf der Betriebsversammlung, dass es bislang keine Angaben der Geschäftsführung gebe, wo außer beim Personal noch eingespart werden könnte. Er forderte ein, dass hier endlich Fakten genannt werden müssten und das Know-how der Mitarbeiter besser in die Pläne einbezogen werden müsse. Darüber hinaus gehe „der Belegschaft die Hinhaltetaktik auf den Zeiger, dass bislang keine Perspektive aufgezeigt wird, wohin sich Ford in Europa entwickeln wird und welche Produkte hier gebaut werden sollen.“
Ford plant neben der Hybridisierung seiner Modellpalette auch den Bau eines Autos mit reinem Elektroantrieb in Europa. Im Juli hatten Ford und der Wolfsburger Autobauer Volkswagen hierzu eine umfassende Kooperation beschlossen. Für seine Europa-Tochter bezieht Ford den Elektrobaukasten MEB von VW, um auf dieser E-Plattform selbst eigene E-Fahrzeuge zu entwickeln. Auf der IAA in Frankfurt zeichnete sich ab, dass die Kooperation auf ein zweites E-Modell erweitert werden soll.
Wo die Fahrzeuge aber in Europa gebaut werden sollen und welche Position Deutschland dabei einnimmt, dazu machte Ford bislang keine Angaben.